Mit Mitte 30 noch eine neue Band starten und dabei auf Gitarrenmusik setzen? Es gibt Smarteres. Behütet aufwachsen, Privilegien genießen, Punk-Szene, von Nazis aufs Maul bekommen, Tod von geliebten Personen, Scheidungskind werden, Erfahrungen mit Drogen. Immer irgendwo zwischen purem Glück und tiefer Depression. Und so wird das selbstbetitelte Debüt von FLITTERN gleich ein Konzeptalbum werden. Was wir von dem Werk halten, das erfahrt ihr in unserer Teamreview.
Janina:Wenn man „FLITTERN“ von FLITTERN hört, mag man kaum glauben, dass die Band erst seit Anfang 2020 zusammenspielt und dies ihr Debüt ist. FLITTERN haben dem Poppunk nicht neu erfunden, interpretieren es aber auf ihre eigene Art und Weise. Die Band ist sich durchaus bewusst, wer sie sind und woher sie kommen, so ergeben die 11 Songs eine Mischung aus Vergangenheitsbewältigung und der Gegenwart auf dem Dorf. Am besten gefielen mir hierbei „Alman Angst“, „Hügel überm Dorf“, „MTV Made“ und „Stadt aus Flitter“. FLITTERN liefern mit dem gleichnamigen Debüt ein solides Statement ab, dass Bock auf mehr macht. (8-7-7)
Kevin: Im Durchschnitt mit 30 Jahren noch ein persönliches Punkrock Album machen? FLITTERN machen genau das und packen in diese elf Songs der Platte alles Persönliche der letzten Jahre rein und schaffen damit etwas Anderes als viele junge Punkrockbands. Dabei kommt eine ehrliche und glaubwürdige Platte heraus, die die vielen alltäglichen Situationen, Probleme, Rassismen und Gefühle beschreibt. Es sollte mehr Bands geben, die später eine Band gründen, wie FLITTERN in diesem Fall. Gleich der Opener-Track ist eine musikalische Zusammenwürfelung aus der Die Hansen Band, Kmpfsprt, Adam Angst und Heisskalt. Dieses Gefühl zieht sich für mich durch die ganze Platte, ist aber auf gar keinen Fall etwas Negatives. Die Band liefert einfach den perfekten Sound für rockige Moshpits, tanzbare Momente für Zwei im Hamburger Molotow, aber auch für die Alleinseinmomente in dem eigenen Kinderzimmer oder heute in der eigenen 42qm Wohnung bei schlechtem Herbstwetter. Wir brauchen mehr Bands wie FLITTERN. (10-10-9)
Lisa: „Willst du mit mir aussterben gehen?“ – das fragen mich Flittern auf ihrem Debutalbum. Und dabei servieren sie mir diese eher düsteren Textzeilen mit so viel positiver Energie, dass ich gar nicht anders kann, als zu antworten: „Na klar, warum nicht!“. Dieser bittersüße Zwiespalt aus schön und gut, aber eigentlich ist alles scheiße, zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album. Flittern wollen mit ihrem Debut nicht mehr und nicht weniger, als die letzten 20 Jahre, also fast ihr gesamtes Leben, Revue passieren lassen. Passt die Vergangenheit der drei Kölner in elf Songs, frag ich mich? Vermutlich gibt‘s da noch mehr zu erzählen, aber die Themen sind auf jeden Fall sehr breit gefächert – von „A“ wie „Alman Angst“ bis „Z“ wie „Zombiezucker“. Letzterer ist übrigens mein Lieblingstrack von Flittern. Wenn ihr auch auf guten, deutschen Poppunk steht und euch jetzt vielleicht denkt „Was zur Hölle ist Zombiezucker?“ – dann hört unbedingt mal rein! (8-8-8)
Jacky: FLITTERN hauen mal eben ihr selbstbenanntes Debüt raus und machen damit eine Menge Dinge, die ich grundsätzlich feiere: deutschsprachige Musik mit originären Texten, wie etwa „Willst Du mit mir aussterben gehen?“, über die man zwei Mal nachdenken muss und einer etwas eigenwilligen Lead-Stimme. Für mich beschreibt dies das perfekte Rezept für Musik, die nicht nur in die Ohren, sondern auch mitten ins Herz geht. So viel mehr kann ich dazu eigentlich gar nicht sagen, außer dass es echt ein Tipp für Deutsch-Punk bzw. Rock Fans, wie etwa von Heisskalt oder Kettcar, sein kann, denn von diesen stechen immer wieder bekannte Elemete durch. Mir gefallen die Jungs mit ihrem Debüt auf jeden Fall sehr gut und ihr solltet Euch „FLITTERN“ auf jeden Fall mal geben! (9-8-9)
Fotocredit: Sebastian Igel