Dienstagabend im Hamburger Stadtpark. Ausverkauft. Schon beim Betreten des Geländes schlägt einem nicht nur feuchter Nieselregen entgegen, sondern auch eine dicke Dunstglocke – und es ist schnell klar: Das ist kein gewöhnlicher Konzertabend, das ist Cypress Hill. Die Hip-Hop-Legenden aus Los Angeles laden zum kollektiven Kopfnicken, und zwar mitten im hanseatischen Schietwetter.
Noch während sich draußen lange Schlangen durch den Park schlängeln, wärmt DJ Vlader aus Bremerhaven das Publikum mit 90er-Klassikern von KRS-One bis Fugees auf. Als um 20:30 Uhr schließlich Tour-DJ Lord übernimmt, ist das Gelände bereits dicht gefüllt – die Mützen tief ins Gesicht gezogen, Kapuzen hoch, die Luft voller Vorfreude (und THC).
Einzug mit Metal – und ein Set voller Klassiker
Cypress Hill steigen zu Metallicas „Enter Sandman“ auf die Bühne, ein Auftakt, der die Marschrichtung vorgibt: brachial, dreckig, direkt. Passend zum Hamburger Dauerregen folgt „Let It Rain“ – und das Publikum, das sich mehrheitlich aus Fans jenseits der 30 zusammensetzt, jubelt.
Was danach kommt, ist ein wuchtiger Parforceritt durch drei Jahrzehnte Rapgeschichte: „Hand on the Pump“, „I Ain’t Going Out Like That“, „Dr. Greenthumb“, „How I Could Just Kill a Man“ – jedes Stück ein Brett. Die Bässe tief, die Samples schräg, die Reime wie gewohnt im Wechsel zwischen B-Reals nasaler Delivery und Sen Dogs rauer Stimme. Spätestens bei „Insane in the Brain“ reißt es das Publikum endgültig mit. Hände in der Luft, Köpfe im Takt – der Stadtpark vibriert.
Feuchte Wiesen, trockene Kehlen und dicke Luft
Trotz Dauerregen bleibt die Stimmung erstaunlich ausgelassen. Es wird gefeiert, gerappt, gelacht – und gekifft. Viel gekifft. So viel, dass man sich zeitweise fragt, ob man gerade bei einem Konzert oder in einer riesigen Hotbox steht. Die Polizei ist präsent, die Ordner routiniert, aber der Abend bleibt friedlich. Die Besucher*innen nehmen es, wie es kommt – auch die matschige Wiese vor der Bühne wird zur Tanzfläche. An den Getränkeständen wird ausgiebig nachgetankt, vor den Toiletten stauen sich die Wartenden, wie es sich für ein echtes Stadtpark-Open-Air gehört.
Kollektiver Abriss zum Schluss – mit Überraschung
Nach etwa 90 Minuten mündet das Konzert in eine letzte große Mitmachaktion. B-Real fordert das Publikum auf, sich hinzuhocken – was angesichts der durchweichten Wiese und des durchschnittlichen Publikumsalters durchaus sportlich ist. „Now jump up!“ – und dann kracht „Jump Around“ von House of Pain aus den Boxen. Der Song stammt zwar nicht von Cypress Hill, wurde aber von ihrem einstigen Mitstreiter DJ Muggs produziert. Und der gehört eben zur Familie.
Zum Finale dreht sich die Menge auf Kommando um – Peacezeichen in die Kamera, Gruppenfoto, Abgang. Keine Zugabe, kein Schnickschnack. Cypress Hill liefern ab, bedanken sich höflich und verschwinden im Backstage-Nebel, während die letzte Basswelle durch die Bäume rollt.
Fazit: Dicker Sound im dünnen Regen
Cypress Hill haben im Hamburger Stadtpark gezeigt, dass sie auch 2025 noch absolut live-tauglich sind. Das Konzert war eine Zeitreise für alte Fans und eine Lektion in Sachen Oldschool-Rap für alle Jüngeren. Die Mischung aus dickem Beat, grünem Rauch und norddeutscher Wetterrealität hätte absurder nicht sein können – aber genau das machte den Abend so besonders. Ein unvergesslicher Abend unter grauem Himmel, aber mit jeder Menge goldenem Hip-Hop.
Fotocredit & Review: Sascha Beckmann