Auf den Tag ganz genau einen Monat. So lange müssen wir noch warten, bis das neue Madsen Album „Hollywood“ erscheint. Also: wenn nicht schon längst geschehen, den 18. August schnell rot im Kalender markieren. Unsere Redakteurin Pia hatte die Ehre, Sebastian und Sascha Madsen auf einen kleinen Schnack im Backstage beim Southside Festival zu treffen und über das neunte Werk der Band und alles, was dazugehört zu quatschen.
Frontstage Magazine: Ihr habt ja jetzt mit Hurricane und Southside zwei extreme Wetterlagen gehabt. Bei Ersterem hat es bei eurem Gig geschüttet wie aus Kübeln und hier beim Southside ne Hitzwelle deluxe. Was gefällt euch da besser?
Sebastian: Wir hatten auf dem Hurricane ja quasi beides. Ähnliche Temperaturen wie hier und das Erstaunliche war: wir gehen auf die Bühne und ab Lied Eins, ab dem ersten Gitarrenton kommt es da herunter gegallert.
Sascha: Und ein Kumpel von uns stand am Bühnenrand und guckt auf sein Handy und sagt so: „Du Sascha, ich hab gerade die Nachricht reingekriegt, dass das hier eventuell evakuiert wird, weil hier son Unwetter kommt.“ Ich dann so: „Ja super, wir gehen gleich auf die Bühne, schönen Dank!“.
Aber es wurde zum Glück nichts evakuiert und das acht dann ja auch irgendwie was Besonderes draus. Da erinnert sich dann auch wirklich jeder dran. Wir gehen auf die Bühne und auf einmal gießt es wie aus Eimern.
Sebastian: Nur in solchen Situationen stellt sich uns dann die Frage: Bleiben die Leute oder wird den das zu krass? Ein paar sind tatsächlich gegangen, haben wir gelesen im Nachhinein, beim Konzert selber gesehen haben wir es nicht. Es ist dann schon emotional und die, die bleiben, die nehmen das auch an und sind dann mit Herz und Seele dabei, egal ob sie nass und dreckig werden.
Frontstage Magazine: Ja wenn schon, denn schon! Ich mein, bei dem Regen ist man eh ab Minute Eins bis auf die Knochen nass.
Sebastian: Ja einfach klitschnass! Da kann man sich nicht retten. Hilft nix!
Frontstage Magazine: Ja und wie ihr schon gesagt habt, sowas bleibt ja auch total hängen, bei euch und auch beim Publikum. Wo wir schon beim Thema sind, ihr habt ja jetzt schon son paar Jährchen Bandgeschichte auf dem Buckel. Was war denn da der schönste, prägendste oder auch emotionalste Moment? Könnt ihr das überhaupt rückwirkend so sagen?
Sascha: Boah da gibts total viele aber was wirklich beeindruckend war, als wir selber so als 16-, 17-jährige das Hurricane Festival besucht haben und dann davon geträumt haben, da selber mal auf der Bühnen zu stehen und bei untergehender Sonne da zu spielen. Und genau solche großen Festivals haben wir jetzt schon mehrfach gemacht und wenn an da so zurückdenkt, wie man da selber vor der Bühne stand und so Träume hatte und die dann Wirklichkeit werden, das ist schon etwas sehr, sehr Besonderes. Das darf man auch nicht vergessen, dass man selber mal klein angefangen hat. Das ist schon ne krasse Nummer!
Sebastian: Kann ich nur unterstreichen. Für mich gibt es jetzt nicht so den krassesten Moment. Ich weigere mich auch den festzulegen gerade weil du sagtest, und gibt es schon ne Weile. Man muss so aufpassen, dass man nicht in eine Nostalgie-Falle tappt. Eigentlich suche ich immer noch weiter die Highlights und die Herausforderungen. Deswegen bin ich auch vor jedem einzelnen Auftritt immer noch irre aufgeregt.
Frontstage Magazine: Ach was! Echt?
Sebastian: Ja, volle Kanne! Da bin ich immer kurz vor Nervenzusammenbruch.
Frontstage Magazine: Weißt du was, ich kanns total verstehen. Ginge mir nicht anders!
Sebastian: Siehste, ich danke dir! ich saß gestern kurz mit Casper zusammen und der hat auch gesagt, ihm geht’s genauso. Aber ich glaube, wenn man das akzeptiert, gerade dann passieren auch immer wieder Highlights!
Frontstage Magazine: Nun mal zum eigentlichen Grund unseres Treffens hier: ihr bringt bald ein neues Album raus. Erstmals unter eurem eigenen Label. was ist das für ein Gefühl?
