Beim Primavera Festival lässt sich so einiges unter einen (Sonnen)Hut bringen. Dass Barcelona an sich schon eine beeindruckende Stadt ist und auf jeden Fall einen Besucht wert, ist offensichtlich, aber das Primavera zeigt nochmal eine weitere Facette der Metropole.
Mit feinstem Wetter und einem Gelände direkt am Meer bot das Festival eine perfekte Kulisse für ein unvergessliches Wochenende. Das Primavera Sound 2024 in Barcelona bot seinen Besucher*innen ein eindrucksvolles Spektakel über vier Tage hinweg. Mit 16 Stages und über 150 Acts war das Festival ein Paradies für Musikliebhaber und Entdecker gleichermaßen. Das Primavera nimmt ordentlich was in die Hand, um für alle ein unvergessliches Erlebnis zu schaffen.
Auf dem weitläufigen Gelände gab es zahlreiche Bühnen zu entdecken. Die große Doppel-Main-Stage wurde abwechselnd bespielt, andere große Stages lagen zwar nah beieinander, überlappten sich aber kaum, sodass man problemlos verschiedene Acts genießen konnte, ohne sich gestört zu fühlen. Besonders die Live-Sessions im Red Sound Studio zogen große Menschenmengen an, ebenso wie der stets volle Boiler Room, vor denen es immer große Schlangen gab.
Die Festivaltage dauerten bis 6 Uhr morgens, und die Besucher*innen feierten unermüdlich bis zum Schluss. Das Line-up war gespickt mit großen Acts, die mindestens 1-2 Songs im Repertoire hatten, die wirklich jeder kannte – wie beispielsweise Disclosure, deren Hits die Massen zum Tanzen brachten.
Neben der Musik boten zahlreiche Standangebote der verschiedenen Brands zusätzliche Unterhaltung. Obwohl es viele davon gab, waren sie auch interaktiv gestaltet und sorgten für Abwechslung. So konnte man zum Beispiel beim Pull&Bear Shop nicht nur shoppen, sondern auch DJ-Sets genießen. Trotzdem war das Festival vor lauter Logos ein bisschen übersättigt.
Das Primavera Sound 2024 war mehr als nur ein Musikfestival – es war ein umfassendes Erlebnis, das alle Sinne ansprach und die Besucher*innen in eine Welt voller Musik, Interaktivität und unvergesslicher Momente entführte.
Ein glanzvoller Start mit Phoenix
Der Festivalauftakt am Mittwoch begann mit Phoenix, die auf der Hauptbühne ein elektrisierendes Set ablieferten. Sie starteten direkt mit „Lisztomania„, was das Publikum sofort in Tanzlaune versetzte. Die Menge sang lautstark mit und die Stimmung war euphorisch. Das Set wurde mit „1901“ abgeschlossen, was einen perfekten Start in das Festival markierte.
Eine bunte Reise durch die Musikgenres
Der Donnerstag bot eine Mischung aus verschiedenen Genres und internationalen Künstler*innen. Nieve Ella eröffnete den Tag auf der Plentitude Stage mit ihrem Singer-Songwriter-Pop aus England. Die Bühne, halb aus Containern und halb aus der eindrucksvollen Architektur des Forums bestehend, war der perfekte Ort für ihren Auftritt.
Kamrad aus Deutschland brachte mit seiner dancey Pop Music die kleine Aperol Island of Joy zum Beben. Auch wenn die Kapazität gering war, konnte man vom Ufer aus gut sehen und hören.
Arab Strap lieferten auf der Cupra Stage einen Mix aus Post-Punk und elektronischen Einflüssen, wobei man sich auf die Stufen setzen und das Wetter genießen konnte. Im Anschluss überraschte Balming Tiger aus Seoul mit einer wilden Mischung aus Hip-Hop und K-Pop.
Ein Highlight war Amyl and the Sniffers auf der großen Doppel-Mainstage, die mit rotziger Punk-Attitüde und mitreißenden Songs das Publikum begeisterten. Vampire Weekend verzauberten mit ihrem dreamy Indie-Sound aus den 2000ern, während Yeule aus Singapur mit ihrem dunklen Image und düsteren Pop-Elementen eine beeindruckende Performance ablieferte.
