Finally! Feine Sahne Fischfilet kehren zurück und präsentierten am 12. Mai 2023 ihr langersehntes und wohl wirkmächtigstes Album. Unter dem Titel „Alles glänzt“ verspricht die Band eine explosive Mischung aus Selbstbehauptung, Aufbruch und Wiedergeburt. Durch zwölf kraftvolle Lieder, die von Leidenschaft und Liebe geprägt sind, nehmen uns Feine Sahne Fischfilet mit auf eine Reise durch ihre Erfahrungen und Erlebnisse und verarbeiten sie auf beeindruckende Weise in ihrem neuen Album. Wir sprachen mit den Bandmitgliedern Kai & Haue über das Album und die neue Aufstellung der Band.
Frontstage: Hallo! Danke für eure Zeit und schön, dass ihr wieder da seid nach 5 Jahren Pause. Wie ist es für euch, wieder da zu sein?
Kai Irrgang: Wir haben natürlich total Bock erstmal, wieder Konzerte zu spielen. Wir haben ja im letzten Jahr erst ein paar kleine Sachen gespielt, im AZ, dann waren wir in Prag für zwei Clubshows und dann im Vorprogramm bei den Toten Hosen. Aber ist schon jetzt aufregend nach so langer Zeit mit eigener Tour mit dem ganzen Zirkus, der drum herum ist und der ganzen Crew. Wir sind ja eigentlich davor 10 Jahre durchweg getourt und hatten nie eine längere Zeit, wo wir keine Konzerte gespielt haben, deswegen ist es jetzt schon ungewohnt, freuen uns aber auch total drauf. Und sind natürlich auch gespannt, wie ist das nach so langer Zeit, wie ist das Publikum drauf, das war bei uns ja schon immer mega Abriss. Da sind wir einfach mega gespannt und freuen uns, dass es wieder los geht.
Frontstage Magazine: Es gab ja auch einen Personalwechsel bei euch. Wie kam es dazu und wie ist das neue Gefühl in der Band?
Kai Irrgang: Wir waren ja auf Tour bis Ende 2019 und hatten schon vor der Tour festgelegt, wir legen nach dieser Tour mal eine Pause ein, spielen keine Konzerte, nehmen uns zurück, machen mal Urlaub und dann treffen wir uns aber relativ zügig wieder im Proberaum um an dem neuen Album, um an neuer Musik zu arbeiten. So haben wir das Jahr 2019 beendet. Dann haben wir uns 2020 wieder getroffen, Musik zu machen und dann kam Corona – das ist ja jetzt auch schon wieder über 3 Jahre her – und damit wurde diese Pause zwangsläufig verlängert und wir konnten uns erstmal nicht treffen zum Proben, wir lassen das erstmal. Und das war so ein bisschen ok, wir wollten eh ne Pause machen, trifft uns jetzt nicht so hart wie andere Bands, dieses Corona, haben dann aber Ende 2020 aber relativ viel wieder Musik geschrieben und gemacht in der alten Konstellation. Und das hat sich dann ein bisschen so entwickelt bis Sommer 2020, dass bei uns so ein bisschen – oder ganz konkret ich gesagt habe, diese Bandchemie, das was wir immer nach außen getragen haben – wir sind eine Gang, wir ziehen alles zusammen durch – das war schon länger nicht mehr so intern, muss man einfach sagen. Und das hat sich dann offenbart in der Musik, dass da offensichtlich so große Konflikte sind in der Band, die einfach nie angesprochen wurden, sodass ich dann im Sommer 2021 alle angerufen habe und gesagt habe, das geht so nicht weiter. Wir können nicht einfach so weiter machen wie immer, obwohl man merkt, dass es einfach gar kein Spaß mehr macht. Alles war verkrampft, selbst Termine zum Proben zu finden war eine Herausforderung. Dann habe ich alle der Reihe nach angerufen, dass wir uns mal zusammen setzen müssen, weil man muss auch wissen, dass zu dem Zeitpunkt das Studio schon gebucht war, um das neue Album aufzunehmen. Das sollte im September 2021 passieren und es sollte im September eine neue Tour veröffentlicht werden mit VVK und allem. Und wir haben 1,5 Monate vorher die Reißleine gezogen und am Ende dieser Gespräche stand dann, dass zwei Leute die Band verlassen haben. Damit waren wir dann zu viert ohne Gitarristen und haben uns natürlich gefragt, wie geht es jetzt weiter.
