Die Sonne ist zurück. Und mit ihr The Kooks. Never/Know ist das beste Kooks-Album seit dem Debüt – weil es das Debüt nicht kopiert, sondern versteht.
„Never know when it’s gonna stop“ – so beginnt dieses siebte Album der Kooks, und es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre es nie weg gewesen, das unbeschwerte Indiegefühl, das irgendwo zwischen WG-Küche und Festivalsonne wohnt. „Never/Know” ist kein Aufguss, kein Comeback im klischeehaften Sinne – es ist ein spätes Glanzstück, das sich in einem imaginären Band-Ranking mühelos hinter „Inside In/Inside Out” platziert.
Schon der Opener „Never Know“ trägt alles in sich, was diese Band einst groß gemacht hat: ein lockeres Riff, ein rhythmischer Beat, Pritchards Stimme irgendwo zwischen Tagtraum und Teenage-Rausch. Die Sonne scheint, die Sorgen weichen – Indiepop als Antidepressivum. „Sunny Baby“ hebt dieses Gefühl gleich noch ein Stück weiter: Eine Hymne, wie gemacht für den Soundtrack des Sommers 2025. Man sieht das Instagram-Reel praktisch vor sich.
Aber „Never/Know” ist mehr als nur Indie-Surf-Pop. Es ist ein Rückgriff auf das, was The Kooks immer konnten – mit genug Abstand zur eigenen Geschichte, um nicht in Nostalgie zu ersticken. „If They Could Only Know“ etwa zitiert das Debüt nicht nur musikalisch, sondern kanalisiert dessen Geist: Leichtigkeit, Wärme, ein unbedingter Glaube daran, dass ein guter Song die Welt für dreieinhalb Minuten retten kann. Selbst die ruhigeren Stücke wie „China Town“ oder das abschließende „Talk About It“ wirken nie wie Füllmaterial, sondern wie wohlgesetzte Atempausen.
Doch das Beeindruckendste an diesem Album ist: Es klingt frei. Nicht zwanghaft modernisiert, nicht auf alt getrimmt, sondern ganz bei sich. „Compass Will Fracture“ etwa bricht elegant aus dem gewohnten Songbaukasten aus, flirtet mit Razorlight, Franz Ferdinand und ein bisschen Kraut – ohne sich zu verlieren. The Kooks klingen hier wie eine Band, die sich endlich wieder vertraut – und dadurch mehr wagt.
The Kooks finden auf „Never/Know” zu alter Stärke zurück – ohne alt zu wirken. Ein spätes Meisterstück voller Melodie, Mut und sommerlicher Magie. Direkt hinter dem Debüt. Und vielleicht sogar daneben.
Review Marc Erbrügger
Fotocredit: Davis Factor