Mit „SUPERVIVENXIA“ veröffentlicht Baby Volcano ihre zweite EP – und gleichzeitig ein kraftvolles Manifest zwischen Überleben und Über-Leben. Die Künstlerin, die spätestens seit ihrer ersten EP „Síndrome Premenstrual“ (2021) einen bleibenden Eindruck in der alternativen Musikszene hinterlassen hat, hebt ihre Vision 2025 auf ein neues, deutlich komplexeres Niveau.
Wo „Síndrome Premenstrual“ roh, unangepasst und vor allem impulsiv wirkte – fast wie ein musikalischer Befreiungsschlag –, zeigt sich „SUPERVIVENXIA„ durchdachter, aber keineswegs gezähmt. Die neuen Stücke atmen eine künstlerische Reife, die sich nicht in Hochglanzproduktion oder perfekter Struktur ausdrückt, sondern in der entschiedenen Klarheit, mit der Baby Volcano ihren Sound gefunden hat. Diese EP klingt nicht, als wolle sie gefallen – sie will vielmehr existieren, ein Raum sein, in dem sich Emotion, Schmerz, Wut und Hoffnung auf Augenhöhe begegnen.
Musikalisch bleibt sie sich treu: Ihre Mischung aus Hybrid-Pop, experimentellem Reggaeton und lateinamerikanischen Klangwelten wird hier noch verspielter, mutiger – und manchmal auch sperriger. Doch genau das macht die Stärke dieser Veröffentlichung aus.
Im direkten Vergleich zu ihrem Debüt wirkt dieses Werk wie eine Reaktion auf die letzten Jahre – persönlicher, intimer und zugleich universeller. Die Texte sind nicht mehr bloß Ausdruck innerer Zustände, sondern wirken wie eine Antwort auf eine Welt, die ständig zwischen Kollaps und Neuanfang schwankt. Der Unterschied zur ersten EP ist also nicht nur klanglich, sondern auch inhaltlich spürbar: Während „Síndrome Premenstrual“ wie ein Tagebuch anfühlte, ist „SUPERVIVENXIA“ ein Manifest.
Auch wenn ihr früheres Werk bereits Potenzial zeigte, war es rückblickend eher ein tastender Anfang. „SUPERVIVENXIA“ hingegen klingt wie eine Künstlerin, die sich ihrer selbst sicher ist, ohne den Drang verloren zu haben, weiter zu erforschen. Baby Volcano ist gewachsen – als Musikerin, Produzentin und Performerin – und dieses Album ist das Ergebnis eines Reifeprozesses, der weder glatt noch geradlinig war. In einer Zeit, in der viele Acts versuchen, auf Trends aufzuspringen, bleibt Baby Volcano bemerkenswert eigenständig. Ihr Sound bleibt schwer greifbar, emotional aufgeladen und vollkommen kompromisslos.
Fazit: Mit „SUPERVIVENXIA“ gelingt Baby Volcano eine künstlerisch dichte, intensive und mutige EP, die sowohl als Weiterentwicklung als auch als eigenständiges Statement funktioniert. Wer den rohen Charme des Debüts mochte, wird hier überrascht – und vielleicht auch überwältigt – sein. Aber genau darin liegt der Zauber: Diese Musik will nicht nur gehört, sondern gespürt werden.
Fotocredit: Augustin Rebetez