Mit einer unverwechselbaren Mischung aus emotionaler Tiefe und kraftvoller Energie hat sich die deutsche Metalcore-Band SENNA in den letzten Jahren einen festen Platz in der Szene erarbeitet. Nun stehen sie mit ihrem Debütalbum „Stranger To Love“, das am 23. Mai über SharpTone Records erscheint, an einem neuen Wendepunkt. Nach viel beachteten Singles wie „High Note“, „Rain“, „Blackout“ und „Hurricane“ liefert die Band mit „Drunk Dial Anthem“ einen weiteren eindrucksvollen Vorgeschmack auf das, was kommt. Im Interview mit uns spricht Sänger Marcel über den Entstehungsprozess des Albums, persönliche Geschichten hinter den Songs und darüber, wie SENNA sich musikalisch und menschlich weiterentwickeln.
Frontstage Magazine: Euer neuer Song „Drunk Dial Anthem“ thematisiert das Gefühl zwischen Einsamkeit, Trost und Besessenheit. Wie ist dieser Song entstanden und gab es einen konkreten Auslöser für diesen sehr persönlichen Text?
Marcel: Einen konkreten Auslöser gab es nicht. Ich hatte irgendwann mal die Idee für den Chorus, aber das war zunächst noch völlig losgelöst von einem größeren zentralen Thema für den Song. Am Anfang schauen wir eher erstmal, ob Melodie und Text eingängig und leicht zu verstehen sind, ob der Text vom Vibe des Songs passt etc. Das hat auch alles direkt super gepasst, fast schon zu gut, so ganz ohne Ecken und Kanten. Daraufhin haben wir dann die Idee ausgearbeitet, dass dieses eigentlich positive Gefühl über den Song hinweg langsam in eine Besessenheit abdriftet. Im Subtext wird auch klar, dass die Gefühle eigentlich nie erwidert werden und das Verhältnis völlig einseitig ist. Das hat dem Song hoffentlich etwas mehr Tiefe verleihen können.
Frontstage Magazine: Das Debütalbum „Stranger To Love“ erscheint am 23. Mai über SharpTone Records. Wie war der kreative Prozess im Studio, und gab es besondere Herausforderungen oder Überraschungen während der Produktion?Marcel: Im Studio selbst gab es eher wenige Herausforderungen, wir konnten nahtlos anknüpfen wo wir kreativ bei der EP ‚A Moment Of Quiet‘ aufgehört. Wir haben schon damals gemerkt, dass unser Stil sich etwas verändert und sich unser Sound festigt. Zum Zeitpunkt des EP-Releases hatten wir sogar schon die ersten Demos fürs Album fertig. Es hat sich sehr natürlich angefühlt, bei den EP-Songs einen Cut zu machen, und sich dann auf ein Album zu konzentrieren. Überrascht wäre jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber wir haben auf jeden Fall unterschätzt, wie lange es dauert und wieviel Arbeit es ist, von fertigen Songs zu einem fertigen Album zu gelangen. Da sind noch so viele Sachen, die drum herum passieren müssen, das hat man erstmal gar nicht so auf dem Schirm.
Frontstage Magazine: Wie kam die Zusammenarbeit mit SharpTone zustande und wie beeinflusst sie eure Arbeit als Band?
Marcel: Das haben wir unserem Manager Tom Williams zu verdanken. Er hat uns sehr früh entdeckt und supportet uns seither. Durch ihn kam die Connection und dann schlussendlich auch das Signing zu SharpTone. Als kleine Band, die versucht Fuß zu fassen stürzt man sich auf viele Dinge, oft auch voreilig und viel zu früh. SharpTone und auch Tom predigen uns immer die Sache langfristiger und nachhaltiger zu denken. Das nimmt sehr viel Druck raus.
Frontstage Magazine: Ihr beschreibt „Stranger To Love“ als eine Sammlung von Alltagsanekdoten, die nicht außergewöhnlich, sondern gerade wegen ihrer Echtheit bedeutsam sind. Gibt es eine Geschichte auf dem Album, die euch persönlich besonders bewegt?
