Die H-Blockx sind zurück auf Tour. Auf ihrer „Time To Move Anniversary Tour 2024“ haben die legendären Westfalen auch in Köln vorbeigeschaut. Die Live Music Hall in Ehrenfeld ist ausverkauft. 1500 Fans sind voll gespannter Vorfreude auf die Bekannte Crossover Band, deren Hits wohl jeder irgendwie kennt. Das Publikum ist definitiv zum allergrößten Teil den 20er entwachsen und man sieht, dass Hits wie „Ring of Fire“ schon ein gewisses Alter haben.
Kurz bevor Georg auf Lieder den musikalischen Teil des Abends einläutet, ist es im inneren der Location schon gut gefüllt. Die Live Music Hall ist ausverkauft. So tummeln sich schon viele Menschen vor der Bühne, als der Support Act die Bühne betritt. Ein einziger Mann, mit Gitarre um den Hals, mit Hawaii Hemd bekleidet und freudigen – und
doch auch etwas nervösem Lächeln betritt die Bühne.
Ein Backdrop gibt es nicht. Eine Art Fahne steht gleich neben ihm. Selbstgebastelt. Mit dickem, schwarzem Gaffer beklebt steht dort einfach „Georg auf Lieder“. Ich kann nicht einschätzen, ob jemand aus dem Publikum weiß, was ihn musikalisch erwarten wird. Ich hatte keine Ahnung. Und werde positiv überrascht. Ganz anders als von anderen musikalischen Acts gewohnt, startet, der mit bürgerlichen Namen heißende Richard Georg Wolf, nicht damit das erste Lied raus zu schmettern, sondern begrüßt das Publikum mit Witz zu Charme. Es möchte behaupten, dass der
Beginn des ersten Liedes als Zeitraum schon ausreichend gewesen ist, um die Fans der H-Blockxs auf seine Seite zu holen.
Mit viel Witz und Humor zieht Georg auf Lieder nicht nur die Sympathien und Lacher auf seine Seite und kündigt ebenso seine Songs an, sondern verpackt auch die Geschichten hinter seinen Songs mit Humor. Dies widerzugeben wäre gar nicht möglich. Es selbst einmal zu erleben könnte erstrebenswert sein. So erwähnt er ganz nebenbei, wie erwähnt,
lustig verpackt, dass er in letzter Zeit 60kg abnehmen konnte und leitet so in sein erstes Lied „Schwer in Ordnung“ ein. Die Fans der H-Blockx singen sofort mit. Immer wieder höre ich sie über die Songtexte lachen. Sie haben sichtlich Freude.
Georg auf Lieder, der halb Inker – nicht Imker – ist, weil seine Mutter aus Bolivien stammt, teilt eine seiner Geschäftsideen freizügig mit dem Publikum. „Kennt ihr es, wenn man lange krank ist, viel im Bett liegt und auf dumme Ideen kommt?!“ So jedenfalls entstand der Song „Goodbye Hamsterrad“. Ich erwähne kurz: in dem Lied geht es unter anderem um Schnee ;o) Um den Bogen nach Bolivien und diese Anekdote zu schlagen. Die Strophen sind witzig und voller Humor, die Refrains umso eingängiger. Es wird mitgesungen und Georg auf Lieder fordert fröhlich auf „Und jetzt mal nur die Arbeitslosen!“. Unter lachen erwiedert ehr auf reichlich vielstimmiges mitsingen „Krass! Die
H-Blockx haben nur Arbeitslose Fans!“.
Auch der erste Song den er je auf Deutsch geschrieben hat findet einen Platz in der Setliste. Er schrieb ihn für seine damalige Freundin. Diese fand sich ganz hässlich, er sie jedoch immer schön. Wie man darauf einen amüsanten Mitsing-Song hinbekommt?!? Ich weiß es nicht. Georg auf Lieder schafft es jedenfalls. Die Anekdoten zu den einzelnen Liedern sind lang. Man sollte es einfach einmal erleben. Jedenfalls wird „Hähnchen Tag“ allen Menschen gewidmet, die wunderschön sind, es aber selber nicht sehen.
