Der Titel klingt ein bisschen, wie wir uns 2020 gefühlt haben. Tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um den Namen des neuen ZSK-Albums, welches am 15. Januar 2021 erscheinen wird. Sänger Joshi verrät unseren Redakteuren Kevin und Jacky im Interview, dass der Titel bereits vor der ganzen Corona-Dramatik feststand und außerdem, wie er Punk-Musik als Hoffnung begreift. Eine Hoffnung, die genauso dafür kämpft, dass „Danach“ und „Davor“ das gleiche bedeuten wird, als auch Christian Drostens gewidmeten Corona-Song feiert. Und ganz wichtig, dass Joshi daran glaubt, dass es wieder Konzerte mit allem, was dazugehört, geben wird.
Frontstage Magazine: Hallo ZSK, wir hoffen, dass es Euch gut geht! Wie verbringt Ihr aktuell die Zeit im Lockdown Light?
Joshi: Alles gut bei uns. Wir versuchen positiv zu bleiben und freuen uns wahnsinnig auf das Albumrelease am 15. Januar. Wir haben gerade die letzten zwei Videoclips für die Singles fertig gedreht und hängen natürlich viel am Telefon, um Interviews zu geben und Meetings mit Plattenfirma und Promoagentur zu koordinieren.
Frontstage Magazine: Das klingt ja genauso geschäftig wie im Sommer als Ihr alle Hände voll zu tun hattet, als Ihr, man kann schon fast sagen aus Versehen, einen Internet-Hit „Ich habe Besseres zu tun“ über Christian Drosten gelandet habt. Wie habt Ihr den Sommer erlebt und wie ist es für Euch gerade wieder in einem Verbot zu leben?
Joshi: Alles um diesen Song war für uns einfach nur verrückt. Das Lied sollte ein netter Scherz sein und plötzlich flippen alle aus. Das hat uns gleichermaßen überrascht und gefreut. Plötzlich hat jede Zeitung über uns geschrieben, alle wichtigen Radios spielten den Song und Prosieben und RTL haben Kamerateams geschickt, um uns zu interviewen. Hahahaha. Wer hätte das gedacht? Die kleine Punkband aus Kreuzberg plötzlich in den Abendnachrichten.
Der erneute Lockdown ändert für uns jetzt aber recht wenig. Wir waren die ganze Zeit über sehr vorsichtig und haben kaum Leute getroffen und Konzerte gibt es ja sowieso nicht.
Frontstage Magazine: Dass Corona sowie die Meinungen zu der Pandemie nach wie vor polarisieren zeigen aktuell wieder Großdemos in mehreren deutschen Städten. Könnt Ihr nachvollziehen, was da gerade gesellschaftlich geschieht? In einem Interview im Sommer habt Ihr gesagt, dass die ganzen Corona-Leugner und Attila-Hildmann Fans Euch fast noch lustigere Hassmails schreiben würden als die Nazis.
Joshi: Die Gefahr durch Covid19 ist für die meisten Menschen recht abstrakt. Das macht für Verschwörungsmythen empfänglich, weil sie diesen komplexen Sachverhalt vereinfachen. Daher kriegt dieses Milieu gerade massiven Zulauf.
Man muss das aber auch in Relation setzen. Wenn man die Umfragen anschaut, haben die allermeisten Menschen die Gefahr durch das Virus gut verstanden und halten die derzeitigen Einschränkungen für richtig. Die Coronaleugner kriegen nur enorme mediale Öffentlichkeit. Also eine kleine Gruppe, die sehr laut schreit. Und ja, die Mails und Briefe von den Reichsbürgern, Coronaleugnern und Hildmann-Fans sind super absurd. Das meiste ist extrem amüsant. Die schicken auch immer gleich 20 Youtubelinks mit. Aber wenn man dann wiederum sieht, dass die Attentäter von Hanau und Halle aus genau diesem Milieu stammen und sich in solchen Verschwörungs-Foren im Netz radikalisiert haben, ist das plötzlich nicht mehr so witzig.
Frontstage Magazine: Keineswegs, von unserer Seite hoffen wir einfach, dass wir alle die Pandemie gesund überstehen und dass es nach dieser Krise noch Kulturschaffende und eine dazugehörige Branche geben wird. Könnt Ihr eine Prognose abgeben, wie dieses „Danach“ aussehen könnte?
Joshi: Wir Kulturschaffenden wurden von der Pandemie wirklich schwer getroffen. Alles echt ein Mist. Wir haben große Sorge, dass viele Klubs dichtmachen werden, je länger das noch geht. Das „Danach“ ist hoffentlich am Ende das „Davor“. Also wieder ganz normale Konzerte mit Stagediven, Moshpit und sich in den Armen liegen. Da glaube ich ganz fest dran!
