Nach einem echten Verwaltungskrimi gab es pünktlich zum Startschuss der World Club Dome Pool Sessions am Freitag das finale Go des Hessischen Verwaltungsgerichthofes aus Kassel. Damit war es offiziell: die World Club Dome Pool Sessions würden als erstes Festival ihrer Art nach mehr als anderthalb Jahren Pandemiepause mit 12.000 erwarteten Fans in Frankfurt stattfinden. Das erste Septemberwochenende vom 3.-5.9.2021 stand unter dem Motto #FightForCulture und wollte ein Zeichen für die gesamte Veranstaltungsbranche setzen.
Dank dem schier unermüdlichen Einsatz von CEO Bernd Breiter und seinem gesamten Team konnten die Tore zum Frankfurter Stadionbad am Freitag für Tausende Besucher*innen geöffnet werden. Diese strömten nach und nach auf das Gelände, welches normalerweise als Außenfläche des World Club Domes des Deutschen Bank Parks bekannt ist. Da die Fans auch dieses Jahr auf den größten Club der Welt verzichten mussten, stellen die Pool Sessions einen großen Trost dar. Unter dem bestmöglichen Wetter, welches man Anfang September hätte haben können, ging es auf vier Bühnen ohne großen Anlauf direkt zur Sache. Auf der Hauptbühne am Pool bedeutete dies für Felix Kröger, dass er mit als erster die Seifenblasenmaschine ausprobieren durfte, die tausende Seifenblasen in den Himmel wirbelte. Außerdem machten sich drei Stelzenläufer*innen im futuristischen Look bereit mit den Zuschauer*innen zu tanzen. Von der zweiten Bühne, dem Frankfurter Berg, wehten dröhnende Bässe herüber. Neugierig die anderen Settings zu erkunden, ging es im Einbahnstraßensystem an Essensständen vorbei zu den jeweils anderen Bühnen. Zu der frühen Zeit war auf der Forest Stage noch mehr Party auf der Bühne als davor, aber das sollte sich im Verlauf des Abends ändern. Zwar war der Bühnenplatz selbst immer noch komplett belegt, aber auch der Platz davor war ausgelastet. In zwei Käfigen links und rechts der Bühne heizten zwei Tänzerinnen die Stimmung zusätzlich an. Währenddessen gab es auf dem Frankfurter Berg und der Pool Stage gleich zwei Live-Highlights parallel zu bestaunen.
Auf dem kleineren Frankfurter Berg begeisterte der Niederländer Reinier Zonneveld sein Publikum mit einem atemberaubenden Live-Set. Pure Energie floss in Form von treibenden Bässen und gekonnt gesetzten Peaks durch die Menge, die sich tanzend und jubelnd bedankte. Besondere Euphorie setzten die Special Effects wie CO2- und Konfetti-Kanonen sowie Flammenwerfer frei. Nach so einer langen Zeit ohne richtiges Zusammenfeiern entstand das Gefühl eines gelungenen Befreiungsschlages, sowohl für DJ als auch Publikum. Mit dieser Menge an Endorphinen ging es zurück zur Mainstage zu Fritz Kalkbrenner, der ebenfalls ein exzellentes Techno-Set servierte. Dabei war allerdings festzustellen, dass Reinier deutlich mehr Gas gab und die Party auf dem Berg mehr ballerte. Nichtsdestotrotz durfte am Ende des 90-minütigen Sets von Fritz der Hit „Sky and Sand“ nicht fehlen, der mit 127 Wochen in den deutschen Charts der zweitlängste Vertreter nach „Last Christmas“ ist. Natürlich gab es auch diesen Song in der Technoversion zu hören. Hätten wir uns jedoch für einen der beiden Künstler entscheiden müssen, wäre unsere Wahl ganz klar auf Reinier gefallen. Zurück auf der Mainstage stand dann um 21 Uhr die offizielle Eröffnungsshow im Programm. Diese wurde von einem bedeutungsschwangeren Intro angekündigt und bot dann ein opulentes, wenngleich kurzes, Feuerwerk. Damit wurde die Bühne frei gemacht für Monika Kruse, die mit dem Headliner-Slot bis 23 Uhr die Party am Freitagabend zu Ende abfackelte.
