Mit der Neuauflage seines Hits „Your Love (9PM)“ macht der langjährige Top 100 DJ ATB, bürgerlich André Tanneberger, seinen Hit von 1998 erneut zum Glanzstück. Das Lied schlägt auch in der neuen Version mit Topic und A7S voll ein und sammelt auf Youtube Millionen Klicks. ATB zählt seit über 25 Jahren zu den Top DJs unseres Landes, ist weltweit gefragt und seit 17 Jahren unentwegt in der Top 100 Liste des DJMags zu finden. Was für eine Leistung! Höchste Zeit also, dass sich unsere Redakteure Kevin und Jacky mit dem frisch gebackenen Familienvater und Hasenliebhaber zum Interview einfinden. ATB spricht über seinen neuen, alten Song, seine Karriere im Allgemeinen und die Arbeiten an seinem elften Studioalbum.
Frontstage Magazine: Hallo lieber ATB, wir freuen uns sehr, dass Du Dir etwas Zeit für uns und unsere Fragen nimmst!
ATB: Hallo Frontstage. Gerne doch (lächelt).
Frontstage Magazine: Wir hoffen, dass du gut ins neue Jahr gekommen bist! Wie verbringst du aktuell deine Zeit?
ATB: Aktuell geht es bei mir zwischen Interviews und Studio Sessions hin und her. Zwar können Interviews aufgrund von Corona leider nicht persönlich stattfinden und alles läuft über Zoom Calls. Aber es macht trotzdem sehr viel Spaß.
Frontstage Magazine: Das stimmt natürlich. Dein Terminkalender dürfte aktuell ja ziemlich leer sein, da kein Awake Pres im Kölner Bootshaus, kein ATB under the Stars im Bochumer Planetarium und vieles weitere nicht stattfinden kann. Wie hat sich das letzte Jahr musikalisch für dich angefühlt?
ATB: Was Shows angeht ist es tatsächlich so, wie ihr sagt: Da wurde Ende Februar 2020 quasi der Stecker gezogen und seitdem habe ich auf keiner Bühne mehr gestanden. Ich habe einmal im April 2020 einen Livestream aus dem Planetarium in Bochum gestartet. Andere Live-Stream Auftritte mit DJ-Set sind aber nicht so mein Ding. Ich brauche einfach den Kontakt zum Publikum. Daher war es nach gut 25 Jahren auf Tour schon sehr außergewöhnlich. Ich habe die Zeit daher viel im Studio verbracht und an neuen Tracks geschraubt. Dadurch ist ja auch „Your Love (9PM)“ entstanden.
Frontstage Magazine: Am vergangenen Freitag erschien die besagte neue Version von „Your Love (9PM)“ aus 1998. Was hat dich dazu bewogen diesen Song nach über 23 Jahren in ein neues Gewand zu bringen?
ATB: Ich habe in den vergangenen Jahren unzählige Anfragen zu 9PM bekommen. Entweder ging es um Cover Versionen oder aber um Anfragen zur Zusammenarbeit. Ich habe alles abgelehnt. denn keine Version oder Zusammenarbeit hat mir jemals gefallen. Ich selbst habe auch im Verlauf der Jahre einige eigene Ansätze probiert, aber wenn man sein eigenes Baby neu aufleben lassen will, nachdem man es gefühlt Millionen Mal gehört hat, dann ist das gar nicht so einfach. Nun hatte ich durch Corona viel Zeit mich mit dem Thema auseinander zu setzen und da bin ich auf die Songs von Topic gestoßen. Und hier hatte ich das erste Mal in all den Jahren das Gefühl, dass unsere beiden Sounds perfekt zueinander passen könnten. Zudem hat Alex (A7S) eine unfassbare Stimme und einen komplett eigenen Stil Melodien und Lyrics zu schreiben. Das erschien mir als die perfekte Symbiose. Und nach 23 Jahren und mit dem Feeling im Hintergrund ist es der perfekte Moment den Song neu aufzulegen.
Frontstage Magazine: Sehr cool! Uns gefällt die neue Version ebenso. Du bist fleißig in den Sozialen Medien aktiv, wo man euer Foto mit Topic und A7S zur Neuauflage des Songs am New Yorker Time Square mit Unterstützung von Amazon Music bestaunen durfte. Sag uns bitte, wie fühlt es sich an sein eigenes Bild auf diesem gigantischen Platz zu wissen?
ATB: So etwas ist schon der Wahnsinn. Ich war schon mal 2010 im Rahmen eines Gigs im NOKIA Theatre in New York auf einem der Screens. Das war schon surreal. Aber jetzt nach fast 25 Jahren ATB zusammen mit Tobi und Alex dort von Amazon Music so präsentiert zu werden ist unbeschreiblich.
Frontstage Magazine: Insgesamt machst du seit 28 Jahren Musik. Zuerst noch mit deinem Teil des Dance-Projekt Sequential One und später dann solo unter dem Namen ATB. Hättest du dir Anfang der 90er gedacht, dass du heute dort stehen wirst, wo du nun bist?
ATB: Ganz klar nein. Ich hatte zwar schon zu Sequential One Zeiten Chart Erfolge, aber dass es dann nach 9PM so abgeht und ich nun 28 Jahre, nachdem ich angefangen habe elektronische Musik zu machen, immer noch international erfolgreich bin, das hätte ich mir damals nicht träumen lassen. Aber es war immer mein Ziel in 20 Jahren noch Musik zu machen. Und so sehe ich das heute auch noch.