Frontstage Magazine: Hoffentlich! Bis dahin startet Ihr am 15. Januar mit Eurem neuen Album „Ende der Welt“ in das nächste Jahr. Letzte Woche habt Ihr mit dem Song „Mach’s gut“ auf die kommende Platte eingestimmt. Das Lied ist in Kooperation mit 100 Kilo Herz entstanden. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Joshi: Das ist ja so eine tanzbare Ska-Punk-Nummer und wir brauchten unbedingt noch Bläser. Dann haben wir während der Aufnahmen kurz den Jungs geschrieben und gefragt, ob sie uns da aushelfen können. Ein paar Tage später waren die fertigen Tracks bei uns. Wegen Corona konnten wir 100 Kilo Herz leider nicht nach Hannover ins Studio holen. Sie haben ihre Aufnahmen dann einfach bei sich im Proberaum gemacht. Ganz tolle Leute. Hoffentlich klappt es 2021 mal mit einem gemeinsamen Konzert.
Frontstage Magazine: Was ist die Massage des Songs und was hat es mit dem Kinderchor auf sich?
Joshi: Da geht es um diese spießige Vorstadt-Idylle mit Kleingärtnern und Doppelhaushälften. So ein Käfig, aus dem man einfach ausbrechen muss und sich für immer von dem Scheiß verabschiedet.
Frontstage Magazine: Und um noch einmal ganz kurz auf den Titel „Ende der Welt“ zurückzukommen, der zwölf Lieder unter sich einen wird: Ist der von Corona inspiriert oder wie dürfen wir das Weltuntergangsmotto verstehen?
Joshi: Nein, gar nicht. Der Titel stand schon lange vorher. Wir haben dann aber kurz überlegt, ob wir den noch ändern sollten, damit das nicht zynisch wirkt. Am Ende sind wir dabeigeblieben. Es geht bei „Ende der Welt“ darum, dass wir oft das Gefühl haben, dass die ganze Welt gerade abkackt und so vieles zerstört wird, was uns wichtig ist. Immer wenn man an der Welt verzweifelt, sollte man sich aber klarmachen, wie viele großartige Dinge gerade passieren und wie viele Menschen sich jeden Tag für Veränderungen engagieren. Fortschritt wird historisch gesehen immer erkämpft. Man kriegt nie etwas geschenkt. Und deshalb freuen wir uns über Bewegungen wie Fridays for Future, Ende Gelände, Black Lives Matter oder auch klassische Antifa-Arbeit.
Frontstage Magazine: Abgesehen von einer kurzen Bandpause gibt es Euch bereits seit 23 Jahren. Zum Vergleich: Als Ihr Euch 1997 gegründet habt wurde Tony Blair englischer Premierminister und Lady Di ist gestorben. Seitdem erleben wir Zeiten, in denen nicht nur musikalisch viel passiert ist. Seid Ihr im Herzen immer noch die gleichen Jungs von damals oder könnt Ihr bei Euch selbst eine Charakterentwicklung feststellen?
Joshi: Klar, wir haben uns sicherlich alle irgendwie verändert, aber das was uns als Band ausmacht, diese Liebe zu Punkrock und allem was dazu gehört, daran hat sich nie etwas geändert. Mit dieser Musik sind wir groß geworden. Die ersten Punkplatten waren für uns die Eintrittskarte in diese verrückte Welt, ohne die wir heute nicht die Menschen wären, die wir geworden sind. Dass wir heute immer noch gemeinsam auf Tour gehen können und so viele Leute unsere Musik mögen, ist doch großartig. Ich bin dafür jeden Tag dankbar.
Frontstage Magazine: Unsere letzte Frage darf immer gerne etwas weniger mit der Musik zu tun haben. Was steht ganz oben auf Eurer Bucket List, wenn alles wieder erlaubt ist?
Joshi: Ohne Ende Konzerte spielen. Das fehlt uns so wahnsinnig!
Und unbedingt die Japan-Tour nachholen, die im März ausfallen musste.
Frontstage Magazine: Vielen Dank für die Zeit und das Interview. Wir wünschen Euch viel Erfolg mit dem neuen Album und auf ein besseres nächstes Jahr!
Joshi: Bleibt gesund!
Livetermine ZSK 2021
15.01.2021 Leipzig Täubchenthal
16.01.2021 München Backstage
05.03.2021 Karlsruhe Substage
06.03.2021 Kaiserslautern Kammgarn
26.03.2021 Kiel Die Pumpe
27.03.2021 Bremen Alter Schlachthof
10.04.2021 Hamburg Grosse Freiheit 36
16.04.2021 Wiesbaden Schlachthof Wiesbaden
17.04.2021 Rostock MAU Club
23.04.2021 Hannover Faust
24.04.2021 Düsseldorf zakk Düsseldorf
07.05.2021 Berlin SO36
08.05.2021 Berlin SO36
Fotocredit: Matthias Zickrow