Bands wie Wiegedood und Mannequin Pussy boten ein musikalisches Alternativprogramm, welches die Diversität und Vielfältigkeit des Primaveras verfestigte.
Roosevelt brachte in voller Bandbesetzung dreamy Electro-Pop auf die Bühne, und Justice rissen mit einer großen Produktion und vielen Hits die Menge vor der MainStage förmlich mit. Der Abend endete mit Peggy Gou und A. G. Cook, die einen wilden Mix aus Hyperpop und elektronischen Elementen präsentierten.
Pop-Giganten und Indie-Perlen
Am Freitag begann der Tag später und das Gelände war deutlich voller. Silica Gel aus Korea überzeugten mit rockigem Indie-Pop und koreanischen Texten. Danach bewegte Ethel Cain das Publikum mit ihrem Singer-Songwriter-Pop und politischen Aussagen.
Scowl sorgten für eine willkommene Abwechslung auf dem Primavera Sound 2024. Die Band brachte eine unvergleichliche Energie auf die Bühne, die das Publikum in ausgelassene Stimmung versetzte. Es wurde viel gemosht und heavy getanzt, sodass die Menge förmlich vibrierte. Scowl waren so leidenschaftlich bei der Sache, dass Mützen und Mikros gelegentlich auf den Boden fielen – ein Zeichen für die intensive Performance und die Begeisterung der Band.
The Last Dinner Party, die Indie-Band der Stunde, bot ein Set voller Hits auf der Cupra Stage, während Chelsea Wolfe im Auditori mit einer beeindruckenden Lichtshow und dunkler Atmosphäre faszinierte. Auf einer der Mainstages zeigte Troye Sivan eine Pop-Performance mit sexuell-geladenen Choreos und mehreren Outfitwechseln.
Die Hyperpop-Girlies kommen an dem Tag dank Hannah Diamond auch nicht zu kurz und feierten den Auftritt mit viel Enthusiasmus. Hannah Diamond lieferte viel Spaß und eine Menge Energie, während das textsichere Publikum jeden Song lauthals mitsang. Ihre Performance war ein Highlight des Tages und zeigte die vielfältige musikalische Landschaft des Festivals.
Leider enttäuschte Lana Del Rey mit einer halben Stunde Verspätung und schlechtem Ton viele Zuschauer, doch einige Fans sangen dennoch lautstark mit. Disclosure, beim ersten Auftritt seit acht Jahren, brachten mit alten und neuen Songs die Menge zum Tanzen.
Finale mit Sturm und Glanz
Der letzte Tag begann mit Royel Otis, die gute Indie-Songs und ein Cover von „Murder on the Dancefloor“ spielten. 070 Shake beeindruckte trotz Stromausfalls, indem sie den letzten Song „Guilty Conscience“ akustisch performte. Dorian Electra bot einen wilden Genre-Mix aus Hyperpop, Eurodance und Screamo, während Eartheater mit einem abwechslungsreichen Set zwischen Singer-Songwriter, Industrial und psychedelischen Klängen überraschte.
Princess Superstar kehrte nach 20 Jahren zurück auf die Bühne und spielte ihren aktuellen Hit „Perfect“ (bekannt aus Saltburn & TikTok) sowie weitere sehr bekannte Remixe. Romy brachte ruhigen Elektro mit eigenen Songs und Klassikern von The XX, und SZA bediente mit R&B-Songs vom aktuellen Album SOS.
Den krönenden Abschluss bildete Charli XCX, die mit einer beeindruckenden Produktion, Licht- und Lasershow sowie einer Mischung aus Hits und neuen Songs, die das Publikum begeisterte, obwohl sie ihr Set leider um 20 Minuten kürzte.
Unsere Highlights waren:
- Charli XCX
- The Last Dinner Party
- Überraschenderweise Chelsea Wolfe
- Scowl
- Peggy Gou
Insgesamt war die Vielfältigkeit des Line-ups eines der herausragendsten Merkmale des Primavera Sound 2024, das in jeder Hinsicht ein einzigartiges Erlebnis bot.
Fotocredit: Laura Keimel, Regina Schenk und Primavera Sound