Bei uns war das so, wir wollen das nicht aufgeben. Und bei uns vier, muss man sagen, war dieser Moment, wo die anderen beiden raus waren, ein totaler Befreiungsschlag. Wir standen zwar da ohne Gitarristen da, aber es war trotzdem vom Gefühl eine totale Befreiung und wir gucken einfach, was kommt. Wir nehmen das jetzt so wie es ist und haben dann ja kurz danach Hauke kennen gelernt durch unseren Monitortechniker, den haben wir angesprochen – und da wusste das ja noch keiner, dass die beiden aus der Band raus sind. Und der meinte dann, ich hab einen Kumpel, der wohnt auch hier in Rostock, ladet den doch mal ein und lernt euch kennen.
Haue Segert: Genau und dann bin ich da hin. Eine Woche hatte ich Zeit, ein paar Songs zu üben und dann haben wir uns getroffen und haben fünf Songs zusammen gespielt, waren danach Essen und haben relativ schnell gemerkt, dass wir uns ganz gut verstehen und gut über Sachen reden können. Und einen Tag später haben die Jungs gesagt “Lass uns das versuchen.” Wir machen das jetzt einfach, wir planen ein paar Probewochen und versuchen das zusammen und fahren zusammen in ein Ferienhaus und verbringen einfach viel Zeit miteinander – um das abzuchecken, vor allem das Menschliche, ob das passt, was auch super wichtig war, grad am Anfang.
Kai Irrgang: Das Ding ist auch, wir kannten Hauke überhaupt nicht. Wir besuchen zwar die gleichen Clubs, kennen die gleichen Leute, aber wir kannten uns einfach überhaupt nicht. Und deswegen war das schon so – nach diesem ersten Tag im Proberaum meinten wir alle “Ja, das ist es. Wir machen das jetzt mit Hauke.” Und wir gucken jetzt nicht weiter, ob wir noch irgendjemand anderen finden können, sondern alles auf eine Karte setzen. Und wir mussten dann viel Zeit miteinander verbringen, uns kennen lernen und wir haben dann ja auch sofort angefangen, Musik zusammen zu schreiben.
Frontstage Magazine: Das spielt ganz gut in meine nächste Frage. In eurer Presseinfo steht, dass ihr in den letzten 1,5 Jahren so produktiv ward wie nie zuvor. Kommt das durch den Wechsel oder was ist passiert? Was bringt Hauke vielleicht mit und wieso hat das vorher nie so wirklich stattgefunden?
Kai Irrgang: Ich würde auf jeden Fall sagen, dass das komplett an diesem Besetzungswechsel liegt. Bei uns war das wirklich ein Gefühl, man hat grad eine neue frische Band gegründet, ist voller Tatendrang und der Blick ist total frei für tausend Möglichkeiten, die man machen kann. Und als Band wie wir sie sind – wir sind ja in der privilegierten Situation, dass wir davon leben können – du kannst ja alles machen, kannst dir total die Zeit nehmen, alles mögliche ausprobieren und das war schon in diesem Moment ein geiles Gefühl, wieder in dieser Band zu spielen.
Hauke Segert: Aus meiner Sicht ist es so, wenn es um Musik schreiben geht ist es wichtig, dass man über alles sprechen kann. Beim Songwriting-Prozess ist oft so, es gibt viele Ideen, aber es muss letztendlich eine genommen werden. Du kannst ja nicht zwei Ideen in einem Song laufen lassen. Und das haben wir bisher immer ganz gut geschafft. Wenn jemand meinte, der Riff müsste so oder so gespielt werden und dann aber überstimmt wurde, wurde das sehr gut akzeptiert und die Lust an dem Song wurde trotzdem nicht verloren. Die Musik wurde immer sehr konstruktiv gemacht und dadurch können wir sehr viele Ideen durchsprechen und kommen schnell zu dem Ziel, das uns alle gefällt ohne dass dabei Gefühle verletzt wurden.
