Mit „Heaven Can Wait„, ihrem vierten Studioalbum, wagt Trash Boat aus St Albans erneut den Sprung in die obere Liga der alternativen Rockszene. Nach dem Erfolg von „Don’t You Feel Amazing?“ (2021), das den Sound der Band vielseitiger und experimenteller werden ließ, stellt sich die Frage, ob das Quintett um Frontmann Tobi Duncan diese Entwicklung sinnvoll weiterführt oder sich in der Suche nach Identität verliert.
Trash Boat haben sich mit „Heaven Can Wait“ nicht für den leichten Weg entschieden. Es ist ein Album voller Widersprüche, die sich sowohl musikalisch als auch thematisch zeigen. Das gesamte Werk ist ein Kampf gegen eine chaotische, ungerechte Welt, eine persönliche Auseinandersetzung mit inneren Dämonen und zugleich ein aggressiver Schrei gegen äußere Umstände. Duncan beschreibt das Album treffend als „chaotisch„, ein Gefühl, das in jedem Moment durchscheint – mal laut, mal leise, aber immer präsent.
Im Vergleich zu den früheren Werken der Band, wie ihrem Debütalbum „Nothing I Write You Can Change What You’ve Been Through“ (2016), das einen klareren Pop-Punk-Sound mit melodischen Hardcore-Einflüssen zeigte, ist „Heaven Can Wait“ ein deutlich komplexeres und reiferes Werk. Doch mit dieser Reife geht auch eine gewisse Überfrachtung einher. Wo frühere Alben noch durch eine rohe Energie und Eingängigkeit bestachen, verlieren sich Trash Boat hier gelegentlich in ihrer eigenen Vielseitigkeit. Der Mut zur Veränderung ist ihnen hoch anzurechnen, doch nicht alle Experimente auf dem Album zünden.
Ein Lob verdient die Band jedoch für ihre emotionale Ehrlichkeit. Duncan beschreibt das Album als „direkt, ungefiltert und roh„, und genau das spürt man in den Texten und dem gesamten Soundbild. Trash Boat machen keinen Hehl daraus, dass sie in einer Welt leben, die zerbricht, und dass sie selbst oft keine Antworten haben. Diese Verletzlichkeit hebt sie von vielen anderen Bands im Genre ab und sorgt für einige der stärksten Momente auf dem Album. Hier zeigt sich eine Band, die bereit ist, sich selbst und ihre Rolle in der Welt in Frage zu stellen – eine Eigenschaft, die bei vielen ihrer Zeitgenossen oft fehlt.
Insgesamt ist „Heaven Can Wait“ ein zwiespältiges Werk. Es zeigt Trash Boat auf der Suche nach einem neuen Sound, nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Während es in seiner Vielseitigkeit beeindruckt, leidet es gelegentlich unter seiner konzeptuellen Überladung. Fans der Band, die den Wandel von „Don’t You Feel Amazing?“ genossen haben, werden hier sicher viele spannende Momente finden. Wer jedoch auf die Direktheit und Eingängigkeit der frühen Trash Boat hofft, könnte enttäuscht werden. „Heaven Can Wait“ ist chaotisch, experimentell und manchmal überwältigend – doch in seiner besten Form ist es auch ein ehrlicher und emotionaler Kommentar zur heutigen Welt.
Fotocredit: Albumcover / Artwork