Marcel: Die Geschichte von Potential ist mir persönlich am nächsten. In dem Song geht es darum, dass man jemanden gehen lässt aus Angst, oder vielleicht sogar eher der Überzeugung, dass man diese Person zurückhält und ihr nicht gerecht wird. Es ist aber kein trauriger Song, ganz im Gegenteil. Es geht eher darum, genau diese Person zu zelebrieren und sich vielleicht auch einzugestehen, dass man selbst doch noch nicht so weit ist, wie man dachte. Als wir den Song geschrieben konnte ich noch nicht wissen, wie wichtig dieser Song für mich einmal werden wird. You got potential, baby.
Frontstage Magazine: Eure bisherigen Singles wie „High Note“, „Rain“, „Blackout“ und „Hurricane“ zeigen eine große emotionale Bandbreite. Wie gelingt es euch, diese Energie und Tiefe im Songwriting zu vereinen?
Marcel: Wir haben uns sehr viel mehr Gedanken gemacht, um was es bei den Songs eigentlich gehen soll, als noch bei der EP. Vielleicht sogar eher, was man fühlen soll, wenn man die Songs hört. Da geht es eher weniger darum, was konkret gesagt wird, oder welche Noten gespielt werden. Das ist irgendwie nochmal viel subtiler. Wir haben, wie schon bei der EP, mit Manuel Renner (Überlärm Studios/TBS) zusammengearbeitet. Er ist ein Genie, was das betrifft. Er weiß einfach, was im Song passieren muss, um ein gewisses Gefühl zu erwecken.
Frontstage Magazine: Ihr sprecht davon, dass Menschen und Beziehungen sich manchmal auf leise, aber nachhaltige Weise verändern. Wie verarbeitet ihr solche Veränderungen als Band – sowohl musikalisch als auch persönlich?
Marcel: Es ist ja nichts grundlegend Schlechtes, wenn sich Menschen oder Beziehungen verändern. Es ist wichtig, dass man sich solcher Veränderungen nicht verschließt. Wir alle haben auch ein Leben abseits der Band. Da ist es zum Beispiel völlig normal, dass sich mal persönliche Prioritäten oder Erwartungen verschieben. Darüber muss man dann einfach reden.
Frontstage Magazine: Was erhofft ihr euch, dass die Hörer*innen nach dem Durchlauf von „Stranger To Love“ mitnehmen – gibt es eine zentrale Botschaft, die euch besonders am Herzen liegt?
Marcel: Wir hoffen, dass die Leute Spaß haben, wenn sie das Album hören! Und das kann für jeden Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen so sein. Es gibt auch viele, die bei uns gar nicht so sehr auf den Inhalt der Texte hören, sondern sich eher aufs Musikalische konzentrieren. Uns freut es daher um so mehr, dass viele sich auch mit den Texten und Inhalten des Albums identifizieren können.
Frontstage Magazine: Die Metalcore-Szene in Deutschland ist sehr vielfältig. Wie nehmt ihr die aktuelle Entwicklung der Szene wahr und wo seht ihr euren Platz darin?
Marcel: Es gibt gerade viele großartige Newcomer-Bands in Deutschland. Das tut den Bands und auch der Szene unglaublich gut, da das einen auch irgendwo „zwingt“ am Ball zu bleiben und sich weiterzuentwickeln. Gleichzeitig muss man aber auch die generelle Offenheit des deutschen Publikums loben. Auf unseren bisherigen Touren waren wir immer mit Abstand die softeste Band. Das kann erstmal komisch sein, es ist eben nicht die Musik, zu der man 30 Minuten lang durchmosht. Die Leute scheinen es aber schätzen zu können, wenn sich Bands auch mal was trauen. Das war früher definitiv anders. Wir hoffen natürlich, dass wir uns mit ‚Stranger To Love‘ fest in der deutschen Szene etablieren können.
Fotocredit: Promofoto / Senna