Inmitten einer Nachbarschaft in Bonn wartete ein kleines, liebevoll gestaltetes Festivalgelände mit dem Namen Green Juice auf uns, welches großes Programm versprach. Rund 7.500 Menschen hatten hier Platz zum Feiern, doch ausverkauft war es aufgrund des angesagten schlechten Wetters nicht. Doch dazu später mehr.
Im Vorfeld hatten die Veranstaltenden an alle daheimgebliebenen Wacken-Fahrer:innen aufgerufen: Wer eigentlich zum Wacken wollte, bekam die 50% Rabatt auf die Tickets des Green Juices. Die Aktion war wohl erfolgreich, da es einige Menschen mit Wacken Merch auf das Gelände geschafft hatten. Ganz so schlimm, wie das Wetter in Wacken war es in Bonn zum Glück nicht, allerdings war auch hier der Boden schon super matschig, als wir ankamen, dadurch verspätete sich auch etwas der Einlass: Es wurde noch Sand verlegt.

Donnerstag
Den Donnerstag eröffneten dann Twentyseven. aus Köln. Mit ihren ironischen, schlageresken Pop-Songs sorgten sie schon ordentlichen für Stimmung bei den Frühangereisten.
Darauf folgte Dilla mit Band und einem Mix aus neuen Songs vom bald erscheinenden Album “Also Bin Ich” und alten Hits, wie “Photosynthese”, welchen es sogar direkt zwei mal gab: Einmal in einer langsamen, rockigeren Version und einmal in der normalen Version mit elektronischen Beats. Auch Coversongs wie “What’s up” und “Bohemian Rhapsody” wurden angespielt.
Nach einem kleinen Regenschauer spielten dann Von Wegen Lisbeth, das Publikum war von der ersten Sekunde voll dabei und kannte alle Texte. Das “epische Gewitter„, auf das die Band wartete, blieb zum Glück aus, nur einen kräftigen Wolkenbruch gab es, doch passend zum letzten Song “Elon” beruhigte es sich wieder.
Kurz vor dem ersten Headliner des Festivals kamen die beiden Brüder und Gründer des Festivals: Julian und Simon Reininger auf die Bühne und bedankten sich für 15 Jahre Green Juice und die vielen Feiernden trotz des Wetters.
Im Anschluss betraten die Donots die Bühne zum Intro von “Heute ist ein guter Tag“, schon zum dritten Mal die Bühne des Green Juice Festivals. Obwohl das Wetter mittlerweile trocken war scherzte Ingo: “Wir stellen uns jetzt mal vor wir sind an der Nordsee, dann ist Bonn auch bald wieder Hauptstadt” Das Nordsee Thema zog sich durch das ganze Set durch: “Jetzt brauchen wir den größten Pit aber keine Handtücher auslegen” Natürlich wurde dann auch noch “An der Nordseeküste” von Klaus & Klaus angestimmt. Die Band war gut aufgelegt und der Veranstalter auch, deswegen spielte kurzerhand Julian Reininger selbst an den Drums bei “Whatever Happened to the 80s” Natürlich ließ es sich Ingo auch nicht nehmen und stieg selbst in den Circle Pit. zum letzten Song “So Long” gab es dann auch ein Feuerwerk.

Freitag
Am Freitag haben wir leider die erste Band Get Jealous verpasst, also startete unser Tag mit der zweiten Band Raum27. Hier gab es mal sehr tanzbare deutsche Pop-Songs und mal ruhigere Songs mit kräftiger Stimme, welche ein bisschen in die Richtung von Annenmaykantereit gingen.
Weiter ging es mit der Chemnitzer Indie-Pop Band Power Plush, welche neben Songs ihres im Februar erschienenen Albums “Coping Fantasies”, mit “Hot Summer” auch ein Cover der Band Monrose spielten. Die Menge tanzte zu den dreamy Songs der drei Sängerinnen. Auch einen Moshpit gab es hier.
Mit deutschem Pop und tiefer Stimme brachte dann Ennio die Crowd zum Tanzen und das obwohl der Münchener ein eher ruhiges Set dabei hatte. Jedoch startete das Set direkt mit “Gift” und da konnte sich niemand zurückhalten. Als zwischen “Reichster Mensch der Welt” und “Nirvana” ein Ball auf die Bühne geflogen war, wusste Ennio sich zu beweisen und konnte den Ball einige Male hochhalten. Zum Abschluss gab es mit “König der Nachbarschaft” nochmal einen schnelleren Hit.
Deutsche Popmusik kann auch Schmyt, mal mit Autotune und elektronischen Beats, mal akustisch und nur mit Gitarre und mal Hip-Hop. Egal, die Crowd feiert es, zu jedem Song wird natürlich ein Moshpit eröffnet.
Als nächstes folgte der Headliner des Freitags: Leoniden mit verrückter Lichtshow und ordentlichen Jams zwischen den Songs. Da die Live-Bassistin Marike auch bei Get Jealous spielt, lassen es sich die anderen beiden Mitglieder der Band, Otto und Marek, nicht nehmen, bei “Freaks” einmal von ganz hinten, bis zur Bühne über die Menschenmenge zu surfen. Danach wird zu einer “Wall of Death” aufgerufen und der Gitarrist schleudert seine Gitarre komplett über die Bühne. Bei “People” sollten alle in die Knie gehen, währenddessen schleichte sich Sänger Jakob auf das Podest für Rollstuhlfahrer:innen, wo schon Keyboard und Mikro für ihn bereitstehen. Es wird ein Cover Medley angestimmt und auf einmal singt das ganze Gelände lautstark “Teenage Dirtbag”. Dann wird “1999” zum ersten Mal in diesem Jahr gespielt und Jakob springt in die tobende Menge. Nach “Nevermind” gibt es dann einen ausführlichen Jam und zum Schluss gibt es auch hier wieder ein Feuerwerk.