Kai Irrgang: Dazu muss ich auch sagen, natürlich war das auch eine Verunsicherung – ein Gitarrist in einer Rockband ist ja schon eine elementare Position – wie entwickelt sich das? Und jetzt wo wir das fertige Album in den Händen haben, hört man schon – finde ich – dass wir immer noch Feine Sahne Fischfilet sind, aber es gab schon immer eine Veränderung über die Jahre. Wenn du dir die Alben nacheinander anhörst, dann merkst du schnell, jedes Album klingt sehr sehr anders, allein von “Bleiben oder gehen” zum letzen Album “Sturm und Dreck”. Und bei mir ist es auf jeden Fall so, dieses Gefühl, das wir als Band hatten und diese Frische merke ich wieder, ich höre mir die Platte einfach total gerne an.
Frontstage Magazine: Ihr habt damals als Band angefangen, etwas zu tun entgegen dem Trotz in der Heimat, viele verbinden euch mit der linken Szene und zuletzt hat Monchi sein Buch über Selbstentwicklung veröffentlicht. Wofür steht Feine Sahne Fischfilet heute?
Kai Irrgang: Das ist eine gute Frage auf jeden Fall, weil in fünf Jahren verändert sich natürlich sehr viel. Für mich ist es immer diese Verbindung, die Feine Sahne immer geschaffen hat. Wenn du auf unser Konzert gegangen bist, hast du die Zeckenkids angetroffen und aber auch die “Normalos”, ohne jetzt herabwertend zu sein, also normale Leute vom Dorf, die Bock auf Party haben, die sich aber auch angesprochen fühlen von dem, was wir politisch auch überbringen. Auch in den Zeiten wie jetzt nicht zu verbittern, das Verbindende zu erkennen und am Ende wollen wir einfach Leute zusammen bringen. Das ist unsere Stärke, die wir mit der Musik geschafft haben, was wir aber auch immer neben der Musik gemacht haben. Zum Beispiel 2016 die Kampagne “Noch nicht komplett im Arsch” und auch in unserem privaten Umfeld ist es so, dass diese Band unheimlich viele Leute verbindet, die sonst gar nicht zueinander kommen würden. Und das ist für mich einfach Gold wert, gerade in der heutigen Zeit, wo man das Gefühl hat, dass eigentlich nur noch danach gesucht wird, wie kann ich mich wieder abgrenzen von anderen Leuten und wie kann ich an anderen Positionen wieder abwerten und mich besser darstellen – das ist ja auch das, was man tagtäglich auf Social Media beobachten kann – da zu sagen, wir wollen, dass Leute zusammen kommen.
Hauke Segert: Genau und wir machen da ja auch weiter. Wir haben unser erstes Musikvideo zu “Kiddies im Block” in Schwerin aufm Dreesch gedreht, das ist ein sozal benachteiligtes Viertel, und haben die Videopremiere dann auch in diesem Viertel gemacht in so einem Begegnungszentrum und machen demnächst auch nochmal eine Aktion wahrscheinlich da. Und da hoffen wir auch, dass da Leute kommen, die sonst nie auf ein Konzert kommen würden und die da vorbei kommen und andere Leute treffen, die vielleicht genau nach diesen Nischenkonzerten suchen.
Frontstage Magazine: Du hast grad Social Media angesprochen, Kai. Ist es das woran ihr beim Albumtitel “Alles glänzt” gedacht habt?
Kai Irrgang: Ich weiß jetzt nicht, ob da jeder an Social Media gedacht hat. Wiir haben ja auch den Titel bewusst in der Optik des Albums gebrochen mit der Garage. Bei uns im Osten kennt einfach jeder dieser Garagenkomplexe, die wurden zur DDR Zeit gebaut und jeder verbindet eine Story damit. Das waren nicht einfach nur Unterstellplätze für Autos, sondern das waren zum großen Teil auch soziale Treffpunkte. Bei mir in der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, gab´s eine Ecke, da haben sich die Alkoholiker getroffen und mit diesem “Alles glänzt” darüber war gleich deutlich, dass das nicht ernst gemeint sein kann. Und natürlich sprechen wir auf genau das an, dieses politische Engagement nach außen, alle sind total engagiert und wissen über alles Bescheid, tun aber auch so, als würden sie das schon immer wissen und es nie um was anderes ging, gerade auf Social Media. Wenn man da die Außendarstellung beobachtet, kriegt man schon die Einstellung – klar glänzt alles – aber so ganz ist es dann meist eben doch nicht. Und das meine ich auch mit diesem abgrenzen wollen und das Trennende suchen, darauf haben wir einfach kein Bock mehr. Und dazu gehört auch dieses so schön wie sich alle darstellen, so ist es oft eben nicht.
