Die Welt hat sich geändert in den den letzten Jahren: Corona, Krieg, aufbrechende Risse in der Gesellschaft. Prinz Pi hat mitgeschrieben, alles versucht zu ordnen und macht das, was er am besten kann: Er kondensiert präzise Beobachtungen in klare, greifbare Songs.
So richtig mittendrin und dabei war er nie: Zu kauzig und eigen für den Mainstream, aber auch zu normal für die extremen Ecken. Zwischen den Stühlen muss man stehen, und das tut er seit Jahren auf den großen Festivals und Bühnen. Hier ist er nun nach zwei Jahren zurück mit einem Album, das zeigt, was Rap jenseits von Playlisten kann. Cool ohne Haltbarkeitsdatum, bissig ohne den Zeigefinger des sich moralisch überlegen fühlenden. Großes Thema ist das Leben als Mensch mit all seinem Gepäck, den Schäden aus Kindheit, Jugend und toxischen Beziehung und dem Ausdefinieren des eigenen Vater- und Mannheims.
Bereits in der erste Single „1995“ verarbeitet Prinz Pi die komplette Welt seiner Kindheit und Jugend in nur 6 Minuten. Er setzt alles zusammen zu einem Panoramabild, man kann die schmutzige Luft der U-Bahnstationen riechen, die weiche Sohle der Nikes auf dem Beton der Brücken spüren und sieht zehn Jahre im Zeitraffer an sich vorbeiziehen. „Kleine Stiche“ mit EDO SAIYA und WAVVYBOI hingegen beschäftigt sich mit dem Außenseiterdasein. Den dies geht überall — in der Großstadt oder auf dem Dorf, auf dem Schulhof oder auf der Arbeit. Die Rollen bleiben. Dort erzählen drei Künstler aus unterschiedlichen Generationen, mit unterschiedlicher Backstory und von unterschiedlicher Herkunft, wie es für sie war, Außenseiter zu sein. Es geht um unsichtbare Verletzungen, um Wunden, die für ein Leben bleiben.
„ADHS“ ist ein weiterer, spannender Eintrag in die Discografie eines vielseitigen Künstlers.
Fotocredit: Kevin Randy Emmers