Mit ihrem vierten Album „Welcome to the Dead City Club“ liefern Nothing But Thieves eine beeindruckende Leistung und zeigen eine konsequente Weiterentwicklung ihres Stils. Das Album lädt zum Träumen, Tanzen und Berge versetzen ein und zeigt die Band in ihrer besten Form. Von der ersten Note an ist die Energie und Leidenschaft zu spüren, die in die Songs geflossen ist.
Der Opener „Welcome to the DCC“ ist eine mitreißende, energiegeladene Hymne, die perfekt die Stimmung des gesamten Albums einfängt. Es ist eine gelungene Mischung aus Hard Rock und elektronischen Elementen, die an Daft Punk erinnert. Der Song lädt förmlich dazu ein, die Tanzschuhe anzuziehen und das Leben zu feiern.
„Welcome to the Dead City Club“ ist ein Konzeptalbum, das sich mit Themen wie Privilegien, Entfremdung, sozialen Beziehungen und der Musikindustrie auseinandersetzt. Die Band hat es geschafft, eine fesselnde Geschichte zu erzählen und gleichzeitig eingängige Pop-Hooks, knackige Riffs und Conor Masons beeindruckendes Falsett einzubringen. Es ist erfrischend zu hören, wie Nothing But Thieves den Prog-Rock-Mentalismus, den man normalerweise mit Konzeptalben verbindet, gekonnt umgehen.
Doch was ist dieser ominöse Dead Club City eigentlich? Gitarrist Joe Langridge-Brown klärt das Mysterium auf: „Dead Club City ist ein stadtgroßer Club nur für Mitglieder“, erzählt er. „Wir haben es absichtlich vage gehalten, was das eigentlich ist. Ist es eine Denkweise? Ein tatsächlicher Ort? Ein anderer Planet? Der Himmel? Es ist all diese Dinge und keines davon.“
„Aber der Umfang ist wichtig“, fährt er fort, „denn es gibt all diese verschiedenen Geschichten, die sich an diesem Ort abspielen. In welcher Beziehung stehen diese Figuren zueinander? Wie verhalten sich die Menschen innerhalb des Clubs zu den Menschen außerhalb des Clubs oder umgekehrt? Gehen die Leute in den Club, weil er nicht das ist, was sie sich vorgestellt haben, und wollen sie ihn vielleicht verlassen? Was hat es mit ihrer Verzweiflung auf sich, etwas Neues an diesem neuen Ort zu finden? Die Verzweiflung, in eine höhere Klasse aufzusteigen? Es geht also um all diese Geschichten, die sich in dieser Stadt zur gleichen Zeit abspielen, und darum, wie diese Figuren miteinander interagieren.“
„Welcome to the Dead City Club“ markiert das zweite Zeitalter der fünf Charismatiker aus Großbritannien. Wer die kunterbunte Diskografie von Nothing But Thieves kennt, weiß, dass die Band bisher stets eine Vorliebe für melancholische Klänge und düstere Moll-Töne hatte, anstatt in einen lebensbejahenden Disko-Rausch einzutauchen. Und gerade das war es, was ihre Musik so wertvoll machte. Jetzt, acht Jahre nach Erscheinen ihrer ersten Platte „Nothing But Thieves“, hat sich das Blatt ein wenig gewendet: Die Band klingt vital, inspiriert und abenteuerlustig wie nie zuvor. Nach rund einem Jahrzehnt ihrer Karriere haben sie ihre musikalische Identität gefunden und präsentieren sich hier auf dem Höhepunkt ihres Schaffens. Das kann, weiß Gott, nicht jeder von sich behaupten.
Das Album wurde von Gitarrist Dom Craik in einem sechsmonatigen Studio-Bunker in der Landschaft von Essex aufgenommen und selbst produziert. Es gab weder einen Produzenten noch jemanden, der mit einer Stoppuhr danebenstand und mit scharfem Blick den Sekundenzeiger beäugte. Nur die Band selbst, John Gilmore als Co-Produzent und Tontechniker sowie Mike Crossey, der regelmäßig mit der Band zusammenarbeitet waren es, die dieses Monstrum zu bändigen wussten:
„Da wir es selbst gemacht haben, gab es viel, viel weniger Druck“, sagt Craik. „So konnten wir alles in Frage stellen. Deshalb habe ich persönlich das Gefühl, dass es unsere stärkste Platte ist, denn wir haben nichts unversucht gelassen, alles in Frage gestellt und weiter ausgefeilt als alles, was wir je zuvor gemacht haben.“
Das Ergebnis: Elf Songs, die von einer Fülle an Kreativität und Vielfalt geprägt sind, vor großartigen Geschichten nur so erstrahlen und das Leben zelebrieren, als gäbe es kein Morgen mehr. Jeder Song hat seinen ganz eigenen Charakter und bringt mit jedem Hörerlebnis neue Facetten der Band zum Vorschein.
