Ein Act, den man sich immer gut live ansehen kann, ist die schwedische Alternative- Rockband The Hives. Das Quintett hat seinen Fans im Dezember nichts Geringeres als eine komplette Welttournee angekündigt. Unter den gegebenen Umständen findet die World Wide Web World Tour digital mit verschiedenen Settings in sechs Städten statt. Der Auftakt wurde am Donnerstag mit der Berliner Show zelebriert. Wir haben uns das erste Spektakel angeschaut und können sagen, dass es nicht nur ein weiterer Livestream ist.
Schon nach wenigen Sekunden wurde klar, dass es die Jungs mit ihrer Ansage einer weltweiten Tour ernst meinen. The Hives standen in ihren typischen schwarz-weißen Anzügen in einem sehr minimalistisch eingerichteten Setting in weißen Leinwänden und einem pink-neonfarbenen Bandschriftzug. Dass es mehr absolut nicht braucht, beweiste die Gruppe um Sänger Howlin‘ Pelle Almqvist eindrucksvoll direkt ab dem ersten Song. Die Halle wurde mit einer meisterhaften Illumination perfekt in Szene gesetzt und lieferte somit den idealen Spielort in „Berlin“ für die nachfolgende knappe Stunde.
Denn das Konzept der digitalen Welttour mag im ersten Moment etwas hochgegriffen klingen. The Hives haben sich vorgenommen eine komplette, und so authentische wie mögliche, Welttour zu spielen. Dazu beamen sie sich virtuell nach Berlin, London, New York, Sydney, Sao Paolo und Stockholm und spielen in jeder Stadt zur Ortszeit ein individuelles Konzert. Und das wichtigste an Konzerten ist den Schweden die Interaktion mit dem Publikum. Wie das über den Bildschirm funktionieren soll, war uns nicht so ganz klar, bis wir es gesehen haben.
Die Musiker gaben von Anfang an Vollgas und waren dabei merklich in Spiellaune, immerhin befinden sie sich, nach eigenen Angaben, im Rock’n’Roll-Defizit. Im Zuge dessen nehmen sie die Zuschauer*innen vor den eigenen Geräten dank grandioser Kameraführung mit „auf die Bühne“. Damit zeigt sich ein gravierender Unterschied zu Livestreams, die wir bisher sahen. Durch die Art und Weise, wie das Geschehen aufgenommen wurde, ergab sich das Gefühl, dass man auf einem Festival sei und das Ganze über die LED-Wände mitverfolgen würde. Gerade Howlin‘ Pell Amqvist und Gitarrist Nicholaus Arson spielten gerne mit der Kamera. Außerdem gab es Zwischenmoderationen und Aufrufe an die Fans, die wir sonst vermissten.
Musikalisch muss man nicht viel mehr zu sagen, wenn die Fünf zusammen rocken. Der Sound kam gut und sauber bei uns an und aufgrund der ganzen Dynamik, die der Livestream innehatte, wollte man sofort vom Sofa aufspringen und mitmachen. Wenn man denn mal wieder einen ganzen Song mit abging, ahnte man erst wieder die Anstrengungen, die normalerweise für Künstler und Publikum in den Konzerten steckten. Das ist auch der Gruppe anzusehen, die von Song zu Song durchgeschwitzter wurde, aber unermüdlich alles für ihr imaginäres Publikum gab. So wurde auf dem Boden Gitarre gespielt, während sich Pelle die Krawatte vom Hals riss; Freunde, was für ein Fest! Dazu kam immer wieder die gelungene Einbindung der Zuschauer*innen, sei es durch die Einblendung der Live-Kommentare, zwei Telefonate mit Fans oder das Voting, welche Songs in der Setlist nicht fehlen durften. Dazu gab es die durchweg hochklassige Musik der Alternative-Rocker.
Es war eine fabelhafte Show, mit der The Hives neue Maßstäbe für das Livestream-Wesen der heutigen Zeit setzten. Wir haben keinen Livestream gesehen, sondern viel mehr ein Konzert, was live gestreamt wurde. Damit war es mit Abstand das beste digitale Konzert, welches wir in der Pandemie erleben durften. Tickets für die Shows am nächsten Wochenende sind noch zu haben. Wenn ihr also gute Live-Rockmusik genauso vermisst wie wir, führt an der World Wide Web World Tour eigentlich kein Weg dran vorbei. Chapeau und vielen Dank an The Hives!
An diesen Terminen habt ihr noch einmal die Chance eine Show zu sehen oder ihr lest an dieser Stelle unser Interview mit Nicholaus Arson:
28.01.2021 Sydney
29.01.2021 Sao Paulo
30.01.2021 Stockholm
Fotocredit: Goeran-Broberg