„Vergiss nie, wo du herkommst“ – dieser exzellente Ratschlag wird nie zu alt werden. Vor allem: In ihm steckt viel mehr Weisheit und Dringlichkeit, als man beim ersten Hören begreifen kann. Stefanie Kloß sang die Zeile in „Mein Osten“, diesem großen, schmerzhaften, hymnischen Song, den die Band Silbermond 2019 ihrer Heimat widmete. Und den sie nun ein zweites Mal veröffentlicht, in einer frisch eingespielten Version, mit einem Duett Gast. Aus guten Gründen. Zum allerbesten Zeitpunkt.
Rückblende: Als „Mein Osten“ zum ersten Mal erschien, hatte es vorher in Chemnitz fremdenfeindliche Jagdszenen gegeben, fand in Dresden die #unteilbar-Demo für Zivilcourage und Zusammenhalt statt. Mehrere Landtagswahlen standen an.
An dem Song begann die Band bereits 2017 zu arbeiten, als Bautzen medial in den Fokus rückte. Und Silbermond stellten in ihrem impulsiven Song-Statement klar: Soviel Sorgen sich die vier Bautzener auch um die Entwicklungen in ihrem geliebten Ostdeutschland machten – so klar war für sie die Hoffnung, dass mit Menschlichkeit, Mut und starker Gemeinschaft auch hier eine großartige Zukunft – samt Verständigung auch über verhärtete Positionen hinweg – möglich sein würde.
2025 gilt das noch immer. Vielleicht sogar: mehr denn je. Weshalb jetzt der richtige Moment ist, um „Mein Osten“ ein zweites Mal in die Kanäle zu schicken. „Werden reden müssen, streiten, um Kompromisse ringen und so weiter“, heißt es dazu im Song, in der alten wie in der neuen Version – mit dem Unterschied, dass 2025 Herbert Grönemeyer diese Zeile singt. Einer der erfolgreichsten deutschen Künstler als Gast auf der neuen Silbermond-Single. Das ist eine der ersten großen Popnews des Jahres.
Silbermond-Fans wissen es allerdings längst: Grönemeyer und die Band kennen sich seit vielen Jahren. 2023 und 2024 standen sie in Hamburg und Dresden gemeinsam auf der Bühne, daraus entstand die spontane Idee für den gemeinsamen Song. Im Januar 2025 wurde „Mein Osten“ in Berlin als Duett neu produziert und eingespielt. Das Ergebnis strahlt die ganz spezielle Magie aus, die nur wahrhaft zeitlose Lieder entwickeln können: Sie fühlen sich vertraut und trotzdem neu an. Und, wie schon gesagt: relevanter als je zuvor, wenn Einheit und Gemeinsamkeit in Gefahr sind.
Deshalb liegt diese außergewöhnliche Kollaboration auf der Hand: Für Grönemeyer ist die deutsche Einheit, das Zusammenleben der Menschen, das Überwinden von Spaltung, seit jeher wichtiges Thema und Herzensangelegenheit. Gleiches gilt glasklar auch für Silbermond. Denn echte deutsche Einheit bedeutet, dass alle Hand in Hand vorangehen. Dass die Sorgen, Fragen und Hoffnungen von Menschen in Dresden, Weimar oder Bitterfeld am Ende dieselben Lösungen brauchen wie die ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Bochum, München oder Hanau.
Oder, wie Silbermond es formuliert haben: „Wir kriegen irgendwas hin, lass deine Ängste nicht gewinnen.“ Man kann es wirklich nicht anders sagen: „Mein Osten“ von Silbermond feat. Herbert Grönemeyer ist der Song der Stunde. Wer in diesen Zeiten Mut braucht, soll ihn einfach noch einmal laufen lassen.
Fotocredit: Sabrina Derda