Besonders herausragend sind Songs wie „Tomorrow Is Closed“ und „City Haunts“. Der erstgenannte Song ist eine muskulöse Rockhymne, die mit hochfliegendem Gesang und eindringlichen Lyrics begeistert. Letzterer hingegen überrascht mit einer Mischung aus verschiedenen Genres und einem Paisley-Park-ähnlichen Sound. Es ist erfrischend zu hören, wie die Band sich von ihren üblichen musikalischen Grenzen befreit und neue Wege geht.
„Wir haben uns für etwas entschieden, das etwas verspielter und glamouröser ist“, berichtet Craik zur Entstehungsgeschichte von „City Haunts“ und grinst. „Dieser Song nimmt sich selbst weniger ernst als viele unserer anderen Stücke. Wir haben Texturen und Sounds hinzugefügt, die wir normalerweise nicht verwenden würden.“ Um dem Kryptischen ein bisschen mehr Klarheit zu verleihen, beschreibt er es so: „,Ist das cool?‘ ist oft etwas, das wir normalerweise sagen, wenn wir Musik schreiben. Aber dieses Mal ließen wir das hinter uns und griffen auf Einflüsse zurück, die wir normalerweise als „guilty pleasures“ bezeichnen würden. Aber die Schuldgefühle hatten sich gelegt und es war einfach ein Fall von: das macht Spaß.“
„Welcome to the Dead City Club“ ist ein Album, das die Vorstellungskraft anregt. Die Band hat ein Konzept geschaffen, das den Zuhörer in eine andere Welt entführt. Es gibt verschiedene Geschichten und Charaktere, die sich in dem Dead Club City entfalten. Es ist faszinierend zu beobachten, wie diese Figuren miteinander interagieren und welche Verbindungen zwischen ihnen bestehen.
Die Produktion des Albums ist herausragend. Die Band hat sich die Zeit genommen, jedes Detail zu perfektionieren und neue Sounds und Texturen einzubringen. Es gibt eine Vielzahl von Einflüssen, die sich in den Songs widerspiegeln, von den elektronischen Klängen der 80er Jahre bis hin zu modernem Alternative Rock. Die Produktion ist dynamisch und lässt die Songs lebendig werden.
Ein weiterer Höhepunkt des Albums ist definitiv der Song „Overcome“, so poppig, so brillant so einzigartig NBT, wie leicht die Road-Trip-Hymne daherkommt. Doch ein absoluter Geheimtipp ist und bleibt zweifellos „Green Eyes :: Siena“. Diese zauberhafte Pop-Ballade vermittelt den Eindruck, dass Nothing But Thieves das Geheimnis des Paradieses schon zu kennen glauben: Die harmonische Verschmelzung von Frontmann Conor Masons gefühlvoller Stimme und den zarten, atmosphärischen Gitarrenklängen, macht diese Liebeserklärung zu etwas wahrhaft Besonderem und verleiht dem Song eine gewisse Intimität.
Auch textlich kann „Welcome to the Dead City Club“ überzeugen. Die Lyrics sind introspektiv und behandeln Themen wie Einsamkeit, Identitätssuche und den Kampf gegen gesellschaftliche Konventionen. Die Band schafft es, diese Themen auf eine ehrliche und zugleich poetische Weise zu verpacken, was dem Album eine zusätzliche Tiefe verleiht.
Das Album endet mit dem Song „Pop The Balloon“, einer epischen Prog-Rock-Nummer und mehrteiliger, genreübergreifender Symphonie. „Er hat so viele Polyrhythmen und Schichten, dass es fast so ist, als würde dir jemand den Teppich unter den Füßen wegziehen, wenn du headbangst“, schmunzelt Craik verschmitzt. Für einen Albumabschluss ist „Pop The Balloon“ ein Monster, ein Weg, Dead Club City mit mehr als nur den Vibes zu verlassen, die einem im Kopf herumschwirren.
Nothing But Thieves haben mit „Welcome to the Dead City Club“ ein beeindruckendes Werk geschaffen, das die Band weiterhin als eine der aufregendsten und innovativsten Rockbands ihrer Generation etabliert. Die Band beweist hier ihre musikalische Reife und Experimentierfreudigkeit, ohne dabei ihre Wurzeln zu vernachlässigen. Es ist ein Album, das man immer wieder hören kann und bei dem man bei jedem Durchlauf neue Facetten entdeckt.
Kurzum: Dieses außergewöhnliche Meisterwerk wird sowohl die loyalen Fans als auch neue Hörer mit seiner einzigartigen Magie begeistern und sich zweifellos einen Ehrenplatz in den Sammlungen von Musikliebhabern sichern. „Welcome to the Dead City Club“ hat mein Herz bereits erobert und ist für mich schon jetzt unumstritten das Album des Jahres, das ich mit großer Hingabe immer wieder genießen werde. Es gleicht einer ekstatischen Klangreise, einer mitreißenden Achterbahnfahrt der Gefühle, die mich in ihren berauschenden Bann gezogen hat und von der ich einfach nicht genug bekommen kann.
Fotocredit: Albumcover