Sebastian: Das ist aufregend und gut. Also es liegt jetzt einfach viel mehr bei uns, wir haben viel mehr zu tun aber das ist auch total angenehm. Wir finanzieren jetzt auch viel mehr selbst. Das ist so das Krasseste, weil es sonst immer Vorschüsse von Plattenfirmen gab.
Sascha: ja jetzt müssen wir nen Kredit aufnehmen.
Sebastian: Also ob es nun um Videodreh, Kalkulationen oder Promotion geht, da ist kein großes Tier von der Plattenfirma da, das sagt, das winke ich euch durch oder ich bring euch noch mal ganz groß in Amerika raus. Hatten wir auch alles und das ist okay. Die Radiosender die uns sowieso nicht spielen, werden das dadurch auch nicht ändern und die, die uns sowieso spielen, die machen das auch, wenn wir das selber vorbeischauen.
Alles in allem ist es durchweg positiv also hoffe ich, dass wir am Ende genug verkaufen weil das ist ja ne schwierige Zeit für Rockbands und CD’s. Aber wir denken da eben auch langfristig und wir haben dann eben auch die Rechte an unseren eigenen Stücken, für immer. Das ist alleine schon so gutes Gefühl!
Sascha: Zusätzlich lernen wir selber auch noch wahnsinnig viel dadurch und das macht uns auch Spaß. Die Idee, dass wir alles mal selbst machen gab es ja auch schon ewig, wir haben uns das nur nie getraut bzw. zugteraut und jetzt haben wir es einfach mal gewagt.
Frontstage Magazine: Also quasi ganz nach dem Motto „Einfach mal machen.“ Jetzt hattet ihr eben schon mal einen ganz kurzen Bezug zu Amerika angesprochen. Eure neue Platte trägt ja den schönen Titel „Hollywood“. Verratet uns doch mal, was es damit auf sich hat!
Sebastian: Wir mögen das Wort sehr gern, weil es ambivalent ist. Das Album ist an sich wie elf kleine Drehbücher. Hollywood heißt Eskapismus, es heißt aber auch Machmissbrauch. Hollywood heißt schöne heile Welt, Zufluchtsort und große Geschichten. Irgendwie kann ich dir dazu gerade nicht mehr sagen, in der Hoffnung, dass alle, die es hören, selber rein interpretieren in den Titel.
Sascha: Wir waren auch mal mit der Band in Los Angeles und sind durch Hollywood gelatscht und waren echt erstaunt, dass wenn man mal hinter die Fassaden guckt, wie kaputt und dreckig das eigentlich ist. Deswegen is auch genau diese Ambivalenz da so krass.
Frontstage Magazine: Und genau das spiegelt euer Album auch wieder?
Sascha: (lacht) Das muss man sich anhören und selbst interpretieren.
Sebastian: Im gleichnamigen Titeltrack zum Album gehts um zwei Jungs und in deren Geschichte ist wird genau das Thema auch aufgegriffen.Der Eine kommt aus schwierigen Verhältnissen, der Andere ist geflüchtet und beide träume sich in ne bessere Welt. Da hast du eben die Idealvorstellung von Hollywood und die beiden wissen ja nicht, was genau sich eigentlich hinter diesen Buchstaben verbergen kann und wie dunkel Hollywood auch sein kann.Aber allein der Gedanke daran, hilft ihnen einfach und das ist eben sehr ambivalent.
Abgesehen davon klingt das Wort einfach fantastisch. Madsen, Hollywood, Album Nummer Neun – wunderbar!
Frontstage Magazine: Dem kann ich nichts entgegensetzen! Das ;Musikvideo zum Song „Hollywood“ ist ja auch wirklich sehr rührend, wenn man sich das mal von vorne bis hinten zu Gemüte führt.
Frontstage Magazine: Spiderman spielt in dem Musikvideo ja auch eine kleine Nebenrolle. Meine Frage dazu: mit welchem Superheld*In könntet ihr euch denn am ehesten identifizieren oder mit wem würdet ihr gern mal um die Häuser ziehen?
Sebastian: Erstmal ne kleine Anekdote am Rande: Als wir nach Köln gefahren sind um das Musikvideo zu drehen, ruft uns Nico an, unser Bassist und sagt: „Leute, ich hab Corona. Was machen wir jetzt?“
Die zündende Idee: wir haben einfach ein Spidermankostüm gekauft und unseren Backliner Tim darein gesteckt. Also Nico ist im Musikvideo gar nicht zusehen. Das hat aber auch noch keiner hinterfragt, weil Tim einfach die ganzen Moves von Nico so gut kennt, weil er immer an seiner Bühnenseite steht und ihn von da aus gut beobachten kann. Hat er dann einfach so kopiert!
