Hinter uns liegt ein ganz besonderes Wochenende, welches im Norden noch einmal zwei hochklassige Festivals im November versprach. Dabei hätten die musikalischen Richtungen nicht unterschiedlicher sein können: Während es am Weißenhäuser Strand mit dem Rolling Stone Beach die geballte Ladung Rock auf die Ohren gab, glänzte man in Neustadt-Glewe in der Mega-Arena des Airbeat Ones mit feinster Electro-Musik rund um Headliner Scooter. Wir waren für euch auf beiden Events unterwegs und berichten über unsere Eindrücke und warum man sich die Termine fürs nächste Jahr durchaus vormerken sollte.
Nach dem Vormittagsprogramm am Weissenhäuser Strand ging es für uns also direkt ins mecklenburg-vorpommerische Neustadt-Glewe, welches normalerweise als Austragungsort des Airbeat One Festivals bekannt ist. Auch hier machte sich allerdings die Coronalage bemerkbar und das eigentlich drei Tage andauernde Festival wurde in der Mega-Arena auf einen Abend herunter gedampft, dafür aber mit europäischen Top-Acts. Für uns machte Multitalent Larissa Ries aka Lari Luke den klangvollen Start in den Abend. Ihr Set sorgte wie immer bei Begeisterung bei ihren Fans und das nicht nur aufgrund der Tatsache, dass sie gerade so über das DJ-Pult schauen konnte. Die Sympathien und Energien waren auf jeden Fall gegeben. Der spanische DJ Danny Avila nahm diese Power in seinem anderthalbstündigen Set, welches sehr intensiven, progressiven Electronic House lieferte, zu gerne auf und feierte mit der Masse.
Somit war die Stimmung im Partyzelt bestens und mit den herausragenden Qualitäten der Acts eigentlich auch recht mondän. Nichtsdestotrotz beschlich einen hin und wieder das kurze Gefühl, dass man auf dem Dorf kurzzeitig falsch abgebogen und kurzerhand in einer riesigen Zeltdisco gelandet wäre. Die Atmosphäre ließ sich durchaus als dörflich charakterisieren, vor allem, wenn in Umbaupausen aus einem uns unerklärlichen Grund „eine Straße, viele Bäume“ angestimmt wurde. Diese Umbaupause gab es vor dem heiß ersehnten Auftritt von Headliner Scooter tatsächlich, und zog sich auch mit knapp 15 Minuten, die dafür laut Timetable nicht eingeplant waren, deutlicher in die Länge. Dass das Aufrüsten der zwei DJ- und Keyboard-Pults sowie der gesamten Pyrotechnik und der Abbau des DJ Pultes etwas dauern würde, hätte man im Vorhinein durchaus besser abpassen können.
Aber alles gut, spätestens nach den ersten 30 Sekunden der Band hatte man dieses zeitliche Versäumnis auch schon wieder vergessen und zudem wurde die Zeit auch angehängt. Der 57-jährige wurde von vier jungen und wechselnd eher spärlich bekleideten Tänzerinnen begleitet, die 70 Minuten lang das Tanzworkout schlechthin absolvierten und somit immer wieder für Akzente sorgten. Ebenfalls die beiden DJs waren voller Energie und feuerten mehr als alle anderen auf der Bühne das Publikum an komplett zu eskalieren. Alleine um die absolut positive Ausstrahlung der zwei zu sehen, hat sich der Weg nach Neustadt-Glewe schon gelohnt. Auch H.P. Baxxter hüpfte bestmöglich über die Bühne und präsentierte einen angenehmen Mix aus Songs vom zuletzt erschienenen Album „God Save The Rave“, aber auch Klassikern wie „Wicked“ oder „How much is the fish?“, die das Publikum zum Hüpfen brachten. Auch die Pyrotechniker standen unter dem Motto „Hyper, Hyper“ und so gab es beim Song „Fire“ eine ordentliche Ladung Feuer für die ersten Reihen, sodass es definitiv heiß wurde. Für mehr als eine Stunde tobte die Party des Jahres im 6000-Seelen-Städtchen. Für uns und für viele andere jüngere Gäste, die bei „Fuck The Millenium“ noch nicht geboren gewesen sein durften, war sicherlich das aktuellere „FCK 2020“ ein musikalisches Highlight des Abends. In der Situation wahnsinnig beeindruckend und die Leute zum Ausflippen bringend war der Moment, in dem sich der linksstehende DJ eine schwarze Maske aufsetzte und man sich schon fast fragte: „Warum hat er eine Maske auf? Warum liegt hier Konfetti?“ Die Antwort gab es postwendend, in dem H. P. eine mit Special Effects modizifierte E-Gitarre anschmiss, die Funken auf seinen Kollegen warf, der mit Maske diesem Funkenregen trotze. Dafür durfte er dann später auch immer mal wieder einige Zeilen mitsingen.
Dies kann man auch ganz gut als Gesamtfazit festhalten: Wenngleich die beiden DJs und Keyboarder echt an ihre Grenzen gegangen sind, wäre die Musik wahrscheinlich trotzdem nur halb so gut, wenn nicht ein platinblonder MC seit mehr als 25 Jahren merkwürdige englische Texte ins Mikrofon schreien würde. Aber da dies in Kombination mit Techno-Sounds so wunderbar funktioniert, lieben wir Scooter, die auch live eine Institution bleiben. Für uns schlossen die Niederländer W&W nach der Scooter-Zugabe das Mini-Festival gewohnt hochwertig ab. Danke Airbeat, wir freuen uns, wenn es im nächsten Jahr wieder richtig los geht – bis dahin war das ein sehr guter Appetizer.
Fotocredit: Kevin Randy Emmers