Für ihr neues Album „LOTTO“ haben sich Milliarden musikalisch und inhaltlich auf eine spannende Reise in das Ungewisse eingelassen. Im Interview mit uns dem Frontstage Magazine spricht Ben darüber, was das Musikmachen für die Band wie ein Glücksspiel macht, das sie mit Herz und Verstand spielen. „LOTTO“ ist dabei weit mehr als eine Sammlung von Songs – es ist eine Erkundung persönlicher Erfahrungen und tief empfundener Emotionen, die sich um Themen wie Identität, Sehnsucht und die Balance zwischen Tiefe und Leichtigkeit drehen. Die Band beschreibt ihr neues Werk als ein „vielschichtig und sorglos-mutig gepinseltes“ Album, das die Hörenden einlädt, sich auf diese intensive und manchmal widersprüchliche Welt einzulassen. Im Interview erzählt Ben, wie „LOTTO“ für die Band nicht nur ein kreativer, sondern auch ein zutiefst persönlicher „Hauptgewinn“ geworden ist.
Frontstage Magazine: Euer Album trägt den Titel „LOTTO“. Inwiefern seht ihr Musikmachen als ein Glücksspiel und was bedeutet das für euch?
Ben: Die Entscheidung die eigene Zeit, also nicht nur zwei Stunden am Tag, sondern alle Gedanken durchgängig einem Thema zu widmen fühlt sich oft richtig, manchmal aber auch riskant an. Diese kreative Herstellung ist das Spiel auf morgen. Das Sehnsuchtsgefühl auf das Kommende. Dieses Kribbeln im Bauch, wenn die Idee kommt und wir sie wachsen sehen. Das alles ist der Gewinn im Hier und Jetzt! Wir haben gemerkt, dass Musik nicht reich, eher arm macht. Aber das Gefühl mit ihr zu leben ist die permanente Vorfreude und Spannung. Wie im Glückspiel eben. Milliarden spielen Lotto! Und das fühlt sich für uns gut an. So wollen wir sein. Wir wollen kreativ produzieren.
Frontstage Magazine: Ihr beschreibt „LOTTO“ als eine Reise in das Ungewisse. Was reizt euch besonders an dieser Ungewissheit und wie spiegelt sich das in euren Songs wider?
Ben: Die Lieder sind immer ein Spiegel des Erlebten. Manchmal dauert der Bogen Jahre zurück, manchmal beginnt er knapp hinter dir. Über Musik und Text sich selbst und die Welt zu reflektieren, zeigt wie ungewiss und unbegangen / unbefangen Zukunft ist. Zumindest, was die Projektion von sich selbst betrifft. Nehmen wir mal Politik und Religion bei Seite. Ich ahne mein Leben und wage trotzdem intuitiv den Schritt, der mich wach hält. Man sagt ja: „kommt doch sowieso immer anders“. In die Zeit, also vielleicht in das Ungewisse zu schauen, reizt mich. Unsere Schleifen zu vertonen ist eine schöne Aufgabe.
Frontstage Magazine: Im Text heißt es, dass die Songs auf „LOTTO“ ihren Ursprung in dem Begehren haben, etwas auszudrücken, das man nicht genau benennen kann. Wie hat sich dieser Ansatz auf den kreativen Prozess ausgewirkt?Ben: Sprache und Wörter / im weitesten Sinne Ausdruck sind neben den Körpern unsere Brücken. Aber nur selten treffen mich die Worte so tief, dass sie die Ursuppe in Wallung bringen. Ich glaube in dieser Suppe, warten die Gefühle und Geschichten, die raus möchten. Literatur macht das manchmal mit mir, auch Film, Theater und Bilder. Musik aber immer noch am stärksten. Da will ich hin. Da wollen wir hin. Zwischen den Wörtern aus uns erzählen.
Frontstage Magazine: Ihr beschreibt euch eher als „Musikmaler“ eurer Erlebniswelten. Welche Themen und Gefühle haben euch besonders inspiriert, während ihr an diesem Album gearbeitet habt?
Ben: Das Begehr den Wahrheitsdiskurs (unendlich breit in der Philosophie) auf unser jetziges Gefühl anzuwenden. Die Gegenwart jongliert mit Korrektheit, Freiheit und sowas wie Moral. Produziert darin aber Sackgassen und Widerstände. Wie kommen wir zu einer Gesundheit im Streiten und „Falschmachen“ zurück, um daraus zu wachsen? Zuerst in der Kunst, dann in der Gesellschaft.
Ben: Unendliche Verbundenheit.
Ben: Trauerkultur umschreiben. Dieses Ersticken im Schmerz darf doch langsam mal morphen zu einer Kraftquelle.
Ben: Der eigene Sound. Architektur außen und innen. Die Menschen und Wunden, die ewig bleiben. Sowas wie ein Plattenbau. Abstoßend und gleichzeitig Mutterschoß. Deine Musik.
Ben: Der tiefe Sturz in den Kaninchenbau. Die Psychose.
Ben: Frieden. Gegen eine Rhetorik der Stärke. Abrüsten in Worten und Waffen.
Frontstage Magazine: Das Album wird als „vielschichtig und sorglos-mutig gepinselt“ beschrieben. Wie schafft ihr es, diese Balance zwischen Tiefe und Leichtigkeit in eurer Musik zu finden?
Ben: Ich denke, genau so sind Johannes und Ben. Die Verbindung funktioniert so. Wir lachen beide viel und lieben die Energie von Musik. Dazu kann ich dann mit meinen Texten kommen und sie wie ein Eimer Farbe auf die Klänge klatschen.
Frontstage Magazine: Was war euer größter „Hauptgewinn“ während der Entstehung von „LOTTO“ – sei es musikalisch oder persönlich?
Ben: Die Erkenntnis, dass der Gewinn das Machen ist.
Frontstage Magazine: Wie hat sich euer Ansatz zum Musikmachen im Vergleich zu früheren Alben verändert, und was fühlt sich diesmal „wie beim ersten Mal“ an?
Ben: Wir haben mit Tim Tautorat produziert. Er war drei Tage mit uns im Proberaum. Wir haben ihm die Lieder vorgespielt, darüber gesprochen, hier und da daran gearbeitet. Dann sind wir fünf Tage ins Studio Wong gegangen und haben es live eingespielt. Kurz und schmerzlos. Es war wunderbar und intensiv. So schnell und klar waren wir bisher nicht. Das Schreiben dauert immer lange, aber die Geschwindigkeit der Produktion war für uns perfekt. Loslassen lernen. Wie das erste Mal.
Live:
07.11.24 Frankfurt – Das Bett
08.11.24 Stuttgart – Wizemann
09.11.24 Zürich – Bogen F
14.11.24 Hannover – Musikzentrum
15.11.24 Köln – Gebäude 9
16.11.24 Dortmund – FZW
21.11.24 Nürnberg – Hirsch
22.11.24 München – Backstage
23.11.24 A-Wien – Fluc
28.11.24 Hamburg – Knust
29.11.24 Bremen – Tower
30.11.24 Leipzig – UT Connewitz
05.12.24 Dresden – Beatpol
06.12.24 Berlin – Huxleys
Fotocredit: Christoph Voy