Frontstage Magazine: Kannst du denn im gleichen Zuge auch behaupten, dass du musikalisch alles erreicht hast, was du dir vorgenommen hast oder fehlt noch etwas auf deiner Bucketlist?
ATB: Ich denke ich habe mehr erreicht als ich es zu Beginn meiner Karriere je gedacht hätte. Es ist ja nicht so gewesen, dass man Anfang der 90er schon DJ-Karrieren der Größenordnung von heute kannte. Da waren die Bands und Sänger die Stars und jeder Musiker wollte wie Michael Jackson, Madonna oder Metallica sein. Seitdem hat sich sehr viel getan in der Musikwelt. Das war damals so nicht vorauszusehen. Und was meine Bucketlist angeht: Wie gesagt: Ich will einfach weiter Musik machen, mein 11. Studio Album in Ruhe angehen. Und wenn wir uns dann in 20 Jahren noch mal wegen einer neuen Single sprechen: umso besser (zwinkert).
Frontstage Magazine: Was waren die Highlights dieser bewegten Zeit und welchen Moment würdest du noch einmal erleben wollen?
ATB: In so vielen Jahren gibt es immer wieder Highlights. Um 2000 herum habe ich angefangen als DJ durch die USA zu touren. Die elektronische Musikszene war damals nicht annähernd so groß wie heute. Da habe ich teilweise in Country Clubs gespielt. Da musste man dann sein Setting mit Plattenspielern etc. erst beim Soundcheck aufbauen. Teilweise waren die DJs auf einem extra Floor und das Publikum konnte den DJ gar nicht sehen. Da haben wir dann alles umgebaut, um den Veranstaltern zu zeigen, wie es abgeht, wenn man die Nähe zum Publikum hat. Das war in Europa damals schon „normal“, in den USA nicht. Dort hat die EDM Scene erst viel später eine solche Aufmerksamkeit bekommen. Das war wirklich eine Pioniers-Zeit und daran denke ich sehr gerne zurück.
Frontstage Magazine: Sehr cool, zudem wirst du bereits seit 17 Jahren jedes Jahr in die Top100 DJ vom DJMag reingewählt zu werden. Das schaffen längst nicht alle DJ-Größen. Fieberst du bei den jährlichen Bekanntgaben noch mit oder ist dir die Platzierung nach den Jahren nicht mehr so wichtig?
ATB: Ich freue mich jedes Jahr aufs Neue in der DJ Mag Top 100 Liste aufzutauchen. Klar, die Reaktion der Fans bei Auftritten selbst ist mit keiner Liste aufzuwiegen, aber es freut mich trotzdem sehr, dass meine Fanbase mich auch nach so vielen Jahren so unglaublich supported. Das treibt an immer weiter zu machen.
Frontstage Magazine: 2021 sieht aktuell ja noch nicht so vielversprechend aus, was Liveshows angeht. Kann man anstelle dessen mit einem neuen Album oder anderen Aktionen (Livestreams etc.) rechnen?
ATB: Für mich fängt 2021 musikalisch sehr vielversprechend an. „Your Love (9PM)“ mit Topic und A7S läuft richtig gut an und ich sitze viel im Studio, um an weiteren Tracks zu arbeiten. Ziel ist ganz klar auch mein elftes Album, aber ich arbeite zur Zeit von Titel zu Titel. Und ich hoffe natürlich sehr, dass wir irgendwann in der 2. Jahreshälfte 2021 so langsam wieder ein paar Shows spielen können. Ich bin nicht so ein Fan von Livestreams da ich einfach das Publikum vor mir brauche. Sobald ich mit der Crowd connected bin macht es unglaublich viel Spaß. Aber ohne Publikum ist das Ganze leider sehr trist.
Frontstage Magazine: Verständlich, dafür lässt du deine Fans auf Instagram regelmäßig an deinem Vaterglück teilhaben. Konntest du dir durch die ganze Corona-Problematik für deine Familie mehr Zeit nehmen können, als es im normalen Musikeralltag der Fall gewesen wäre?
ATB: Absolut. Durch Corona bin ich ja quasi gezwungen nicht zu reisen. Deshalb habe ich auf der anderen Seite das große Glück, meinen Sohn in seinem ersten Jahr bei allen kleinen und großen Schritten begleiten und diese miterleben zu dürfen.
Frontstage Magazine: Wie schön, wir wünschen euch dafür alles Gute. Die letzte Frage führt uns immer etwas abseits der Musik: Welchen Job hättest du ergriffen, wenn du kein erfolgreicher DJ geworden wärst?
ATB: Das ist in der Tat eine gute Frage. Ich vermute, dass ich im Bereich Film, Fotografie oder Grafik gelandet wäre. Das ist meine Leidenschaft in meiner Freizeit, neben meinem Hobby Nummer 1, dem Fliegen.
Frontstage Magazine: Vielen herzlichen Dank für deine Zeit und das Interview. Wir wünschen dir alles Gute für dich und deine Familie in 2021!
ATB: Ich danke euch für das nette Interview. Auf ein gutes und gesundes Jahr 2021!
Fotocredit: Chris Luehrmann