Hinter dem Duo August August stecken die Hamburgerin Kathrin Ost und der Berliner David Hirst. Den Bandnamen haben sie der Folge „Der Fluch des Rubins“ der „Die drei ???“ entliehen. August August dort ein Typ, der temporär dabei ist und die Lage aus der Distanz betrachtet. Am 25.02.2022 erschien das zweite Album „Liebe in Zeiten des Neoliberalismus“.
Der Titel „Liebe in Zeiten des Neoliberalismus“ geht nicht ganz so flüssig von der Hand und erscheint im ersten Moment eher wie der Titel einer Studie oder etwas dergleichen. Stattdessen verbirgt sich dahinter gute, kluge deutsche Indie Musik. Kernthematik bei „Liebe in Zeiten des Neoliberalismus“ ist der Versuch die Fragen „Wie prägt das Politische unsere privaten Beziehungen? Warum bestimmt immer die Mehrheit, was als normal gilt? Und wohin mit der Wut, Trauer und Ohnmacht angesichts all der Schieflagen in unserer Gesellschaft?“ zu beantworten.
Der Opener „Wahnsinn“ startet mit einem verträumt und zeitgleich hypnotischen Sound und behandelt die Frage nach der mentalen Gesundheit in einem kranken System. Der Song war neben „Deine Freunde“ (zu dem Song gibt es ebenfalls eine wirklich grandiose Akustikversion), „Kaputt + Kein Hunger“, „Man kann sich nicht lieben wenn man kein Geld hat“, „Die Katze weiß wann sie verloren hat“ eine Singleauskopplung. Musikalisch treten August August ein Stück weit das „Erbe“ von Wir sind Helden an und erinnern mich ebenfalls ein Stück weit an Karpatenhund. Dennoch haben August August ihren eigenen Stil gefunden und sind keinesfalls eine Kopie anderer deutschen Indie-Pop-Rock Bands. Meine Favoriten auf diesem Album sind „Deine Freunde“, „Bild von uns beiden“, „Ich wundere mich nur (mon amour)“ und „Ohne Titel (Wolken)“, da mich diese Songs im „Gesamtpaket“ am meisten berührt haben.
„Liebe in Zeiten des Neoliberalismus“ ist klug geschrieben und verzichtet auf überladene Arrangements. Es ist herrlich aufregend unaufgeregt und zeigt, dass man wichtige Themen immer noch aus einer neuen Perspektive betrachten und behandeln kann. Es klingt auf einer Seite vertraut, da die musikalischen Einflüsse von Fink, Oasis, Nirvana oder den Smashing Pumkins spürbar sind, aber dennoch frisch und neu. Textlich ist das Album auch hervorragend gelungen – man entdeckt bei jedem erneuten Hören noch eine Nuance zwischen den Zeilen oder die Bedeutung ist in der eignen Wahrnehmung ganz anders. Inwieweit die oben genannten Fragen beantwortet wurden oder ob mehr Fragen entstanden sind, ist der Interpretation des Zuhörenden überlassen. Es regt zum Nachdenken an und die Antworten fallen für jeden Zuhörenden individuell aus. Im Gesamtkonzept ist das Album gut gelungen und ich bin gespannt was von August August in der Zukunft noch musikalisch folgt. Eine Weiterentwicklung im Vergleich mit dem Debütalbum „Sag Du“ ist definitiv gegeben und lässt auf weitere, spannende Songs und Alben hoffen.
Trackliste
Wahnsinn
Phase
Deine Freunde
Kaputt + kein Hunger
Δ Gips
Bild von uns beiden
Δ Dolch
Ich wundere mich nur (mon amour)
Man kann sich nicht lieben wenn man kein Geld hat
Die Katze weiß wann sie verloren hat
CODA
Ohne Titel (Wolken)
Fotocredit: Tim Holskey