Am 08. März 2025 verwandelte sich die Barclays Arena in Hamburg in einen einzigartigen Raum voller Zusammenhalt, lauter Musik und ungebremster Energie. K.I.Z luden anlässlich des internationalen Frauentags zu einem ganz besonderen Konzert ein – ihrem einzigen Frauenkonzert der aktuellen Tour. Die Bedeutung dieser Shows ist längst über den reinen Konzertabend hinausgewachsen. Sie sind ein Statement, ein Schutzraum und eine Demonstration dafür, wie wichtig es ist, Frauen* ungestörten Raum zum Feiern und Erleben von Live-Musik zu geben.
Bereits von Anfang an merkte man, dass die Atmosphäre ganz besonders war. Bevor K.I.Z die Bühne betraten, heizte Paula Hartmann dem Publikum als Support-Act ordentlich ein. Mit ihren melancholisch-poetischen Texten und einem modernen Sound-Mix aus Rap und Pop bewies sie einmal mehr, warum sie eine der spannendsten Künstlerinnen der deutschen Musikszene ist. Als es dann kurz nach 20 Uhr dunkel in der Halle wurde, zeigten 15.000 Frauen, was Vorfreude heißt. Dank der baulichen Gegebenheiten fiel dies lauter aus als bei Taylor Swift im vergangenen Jahr im offenen Volksparkstadion nebenan. Seit der ersten Sekunde an war die Energie und der Vibe des ausschließlich weiblichen Publikums am Anschlag.
Dazu kam das enorm schön ausgestaltete Bühnen-Setup, passend zum Plakatdesign, bestehend aus drei riesigen weiß-bläulich leuchtenden Eiskristallen, welche die größten Lichtquellen zu sein schienen. Außerhalb dem Raum auf der Bühne war nichts beleuchtet, was das Geschehen darauf in einen herausstechenden Rahmen hervorhob. In diesem Rahmen wandelten Tarek, Nico und Maxim alias K.I.Z, Berliner Rapper-Kollektiv. Aber da es sich am Samstagabend um ein Konzert nur für Frauen handelte, mussten sich die Männer natürlich verkleiden. Wobei verkleiden in diesem Fall zu hoch gegriffen wäre, denn dass, was man knappe zwei einhalb Stunden auf der Bühne bewundern durfte, waren maskenbildnerische Kunstwerke. Im Eisprinzessinnen-Look in langen, blauen Glitzerkleider, einem Make-Up, bei dem jede Drag Queen hätte neidisch werden können, langen Perücken, Fake-Brüsten und leuchtenden Krönchen ging es durch den Abend. Die drei und ihr DJ Kollege Johannes von Drunken Masters dankten Juliane für ihre hervorragende Arbeit. Daraufhin entbrannten „Juliane“ Sprechchöre im Publikum – Sisterhood at it’s best!
Perfekte Bedingungen also für einen Raum zum Loslassen, wie es später in einer Ansage heißen wird. Und die Zuschauerinnen waren so sehr am Start, dass es wirklich nur eine Freude war dem Treiben zuzusehen und Teil davon gewesen sein zu dürfen. Wird sonst so oft der Moshpit von einem halbnackten Mann in der Mitte dominiert, kam es in Hamburg zu einer kollektiv-femininen Kraftentfaltung. Es wurde gesprungen, getanzt, geschrien – aber vor allem gefeiert und das ohne Halten. Und auch ohne sich Sorgen zu machen. Jede Frau hatte genau das Partyoutfit an, in dem sie sich wohlgefühlt hat und sich dabei mindestens genauso gefühlt wie Tarek, der in Schwestern-Ich so viel Attitüde gegeben hat. Dazu gab es das Beste von K.I.Z Klassikern wie „Urlaub fürs Gehirn“ bis zu neuen Tracks von ihrem aktuellen Album „Görlitzer Park„.
Zum gleichnamigen Track gab es ein echtes Highlight für die überglückliche Menge, denn der vordere Teil der Bühne wurde in drei geteilt, sodass jeder der Künstler auf seinem eigenen Stück stand und damit in den riesigen Mittelgang gefahren wurde. Perfekt komposiert und durch Laser und Licht in Szene gesetzt sah es aus als würden sie auf riesigen Eisschollen durch die Arena treiben. Die einzelnen Teile konnten dann wieder als Steg zusammengesetzt werden, der nicht mehr mit der eigentlichen Bühne verbunden war. Damit untermauerten sie ihre kompromisslose Bühnenpräsenz, lieferten eine Show der Extraklasse und schufen einen fantastischen Rahmen für „Hurra, die Welt geht unter„. Vom Mittelgang aus ging es immer mal wieder ins Publikum und Maxim und Tarek jeder für sich kümmerten sich um „Applaus“ und „Filmriss„. „Rap über Hass“ und „Geld wie ein Magnet“ luden noch einmal ordentlich zum Tanzen und Springen ein.
Die Encore startete mit einem Song auf den alle gewartet haben: „Let It Go„. Drunken Masters DJ Johannes haute einen zwanzigminütigen Remix voller empowernder Frauen raus. Von SXTN „Fotzen im Club“ über „We found love“ von Rihanna bis hin zu Adeles „Someone Like You“ wird alles übertrieben gefeiert und jede hatte wirklich nur die beste, glücklichste Zeit. Zum Ende hin holten K.I.Z noch einmal alles aus der Anlage der Barclays Card Arena heraus. „Ich ficke euch (alle)“ und „Ein Affe und ein Pferd“ markierten den fulminanten Höhepunkt und setzten ein gewaltiges Ausrufezeichen für einen denkwürdigen Abend.
So gerne wir es dabei belassen würden, muss gerade noch einmal zu so einem besonderen Konzert anlässlich des feministischen Kampftages im Kontext gesetzt werden, dass das Konzert für Frauen geradezu einem emotionalen Befreiungsschlag gleichkam. Die Energie während des gesamten Konzertes war unbeschreiblich. Trotzdem wurde auch bewiesen, warum wir genau diese Art von Konzert brauchen. Das Konzept nur für Frauen ging nicht an allen Punkten auf und so vermissten wir schmerzlich an manchen Stellen Fotografinnen, Redakteurinnen, Security-Personal und Frauen hinter den Kulissen. Und auch auf der Bühne ist und bleibt die Aktion von K.I.Z gesellschaftlich relevant und solidarisch, wie es sich anfühlen kann in einem Safe Space ungestört und sicher existieren zu können. Wenn aber nebenan zeitgleich der HSV im ausverkauften Volksparkstadion spielt, kann man sich sicher sein, dass sich weder Hin-noch Rückwege gut angefühlt haben, im Gegensatz zu dem unglaublichen Konzert. Vielleicht ist ein männliches Trio als Frauen verkleidet noch nicht die Lösung, denn die Bühne für Frauen in der Branche ist und bleibt zu klein, aber vielleicht ist es erstmal das, was wir brauchen: Safe Spaces, solidarische Männer, Empowerment und ein gesellschaftliches Statement. Danke an K.I.Z für eine bemerkenswerte Show und einen Abend voller lauter Musik, Schweiß, und vor allem: purer, ungebremster Freiheit.
Fotocredit: Sabrina Derda