Der zweite Tag startete für uns mit dem Sprung ins kühle Nass, was an dieser Stelle weniger literarisch gemeint sein soll, sondern tatsächlich eher eine Beschreibung, denn der Frankfurter Pool ist nicht dafür bekannt der wärmste zu sein. Aber wenn man ihn bei strahlendem Sonnenschein schon nutzen kann, tut man das gerne oder nahm die Gelegenheit wahr die neuste Bademode zu präsentieren. Untermalende Musik für die perfekte Poolparty lieferte die Mainstage mit Acts wie Theydream oder Deniz Bul. Aber was wäre ein WCD ohne LeShuuk? Richtig, kein WCD, daher durfte selbstverständlich sein Techno-Set unter seinem bürgerlichen Namen Torben Berger nicht fehlen. Weiter ging es für uns mit einem Besuch der Open Deck Stage, die uns bei der ersten Erkundungstour am vorherigen Tag verborgen blieb. Denn die Bühne war lediglich über die sogenannte „Green Mile“ zu erreichen, bei welcher man sich fragte, ob es sich wortwörtlich um eine Meile handelte. Nach einem etwa 10-minütigen Spaziergang über einen von Bäumen umsäumten Waldweg, der jedoch mit etwas fehlplatziert wirkenden Lautsprechern und Tiergeräuschen versehen war, erreichte man die Open Deck Stage. Auf dieser hatten Newcomer die Chance sich für einen sechzigminütigen Slot einzutragen und Teil des World Club Domes zu werden. Die Idee an sich war wirklich gut gemeint, aber die Umsetzung mit dem relativ langen und versteckten Laufweg weit ab des Kernbereiches war etwas enttäuschend und wurde den aufstrebenden Künstler*innen nicht ganz gerecht.
Als wir nach diesem Abstecher, und nach erneuter Einlasskontrolle, wieder beim Frankfurter Berg ankamen, war gerade Anna Reusch im vollen Gange. Die DJane heizte den Leuten ordentlich ein und provozierte somit ein „heyho“ seitens des Publikums. Dass die Party laut Timetable schon längst beendet sein sollte, störte die begeisterten Zuschauer*innen recht wenig und so wurde zu den heißesten Technobeats weiter gestampft. Als dann die verzögerte Übergabe an Wolfgang Flür erfolgte, lichtete sich das Partyfeld und nur echte Kenner*innen der Szene blieben ehrfürchtig stehen. Denn es bahnte sich eine kleine Sensation an, da es sich bei dem „Musiksoldaten“ um ein Ex-Mitglied von Kraftwerk handelte. Die Band, die 1970 gegründet wurde, gilt als wichtigste Mitbegründer der elektronischen Düsseldorfer Schule und hat die Anfänge der Szene in Deutschland wesentlich mitgeprägt. Wolfgang Flür saß von 1972-1987 am elektronischen Schlagzeug und zeigte bei den Pool Sessions sein perfektionistisches Können an den Turntables. Diese Qualitäten wussten leider nicht so viele Feierwütigen wie bei Anna zuvor zu schätzen und die dagewesene Stimmung stellte sich nicht gänzlich wieder ein.
Somit ging es zurück an den Pool, in dem sich währenddessen eine Art Tanzkreis gefunden hatte. Mehr als 30 Leute haben sich in einem großen Kreis mit Abständen aufgestellt und miteinander getanzt. Es gab einige Taktgeber, die einen bestimmten Move vorgaben, der von allen anderen wiederholt durchgeführt wurde. Sowohl die Menschen im Tanzkreis selbst als auch die Umsitzenden hatten sichtlich ihren Spaß. Diese Möglichkeit der Interaktion verdankten wir einem Team, das nie aufhörte, an sich selbst und die Sache zu glauben. Selbstverständlich fehlte nicht nur das ausgelassene Feiern 598 Tage lang seit der World Club Dome Winter Edition, sondern vor allem diese spontanen Aktionen, die so viel Zusammenhalt förderten. Mit absolut bester Feierlaune ging es also in den Abend, für den vor allem Boris Brejcha im Programm stand. Der Act wurde erneut mit einem massiven Feuerwerk eingeleitet und zerstörte standesgemäß den Headlinerslot.
Am Sonntag gab es einen Wechsel im Hosting des Frankfurter Berges: The Masquerade by Claptone übernahm das Steuer. In diesem Sinne featured die Stage ihre Artist*innen wie Claptone selbst oder Catz’n Dogz. Damit ließen sie niemanden stillstehen und auch auf der Poolstage sorgten Nina Kraviz und Sven Väth für feinsten Techno unter den besten Wetterkonditionen. So etwas Schönes haben wir lange nicht gesehen. Damit konnte auch am Sonntag noch einmal ausgelassen unter Beachtung der Sicherheitsvorkehrungen gefeiert werden.
Am Ende bleibt ein Blick abseits der begeisterten Fans, die jede*r für sich einen schönen Tag oder ein schönes erstes Festival-Wochenende fern ab vom Lockdown-Blues genossen. In drei Tagen besuchten unglaubliche 25.000 Leute die Pool Sessions. Die Impfquote lag dabei bei ungefähr 90%, was sich mehr als sehen lassen konnte und auch den Leiter des Frankfurter Gesundheitsamtes überzeugte. Bei der großen Closing Show am Sonntag wurde zudem die nächste Ausgabe des BigCityBeats WCD Winter Edition am 7./.8./9. Januar 2022 angekündigt. Mit dem überragenden Erfolg des Wochenendes schaue man optimistisch in die Zukunft. Dabei kann man sich aber sicher sein, dass alle Beteiligten bis Januar von dieser außergewöhnlich positiven Erfahrung zehren werden.
Fotocredit: Kevin Randy Emmers