Nach zwei Jahren Zwangspause kehrte das Vainstream Rockfest am 25. Juni 2022 mit einem ausverkauften Weekend One wieder aus seinem viel zu langen Winterschlaf zurück. Rund 20.000 Rockwütige zelebrierten die Rückkehr des Festivals mit wilden Moshpits, lang ersehntem Crowdsurfing, jeder Menge guter Laune und ganz viel Liebe. Für ein ausverkauftes erstes Wochenende sorgten nationale und internationale Größen wie The Offspring, Sum 41, Enter Shikari und Sondaschule.
Was für ein Abriss war das erste Festivalwochenende der „Faculty of Punk, Metal & Hardcore“ am Münsteraner Hawerkamp denn bitte? Nach zwei Jahren Stille kehrte das Vainstream Rockfest nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder zurück. Aber nicht irgendwie. Denn zum 15. Jubiläum konnte das Festival doch nicht einfach so stattfinden wie bisher. Der Veranstalter wollte es lauter. Bunter. Wilder. Deshalb geht das Vainstream in diesem Jahr mit gleich zwei Festivalwochenenden an den Start. Prallgefüllt mit 30 hochkarätigen Künstler*innen, drei Bühnen, leckerem Essen – und seit diesem Jahr einer liebevoll gestalteten Chill-Out-Area am Coconut Beach mitsamt einem Pool und köstlichen Cocktails.
Wer am Samstag schon zu den frühen Vögeln gehörte, war bereits ab 9 Uhr auf dem Gelände. Einen sehr gelungenen Festivalauftakt machte die französische Hardcore-Band Landmvrks, die um 9:45 Uhr als erstes auf der Bühne stand. Sie kam frisch von ihrem Gig auf dem With Full Force und wollte eigentlich – mit 50 Schokobrötchen bewaffnet – gemeinsam mit dem Publikum frühstücken. Womit sie jedoch nicht rechnete: Der Platz vor der Bühne war bereits zu ihrem Auftritt so gut gefüllt, dass 50 Brötchen nicht mal ausgereicht hätten, wenn das Publikum sie geviertelt hätte. Als kleine Entschädigung für die, die leer ausgingen, performte die fünfköpfige Band Songs wie „Lost in a Wave“, „Paralyzed“ und „Scars“.
Es folgten Bands wie Counterparts, Boston Manor und Crossfaith im Wechsel auf den Hauptbühnen, bis sich aufgrund technischer Probleme die Spielzeiten von Neck Deep, Being As An Ocean und Any Given Day verschoben, was der Veranstalter aber durch gutes Scheduling und organisatorisches Talent ohne weitere Verzögerungen schnell wieder im Griff hatte. Da Sperling krankheitsbedingt kurzfristig absagen musste, öffnete die Green Hell Club Stage ihre Tore außerdem erst um 12:30 Uhr.
Doch abseits kleinerer Herausforderungen, waren die Zutaten für einen perfekten Festival-Tag mehr als nur gegeben: Neben einem bunten Potpourri aus hervorragend harter und punkiger Musik, schien auch das Wetter Gefallen an den gitarrenlastigen Klängen zu finden. Denn es bescherte den Festivalbesucher*innen 27 Grad und reichlich Sonnenschein. Neben angenehm riechenden Biernoten lag also auch ein sommerlicher Sonnencremenduft in der Luft.
Auch an diejenigen, die für‘s erste Vainstream-Wochenende kein Ticket mehr ergattern konnten oder bei den warmen Temperaturen lieber zu Hause blieben, hat der Veranstalter gedacht. In Kooperation mit EMP konnten alle Daheimgebliebenen auf den Social-Media-Kanälen des Hauptsponsors ausgewählte Gigs exklusiv live verfolgen. Mit darunter Die Kassierer, Bury Tomorrow, Sum 41, Boysetsfire und The Offspring.
Je später es wurde, desto mehr Körper füllten das Festivalgelände und drängten sich dicht an dicht entlang langer Schlangen an den Drink-Tickets, Food-Ständen und Toiletten. Ebenso kuschelig wurde die Atmosphäre in der Sputnikhalle, als die Jungs von Marathonmann am frühen Nachmittag die Bühne stürmten – und die Security wegen Überfüllung kurzerhand Einlassstopp verhängen musste. Aber ein Festival ohne Massenkuscheln und schwitzige Körper wäre wahrscheinlich nur halb so geil. Außerdem war es verdammt nochmal ausverkauft. Alle die dort waren oder das Spektakel am Flimmerkasten mitverfolgt haben, wissen auch warum: Nachdem die Kassierer die Menge komplett zum Ausrasten brachte und Sondaschule mit Songs wie „Dumm aber glücklich“ und „Neue Welt“ nochmal ordentlich einen draufsetzten, war die Menge gewappnet für den ganz heißen Shit, die Headliner des Abends: Sum 41 und The Offspring. Glut und Asche schoss nur so empor, als Deryck Jason Whibley zu „In Too Deep“, „With Me“ und „Still Waiting“ einstimmte und das Publikum vor Freude nur so ausflippte. Nach gefühlten zehn Minuten und der viel zu schnellen Abfolge viel zu geiler Songs, waren die kanadischen Punk-Rock-Stars auch ebenso schnell wieder von der Bühne verschwunden, wie sie gekommen waren. Gewohnt fetzig, energisch und rotzig, wie wir es aus früheren Zeiten von ihnen gewohnt sind – aber leider viel zu kurz.
Nachdem The Offspring als kleines Warm-Up in der ersten halben Stunde einige Tracks ihres neuen Albums spielten, brachten sie die Hütte schließlich mit „You’re Gonna Go Far, Kid“, „Self Esteem“ und „The Kids Aren’t Alright“ komplett zum Einsturz. Als der letzte Ton pünktlich um 22:30 Uhr erklang, gab es ein kleines Abschlussfeuerwerk, bis die Hardcore-Ikonen von Agnostic Front in der Sputnikhalle schließlich einen krönenden Schlusspunkt der langersehnten Vainstream-Rückkehr setzten – zumindest vorerst. Denn das nächste Wochenende steht schon vor der Tür und Bands wie Broilers, Alligatoah, Fever 333 und Bullet For My Valentine scharren schon mit den Hufen.
Ob das zweite Wochenende so ein Fest wird wie das erste? Überzeugt euch selbst. Noch gibt es Restkarten für das Weekend Two. Aber so viel sei gesagt: Leicht wird es auf keinen Fall.
Fotocredit: Adina Scharfenberg