Samstag
Unser Samstag startet mit Sperling. Hier gab es Sprechgesang mit deutschen Texten, Violine und kräftigen Sound Wänden ala Fjørt. Leider war das Gelände noch sehr leer, da sich alle noch vom Vortag mit den Leoniden erholen mussten.
Nachdem es am gestrigen Tag überwiegend trocken war, war es heute leider überwiegend nass. Trotzdem ging es weiter mit Anais, die dreamy Popmusik spielte, die besser zu einem sonnigen Sommertag gepasst hätte. Allerdings störte es die Besucher kaum, da sie sich das Wetter schön tanzten.
Als nächstes spielte die Wiener Band My Ugly Clementine, die von ihrer schwierigen Anreise mit der Deutschen Bahn erzählten. Wie schon bei Dilla, gab es auch hier ein “Whats Up” Cover, aber dieses Mal deutlich ruhiger. Ansonsten spielten sie einen schönen Mix aus mal etwas raueren und mal etwas ruhigen Rock Songs.
Danach spielten Bruckner. Die zwei Brüder Jakob und Matti traten mit Band auf und spielten deutschen Pop. Direkt zum zweiten Song kam auch Anais dazu und sie performen ihren gemeinsamen Song “Ticket für die Nacht”.
Mit Blackout Problems ging es dann politisch weiter, Songs gegen Nazis, gegen Intoleranz, für den Planeten Erde und die FLINTA* Personen im Publikum wurden in feinsten Punk-Rock gepackt und mit so viel Energie wie nur möglich wieder ausgepackt. Sänger Mario verbrachte mehr Zeit im Publikum als auf der Bühne und zwischendurch kletterte er die VIP Tribüne und den FOH Turm hoch. Passend dazu sagt er: “Ich durfte mir Sperling nicht von der VIP Tribüne angucken, aber Blackout Problems gucke ich mir von da an, wo ich möchte”. Nun musste Festival Gründer Julian crowdsurfen und zwar vom FOH Tower bis zur Bühne und zurück. Anschließend wurde noch ein FLINTA* Pit eröffnet. Die Münchener waren alle vier in Regenjacken gehüllt und das zurecht, während des Sets strömte es wie aus Eimern.
Nach dem wirklich starken Auftritt der Blackout Problems hörte der starke Regen zum Glück auf. Trotz des vorher aufgeschütteten Sandes stand man jetzt knöcheltief im Matsch. Respekt an alle Menschen, die Sneaker trugen.
Nun ging es weiter mit Casper, der erst im Juni noch auf dem Hurricane und Southside Festival ein Headline Set spielte, und jetzt stand er da in Bonn. Passend zu seinem zuletzt erschienenen Album eröffnete er mit dem Song “Alles war schön und nichts tat weh”. Die Bühne war in Blumen getaucht, wie schon auf seiner letzten Tour und auch den Baum gab es auch. Bei “Sirenen” sollten alle in die Hocke gehen und im Refrain hochspringen und bei “Lass es Rosen für mich regnen” warfen einige Fans Rosen auf die Bühne. Vor “Ganz Schön Okay” entdeckte Casper dann eine “FCK AFD” Fahne im Publikum und griff diese auf, woraufhin das Publikum “Nazis Raus” lauthals rief. Natürlich gab es auch hier zum Abschluss des Festivals Feuerwerk zum letzten Song “Hinterland”.

Fazit
Das Green Juice ist wirklich ein sehr liebevoll gestaltetes Festival mitten in Bonn mit super sympathischen und präsenten Veranstaltenden, bei denen man auch richtig merkt, wie viel Liebe sie in das Festival stecken. Auch so ein liebes, euphorisches Publikum habe ich selten gesehen. Zu jedem Song jeder Band wurde ein Moshpit aufgemacht, gecrowdsurft oder getanzt, die Menge stand einfach nie still und die Texte wurden regelrecht mitgeschrien. Nicht umsonst waren einige Künstler:innen sehr gerührt. Schade war nur, dass das Wetter dem Festival einen Strich durch die Rechnung machen wollte. Zum Glück ließen sich das Team des Green Juice Festivals davon nicht unterkriegen.