Frontstage Magazine: Cool, da decken wir hier noch Geheimnisse auf!
Sebastian: Jetzt wieder zu deiner Frage. Schwierig…welcher ist deiner?
Sascha: Ich find den Waschbären von Guardians of the Galaxy super!
Sebastian: Gute Wahl! Ich mochte immer Batman. Das Dunkle und auch diese Ambivalenz im Charakter.
Frontstage Magazine: Dann kommen wir von den Superhelden zu eurer nächsten Single vom neuen Album. „Ein bisschen Lärm“ heißt die. Nehmen wir den Lärm doch mal ganz wortwörtlich. Welches Geräusch könnt ihr denn überhaupt so ganz und gar nicht leiden?
Sascha: Also was ich gar nicht abkann: wenn du nachts schlafen willst und so eine einzelne Mücke dich dann nervt! Da geht dann nur, Licht an und auf die Jagd gehen.
Sebastian: Es gibt Leute, die beim Essen mit ihrem Messer auf dem Teller kratzen und das schießt so wie beim Zahnarzt, wenn ein Nerv verletzt wird. Das macht mich kaputt.
Sascha: Ansonsten laute Rockmusik, furchtbar! (lacht)
Sebastian: Vor allem von so deutschen Bands! (lacht ebenfalls)
Frontstage Magazine: Jetzt wollen wir aber auch mal wieder zu den schönen Dingen kommen. Welche Geräusche sind denn Musik in euren Ohren?
Sascha: Ich mag Vögel. Vogelgezwitscher find ich unglaublich schön. Früher war ich da empfindlich und war echt sauer auf die Vögel. Aber heute mag ich das total, die sollen den ganzen Tag, die ganze Nacht von mir aus durchträllern.
Sebastian: Du hast ja auch kein Nest auf dem Balkon, da gehts dann um fünf Uhr morgens los.Die terrorisieren mich, die Schweine (lacht).
Sascha: Aber ich hab mal Wäsche aufgehängt auf deinem Balkon und da war direkt alles vollgekackt. Konnte ich direkt wieder waschen (lacht ebenso).
Frontstage Magazine: Dann war vielleicht die Vogel-Uhr vom NABU was für euch. Da könnt ihr nachgucken welcher Vogel zu welcher Uhrzeit singt. Aber Sebastian, was ist denn dein Lieblingsgeräusch?
Sebastian: Ich mag das, wenn du beim Campen im Zelt liegst und der Regen darauf prasselt und das andere ist, wenn jemand den Reißverschluss zum Zelt aufzieht.
Frontstage Magazine: Auch gute Geräusche, hab ich direkt im Ohr! Aber zurück zu euren gesamten Album. „Hollywood“ kommt am 18. August 2023 in die Läden. Was erwartet uns Fans denn da? Ist es ein bunt zusammengewürfeltes Werk oder doch eher ein Konzeptalbum?
Sebastian: Es ist mit Abstand das schlechteste Album der ganzen Bandgeschichte.
Sascha: Wir haben uns gar keine Mühe gegeben (beide lachen).
Sebastian: Ne, es ist tatsächlich ganz ironiefrei die Essenz der Band. Also all das, was wir so über die Jahre gelernt haben, ist in diesem Album drin. Textlich bin ich sehr stolz drauf. Ich hab ganz viel allein geschrieben aber unseren einen Produzenten, den Rudi Maier, den hab ich so ein bisschen mit auf die Lyrics gucken lassen. Er hatte dann noch so ein gutes Gespür und manchmal nur noch ein paar Worte in der Zeile verändert. Generell die Thematik der Songs gefällt mir, es ist sehr vielseitig. Wenig Lovesongs, mehr Storytelling. Es sind richtige Geschichten drauf – deswegen auch der Titel „Hollywood“. Es ist wirklich so, als wenn man mit jedem Lied in eine Szenerie eintaucht.
Frontstage Magazine: Auf diesen Tauchgang freu ich mich unglaublich und wahrscheinlich auch jede Einzelne/jeder Einzelne, der eure Musik auch nur ein bisschen gern hat! Danke für eure Zeit und eure Antworten!
Sascha & Sebastian: Sehr, sehr gern!
Fotocredit: Johanna Lippke