Es gibt viel zu lachen und Georg auf Lieder hat die Sympathien das gesamte kurze Set hindurch auf seiner Seite. Und so kommt er nach ca 25 Minuten schon zum letzten Lied seines Auftritts. „Ich muss jetzt leider zu meinen letzten Song kommen.“ Ein bedauerliches Raunen geht durch das Publikum. „Mehr Schweiß kann die Bühne leider nicht mehr tragen. Auch wenn ich gut abgenommen habe“. Selten habe ich jemanden reden gehört, der so schlagfertig ist und aus allem, was es zu sagen gilt, einen Witz formen kann. „Ich stelle mich jetzt an den Merch. Aber vorher mache ich noch ein Video mit euch. Das schicke ich regelmäßig meiner Mama, weil ich ihr zeige, was ich erreicht habe, obwohl ich mit 17 die Schule abgebrochen habe.“ Dies tat er mit 17 Jahren tatsächlich, um bei einer Punkband einzutreten. Gestartet wird „Tarzan und Jane“ jedoch nicht ohne Appell: „An alle minderjährigen: Brecht die Schule ab! Das lohnt sich!“ So viele Minderjährige sind wohl nicht vor Ort, aber es zu erwähnen, kann ja dennoch nicht schaden. Zum Ende gibt es noch ein rasantes Gitarrensolo, das mit „Atemlos“ durch die Nacht – minimalistisch kurz – abgeschlossen wird. Georg auf Lieder verabschiedet sich noch mit ganz offensichtlicher Freude und Zufridenheit über diesen großartigen Gig vom Publikum, jedoch nicht ohne zu erwähnen, dass er auch auf Hochzeiten und Nacktpartys spielt. Na dann, Leute. Ran an den Speck! das ist eure Gelegenheit!
Es verspricht eine kurze Umbaupause zu werden. Augenscheinlich gibt es nicht so sehr viel, was umgebaut werden müsste. So wirkt die Umbaupause letztendlich doch länger als erwartet, bis Nebel, gepaart mit Nebel und Nebel die Bühne einhüllt. Aus den Boxen erklingt Queen mit „Radio Gagga“ und dann geht es nach schlanken 20 Minuten mit
„Countdown to Insanity“ endlich los. Voller Energie stürmen die Westfalen auf die Bühne. Ein Blick in die erste Reihe verrät: diese Band gibt es wahrlich bereits seit 1990. „Der Abend funktioniert nur, wenn wir zusammen arbeiten. Ich brauche euch als Publikum!“, richtet sich Sänger und Gründungsmitglied Henning Wehland an seine Fans
und animiert sie bei „Step Back“ ordentlich mitzumachen.
Es dauert, von der Seite betrachtet, jedoch einen Moment des Warm-Werdens. Entgegen der Band, die sofort präsent ist und alles gibt, nehmen sich die Fans einen kleinen Moment des Ankommens. Der folgende, durchaus komplexe Songtext von „Can“ get enough“ wird mit „Däp Däp dä dä dä däp däp“ sicherheitshalber nochmal in Erinnerung gerufen. Man kann ja schließlich nie wissen. Auch wenn Henning befindet „Einfach kann man schaffen.“ Und sie schaffen es. War nicht anders zu erwarten. Meine ich. Spätestens bei „How do you feel“ nimmt das Publikum deutlich an Bewegung zu. Ebenso
scheint es einen Zusammenhang zwischen Bewegung des Publikums und Jubel zu geben. Die älteren Knochen und Stimmbänder sind warm gelaufen und bringen so langsam das Gefühl der Jugend zurück in den Körper. (Bis zum nächsten Morgen ) „Take me Home“, kühlt die Menge wieder etwas runter. Es wird ruhiger. Das Licht wird rot.
Nach ständigen hellem, weißen Licht, ein Zeichen zum durchatmen und verschnaufen.
Applaus gibt es reichlich. Auch die sanften Töne sind willkommen. Es bleibt jedoch nur diesen Moment so. Die Band ist kurz von der Bühne gegangen, die Fans sind gespannt wie es weiter geht. Mit bunten Brillen, Latzhosen und großen Hüten bekleidet betreten sie wieder die Bühne – und haben sich vermehrt. Der vermeintliche Gastsänger ist jedoch kein wirklicher Gastsänger, sonder der ehemalige Sänger Dave Gappa, der von 1999-2000 und dann wieder von 2003-2005 Teil der H-Blockx gewesen ist. Der Stile gefällt mir. Ein vollkommen anderes Bild auf der Bühne. Ein Gorilla gesellt
sich auch dazu und die Fans haben deutlich Freude. Eine Medley folgt, gespickt mit „Fly, Go Freaky, Real Love, Do what you wanna do und H-Blockx.“ „Der nächste Song geht auf vier los. Könnt ihr mit uns springen?“ „Move“ Klar können sie! Und wie! Langsam werden die richtigen Hits und Klassiker auf’s Parkett gelegt und auch mir bewusst, dass ich scheinabr doch keine 20 mehr bin…….
