Wer schon öfter bei Rock am Ring war, weiß: Ein echtes Festivalgefühl am Nürburgring kommt selten ohne ein bisschen Regen aus. Und genau das war auch an Tag zwei der Fall – doch das tat der ausgelassenen Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil: Der Samstag bot eine mitreißende Mischung aus musikalischer Vielfalt, emotionalen Momenten und überraschenden Highlights.
Stotternder Start mit Nothing More
Den Auftakt des Tages machte die US-amerikanische Rockband Nothing More – leider begleitet von technischen Problemen. Das Mikrofon von Sänger Jonny Hawkins setzte immer wieder aus, was nicht nur den Spielfluss störte, sondern auch für etwas Frust bei Band und Publikum sorgte. Doch mit Durchhaltevermögen und Charme brachte die Band ihren Set durch – der Applaus am Ende zeigte, dass das Publikum ihnen die Widrigkeiten nicht übel nahm.
Von Schweden bis Kalifornien – starke Genrevielfalt
Danach ging es musikalisch einmal quer durch die Welt: Imminence aus Schweden lieferten ein intensives Set zwischen Metalcore und orchestralen Elementen, das besonders die Fans in den vorderen Reihen in pure Euphorie versetzte. Kurz darauf zogen Me First and the Gimme Gimmes mit ihren legendären Punkrock-Covers durch das Gelände – von Pop über Country bis Musical, hier wurde alles in rotzige Akkorde und schnelle Rhythmen gepackt.
Kraftklub überraschen auf Mini-Bühne – Gänsehaut pur
Schon am Vortag war es angekündigt worden: Kraftklub würden auftreten. Doch niemand hatte erwartet, dass sie mitten im Infield auf einer eigens aufgebauten Mini-Bühne direkt bei der Mandora Stage stehen würden – fast schon zum Anfassen nah. Als die ersten Takte erklangen, strömten die Fans in Scharen herbei. Vier Songs – mehr brauchte es nicht für einen absoluten Ausnahmezustand. Die Energie, der Schweiß, das Mitsingen: Kraftklub bewiesen einmal mehr, warum sie eine der mitreißendsten Livebands des Landes sind.

Airbourne & Bullet For My Valentine – Gitarrenpower vom Feinsten
Im Anschluss ging es mit Airbourne weiter, die mit purem Rock’n’Roll und pyrotechnischer Power aufwarteten – ein wuchtiges, schweißtreibendes Set, das für ordentlich Adrenalin sorgte. Auf der Utopia Stage lieferten Bullet For My Valentine eine beeindruckende Zeitreise durch 20 Jahre Bandgeschichte. Songs wie „Tears Don’t Fall“ oder „Your Betrayal“ wurden lautstark mitgesungen – ein nostalgischer wie kraftvoller Auftritt.
Heaven Shall Burn mit abruptem Aus – Stimme weg
Ein Wermutstropfen an diesem Tag: Viele Fans hatten sich auf Heaven Shall Burn gefreut, doch Sänger Marcus Bischoff musste nach nur einem Song das Handtuch werfen. Seine Stimme war komplett weg, ein Weitermachen unmöglich. In einer kurzen, ehrlichen Ansprache entschuldigte sich Bischoff bei den Fans – die diesen ehrlichen Moment mit Respekt und Verständnis quittierten.
Kontra K polarisiert – doch liefert ab
Direkt vor Slipknot sorgte ein Act für besonders viel Gesprächsstoff: Kontra K brachte 75 Minuten lang feinsten Deutschrap auf die Bühne. Die Meinungen im Publikum gingen auseinander – während die einen jede Zeile feierten, standen andere kritisch abseits. Doch rein objektiv: Der Berliner Rapper lieferte eine starke, durchdachte Show mit viel Energie, Liveband und visuellen Highlights.

Rise Against rocken das Mandora-Stage-Herz
Bevor der große Headliner anstand, ging es noch einmal zur Mandora Stage. Rise Against bewiesen, dass sie auch nach all den Jahren nichts verlernt haben. Mit einem Set voller sozialkritischer Texte, rauer Energie und einer starken Fanbindung spielten sie sich in die Herzen des Publikums – ein echtes Highlight abseits der ganz großen Bühnen.
Slipknot – Der düstere Höhepunkt mit Schattenseiten
Dann war es endlich soweit: Slipknot betraten die Utopia Stage – die Spannung war greifbar. Doch wie schon bei Bring Me The Horizon am Freitag, musste man auch hier mit einem Dämpfer leben. Die Show begann verspätet und wurde früher beendet als ursprünglich angekündigt. Die offizielle Spielzeit wurde nicht ausgeschöpft – sehr zum Ärger vieler Fans.
Und trotzdem: Was die Band auf der Bühne zeigte, war ein intensiver, kathartischer Rausch. Von Klassikern wie „Duality“, „Psychosocial“ und „Before I Forget“ bis hin zu neueren Songs – die brachiale Gewalt ihrer Musik, die theatralische Inszenierung mit Masken, Flammen und donnernden Drums ließen kaum jemanden kalt. Die Crowd verwandelte sich in ein brodelndes Meer aus Bewegung, die Moshpits rissen alles mit, und der Sound drang bis in die letzte Ecke des Infields. Für Fans der Band war es ein Erlebnis, das sich tief eingebrannt haben dürfte – trotz der verkürzten Spielzeit.
Und dann kam der Regen…
Kurz nach dem letzten Ton begann es zu regnen – wie könnte es auch anders sein? Doch anstatt zu fliehen, blieben viele. Die nassen Haare, die matschigen Schuhe, das Gefühl von Erschöpfung – all das gehörte einfach dazu. Und so klang Tag zwei in bester Rock am Ring-Manier aus: laut, wild, emotional – und vor allem unvergesslich.
Fotocredit / Review: Kevin Randy Emmers