Frontstage Magazine: Die nächste Frage ist vielleicht etwas provokativ, aber ich bin gespannt, was ihr dazu sagt. Denkt ihr manchmal darüber nach, wie es gelaufen wäre, wenn die politische Seite eurer Band nicht da gewesen wäre oder wäre es dann überhaupt Feine Sahne Fischfilet gewesen?
Kai Irrgang: Mir fällt es wirklich schwer, das direkt zu beantworten. Was es trifft ist, dass es dann gar nicht Feine Sahne Fischfilet gewesen wäre. Womit ich diese Band verbinde und was ich die letzten 19 Jahre mit der Band erlebt habe, ist eine ständige Entwicklung gewesen und ganz viel davon nach außen war dieses politische Statement, was wir immer waren. Deswegen kann ich das gar nicht richtig im Kopf davon trennen. Klar, es wäre irgendwie anders geworden, wir sind ja auch nicht die Band, die sich durch krasse Hits oder die krasse musikalische Extravaganz ausgezeichnet hat, sondern auch immer durch die Aktionen nebenbei und das hat schon viel zu dem Status, den wir heute haben, beigetragen.
Frontstage Magazine: Mit der Blasmusik seid ihr auch noch eher Exoten in der deutschen Musiklandschaft. Findet ihr es manchmal schade, dass so wenig Trompeter, Posaunisten etc. auf den großen Bühnen vertreten sind?
Kai Irrgang: Also ich persönlich finde das nicht wichtig, da müsste man vielleicht den Max fragen, der bei uns Trompete spielt. (haha) Damals wollten wir eine Trompete dabei haben, da kam Max dazu, und wenn er damals Dudelsack gespielt hätte, würden wir wahrscheinlich heute Musik mit Dudelsack machen. Ich höre jetzt privat nicht viel Musik, wo Blasmusik dabei ist, aber weiß ich nicht..
Hauke Segert: Ja, mir ist es auch nicht wichtig. Mir ist es genau so wichtig, wie ich sagen würde, jetzt müssen total viele Gitarristen auf der Bühne stehen, das ist mir auch nicht wichtig, hauptsache mir gefällt die Musik. Aber ich kann dazu sagen, dass dieses besondere Flair von Feine Sahne ist, dass wir beim Songwriting noch eine Trompete haben und noch eine geile Melodie einbauen können. Also musikalisch ist es schon geil, dass wir dieses Trompeten-Flavor haben und das erleichtert schon vieles, weil du immer noch diese andere Ebene hast, wo du nochmal eine Hookline oder sowas abgeben kannst, das finde ich schon echt cool. Das sollten vielleicht mehr Bands probieren, noch ein Instrument zu implementieren. Aber das machen ja auch schon viele Bands und es gibt viele Instrumente, die ihren Weg in die populare Musik finden.
Kai Irrgang: Letzendlich ist es bei uns ja so ein bisschen so – die Trompete ist häufig das, was bei anderen Bands die Leadgitarre ist. Gerade so im Streetpunk oder Oi hat man es oft, dass die eine Gitarre die Akkorde spielt und die andere spielt die Melodie und das ist oft bei uns, was die Trompete dann macht. Es hat dadurch natürlich auch den Flavor, dass man relativ schnell erkennt, dass es ein Feine Sahne Song ist. Weil auch Bands mit Bläsern diese oft anders einsetzen. Ich hab schon das Gefühl, dass im Ska-Bereich die Bläser oft anders eingesetzt werden als bei uns, bei uns macht die Trompete meistens die prägende Melodie.
Frontstage Magazine: Die letzte Frage ist bei Frontstage immer etwas anders. Wenn ihr für einen Tag ein Disney Charakter sein könnt, welcher wäre es?
Hauke Segert: Ich glaube, ich wäre gerne Balu der Bär. Der singt durch den Dschungel, dem geht´s gut.
Kai Irrgang: Der ist aber auch ein bisschen trottelig. Aber ja, dem geht´s gut. Ich finde Susi & Strolch ist ein mega guter Disney Film. Da freue ich mich auch jetzt schon auf den Tag, an dem ich den mit meiner Tochter das erste Mal gucke. Und da finde ich mega die Charaktere, die diese Spaghetti-Bude haben. Einer von den beiden, die fand ich immer cool.
Frontstage: Vielen Dank für das Interview!
Interview: Sebastian Wittag
Fotocredit: Erik Weiss