„30 Jahre time to move und ihr seid immer noch da! What the fuck?!“ Sichtlich gerührt bemerkt Henning, dass Das Album „Time To Move“ bereits 1993 aufgenommen wurde. „Move“hat nun auch die letzten aufgeweckt und die Party ist auf ihrem Höhepunkt angelangt, wo sie sich noch eine Weile halten wird. „Wir hätten es uns in den Künsten träumen nicht ausgemalt, dass wir 30 Jahre später hier noch immer stehen, in einer ausverkauften Live Music Hall“. „Revolution“ wird mit eifrig wummernden Bass eingeleitet und ich entdecke vor mir einen Junge, ca 10 Jahre alt. Immer gut zu sehen, dass der Nachwuchs gesichert ist.
Zurück in der ursprünglichen Klamotte auf der Bühne, geht die Party dann weiter. Dave Gappa ist nach wie vor dabei und unterstützt Henning Wehland. Währenddessen wird die Luft in der Live Music Hall allmählich doch deutlich knapper. Das Springen, Singen, Tanzen breitet seine Spuren aus. „Little Girl“ kennt und kann jeder mitsingen. Ein Klassiker, den wohl auch jeder – auch wenn er kein Fan ist – aus seinen Jugendtagen kennen dürfte. „Das wir eine geile Zeit haben, müssen wir euch glaube ich nicht erklären. Vielleicht gibt es jemanden, der jenseits der vierzig ist!?“ Lautes Lachen ist durch die Location hinweg zu hören. „Alle!“ „Über fünfzig!“ kommen die Kommentare aus dem Publikum.
„Heute ist ein Song dabei, der eine Geschichte erzählt, das kommt bei den ganzen Singles nicht so häufig vor.“ „If it was yesterday“ – der Song wird gefühlt. Ganz eindeutig. Nicht nur von der Band, sondern auch von den Fans. „Das ist so geil! Ich liebe Aufmerksamkeit und heute bekomme ich wirklich viel davon.“ Es folgen „Leave me alone“ und „Gazoline“, bevor auf einen vermeintlich neuen Hit aufmerksam gemacht wird. „Am 8.11. könnt ihr es sehen, heute könnt ihr es schon hören. Wir haben ein neues Lied gemacht. Ich würde sagen, dass es das beste nach der Move-Triologie ist.“ Das verspricht ein echt fetter Song zu werden. Dieser groß angekündigte Song heißt „Fallout“. Ob er wirklich so gut ist wie Move… lass dich überraschen und schau am 8.11. besser selbst in das neue Video von den H-Blockx.
Nach „Time Of my life“ kommt der nächste super Kracher „Risin High“. Dave ist zurück auf der Bühne. Und der Pogo in der Mitte der Live Music Hall kommt nicht mehr zu Stillstand. Der gute, alte Pogo. Gigantischer Jubel. Eine riesige Freude für die Fans, diese Lieder live erleben zu können. Zu „Come along with you“ wird es nochmal ruhig, bevor „The power“ das vorläufige Ende einleitet. Die Reihen lichten sich auch ganz allmählich. Um mich herum bekomme ich mittlerweile einen regelrechten Tanzbereich zur Verfügung gestellt.
„Vielen Dank Köln! Das werden wir euch nie vergessen! Bis nächstes Mal!“ Die H-Blockx verlassen kurz die Bühne und die Zugabe-Rufe erklingen in der stickigen Halle. Pfeifen, Jubel, Klatschen und die vier Westfalen kommen mit „Ring of Fire“ zurück auf die Bühne. „Ohne Scheiß. Das hätte mir keiner geglaubt, wenn ich das erfunden hätte.“ Henning bekommt eine 4000€ Gitarre von Dave – dem Guitartech – in die Hand gedrückt, dem „besten Gitarristen im Tourbus“, wie Henning erwähnt. Das glaube ich ihm gerne, handelt es sich bei besagtem Dave immerhin um einen der Gitarristen der Band Long Distance Calling. Ohne dass Tim „Tinte“ Humpe, Stephan „Gudze“ Hinz und Steffen Wilmking auf der Bühne sind, spielt Henning sacht die Seite und singt dazu „Ring of Fire“. So bedächtig kann es jedoch nicht enden, und bald greifen alle nochmals zu ihren Instrumenten, Dave zum Mikro und gemeinsam wird für diesen Abend eine letzte Runde gerockt.
„Es war eine großartige Zeit, die wir heute mit euch erleben durften. Wir haben Blut geleckt, kommen wieder und der Ring Of Fire wird immer größer!“ Ein würdiger Abschluss für ein grandioses Konzert und einen Abstecher in (nicht nur meine) Jugend. Danke, liebe H-Blockx, ihr habt richtig gerockt.
Fotocredit & Review: Sarah Fleischer