Friend of a Friend spielen genau jene Musik, die ich gerne als Kopfhörermusik bezeichne. Songs die einen nicht sofort gefangen nehmen, aber die man sich lohnend erarbeiten kann. Und wenn man sich dann durch die ersten Synthflächen geschält hat, kann man in die emotionale Tiefe des Albums eintauchen.
Claire Molek und Jason Savsani haben ihr drittes Album in einem alten viktorianischen Anwesen aufgenommen, das eigentlich nur Rückzugsort sein sollte – dann aber zum Mitspieler wurde. Das Ergebnis ist ein visueller Sound, der getrost mit Referenzen wie TV on the Radio, Future Islands, The XX und nicht zuletzt M83 um sich werfen kann. Die letztgenannte Referenz ist beileibe kein Zufall, denn mit Produzent Jordan Lawler findet sich eine direkte Verbindung zum Elektrosound von M83, welcher ebenfalls in der Welt der Soundtracks sein zuhause gefunden hat.
Und genau hier ist die Besonderheit des Albums zu finden, seine ganz besondere Atmosphäre, die einem den Eindruck vermittelt, man hört hier gerade einen Soundtrack. Zu Beginn punktet man in „Oasis” mit einem zackigen Riff, welches einen direkt einnimmt. Gefolgt vom ausgetüftelten Track „Anna”, der mit seinen überbordenden Soundideen im Schlussteil an das Lana Del Rey Meisterwerk „Venice Beach” erinnert. In diesem Fahrwasser bewegt sich auch „FTV” und die choralen Anleihen von „Gloria” lassen einen ebenfalls aufhorchen.
Kein Track wirkt beliebig. Alles hat seinen Platz. Jeder Ton. Jede Stille. Besonders in „Mama”, einem Song so zart und still, dass man ihn fast überhört – bis man ihn nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
Und dann ist da der Titeltrack „Desire”. Ein Song wie ein Blick in den Spiegel in einem halbdunklen Raum. „Do you think you’re ready? Do you know you’re mine?“ – Fragen, die sich nicht an jemand anderen richten, sondern direkt an dich. An dein Innerstes. Die Synths kreisen wie Erinnerungen, die du zu lange nicht sortiert hast.
Und ja, „Desire!” hat Ecken. Nicht jeder Song trifft mit gleicher Wucht. Aber das stört nicht. Im Gegenteil: Es macht das Album nur noch interessanter.
Review von Marc Erbrügger
Fotocredit: Offizielles Pressefoto