Es ist früher Freitagabend in Leipzig, heute beginnt die langersehnte Jubiläumstour von Parkway Drive endlich in Europa. Kein Wunder also, dass die Arena schon von Beginn an gut gefüllt ist – 10.000 Fans wollten sich diesen Auftakt nicht entgehen lassen.
Den Auftakt machten The Amity Affliction. Obwohl die Halle zu diesem Zeitpunkt erst zu gut zwei Dritteln gefüllt war, hatten sie das Publikum sofort auf ihrer Seite. Die Fans sangen lautstark mit, Köpfe bewegten sich im Takt, und je länger das 40-minütige Set dauerte, desto mehr Bewegung kam in die Menge. Es war warm, es war eng, aber das hielt niemanden davon ab, sich mitreißen zu lassen.
In noch dunklerer Atmosphäre präsentierten sich danach Thy Art Is Murder. Nur von leuchtenden Säulen auf der Bühne eingerahmt, lieferten sie eine kompromisslose Show, die im Circle Pit kulminierte. Brutal, wuchtig, ohne Ablenkung – ein klares Statement, das die Spannung in der Arena weiter nach oben trieb.
Dann war es endlich soweit: Das Hallenlicht geht aus, auf den Monitoren erscheint ein Rückblick auf 20 Jahre Bandgeschichte. Plötzlich wechselt das Bild: Winston McCall ist nicht als Aufzeichnung zu sehen, sondern im Live-Feed mitten im Publikum. Vom anderen Ende der Halle bahnen sich die Bandmitglieder ihren Weg durch die Menge, springen über die Absperrungen, verteilen Handshakes und nehmen die Energie der Fans mit. Auf einer kleinen Bühne, vor der eigentlichen Hauptbühne, positionieren sie sich und eröffnen den Abend mit „Carrion“.
Nach „Prey“ hält die Band kurz inne, verlässt die kleine Bühne und wartet, bis der Steg von der Hallendecke zur Hauptbühne herabgelassen wird – ein Element, das im Laufe des Abends noch mehrfach spektakuläre Momente liefern wird. Mit „Glitch“ folgt der erste große Knall: Feuerwerk, Tänzer:innen, Flammen erleuchten die Arena.
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Besondere Highlights prägen den weiteren Abend: Bei „Boneyards“ stürmt Joel Birch von The Amity Affliction auf die Bühne und sorgt mit seinem Gastauftritt für tosenden Applaus. Frontmann Winston McCall nutzte die Gelegenheit für eine Ansage: Als Parkway Drive vor 20 Jahren das erste Mal nach Europa kamen, sei die Reaktion gewesen: „Australien? Da gibt’s Metalbands?“ Heute stehe man mit drei dieser Bands gemeinsam auf Tour – ein Moment, der auch für die Musiker spürbar besonders war.
Von hier an steigern Parkway Drive die Intensität kontinuierlich. Circle Pits wirbeln durch die Halle, Crowdsurfer ziehen ihre Bahnen, und Winston fordert das Publikum immer wieder mit einem breiten Grinsen heraus, alles zu geben. Spätestens mit „Horizons“ explodiert die Stimmung endgültig und verwandelt sich die Arena in ein Meer aus Circle Pits und Crowdsurfern. Nur vor der Bühne ist es eng – der Steg blockiert viel Platz. Doch der Song birgt ein Highlight: Gitarrist Jeff wird in die Höhe gezogen, während sein Spiel von funkelndem Goldregen von der Brücke begleitet wird.
Bei „Cemetery Bloom“ tauchen Tänzer:innen auf der kleinen Bühne auf, enthüllen einen kunstvoll gefertigten Mikrofonständer und schaffen eine mystische Atmosphäre. Winston erhebt sich im langen schwarzen Mantel, die kleine Bühne bleibt dabei der Fokus, während Dunkelheit und Spannung den Song begleiten. Kurz darauf explodiert die Halle bei „The Void“ erneut: Unterstrichen von Pyrofontänen springt das Publikum im Takt und singt jede Zeile mit.
Winston wendet sich ans Publikum, erinnert an die Anfänge der Band, die ersten Alben und erklärt das Medley aus alten Songs – ein Geschenk an die Fans der ersten Stunde. Mit einem breiten Grinsen fordert er lachend: „Wenn ihr euch jetzt nicht bewegt, seid ihr dann eigentlich Metalcore?“ Das Publikum reagiert prompt, das große Medley verwandelt die Halle in ein brodelndes Meer aus Moshpits und Crowdsurfern.
Das nächste Highlight folgt mit „Idols“. Winston findet man mitten im Publikum, lässt sich von einem tausendstimmigen Chor begleiten und steht schließlich im Zentrum eines gigantischen Circle Pits, bevor er sich auf den Händen der Menge zurück Richtung Bühne tragen lässt. Kurz darauf schwebt zu Beginn von „Chronos“ ein Ensemble von Streicherinnen von der Brückenkonstruktion herab – ein wunderschöner Kontrast, bevor sie sich mit der Band in den Song hineinsteigern.
Kurz vor Ende des Abends bekommt auch Drummer Ben Gordon seinen großen Auftritt: Sein Drumsolo spielt er teilweise kopfüber in seinem rotierenden Schlagzeug – ein Anblick, der viele offen staunen lässt, auch wenn es von vielen Plätzen nur über die Monitore richtig sichtbar ist. Das Solo dient als Übergang zu „Crushed“. Nachdem Tänzer:innen die Bühne „anzünden“, entwickelt sich der Song zusammen mit dem Bühnenbild zum Inferno. Das absolute Highlight: Die Brücke wird in die Höhe gezogen, während Winston darauf singt und wird dann vollständig in Brand gesetzt wird – ein spektakuläres Bild, das vielen im Gedächtnis bleiben wird.
Am Ende bleibt das Bild einer Band, die mit Leidenschaft, Spielfreude und Nähe zum Publikum gezeigt hat, dass 20 Jahre Parkway Drive nicht nur ein Jubiläum, sondern ein Triumphzug sind.
Review und Fotocredit: Nicole Wichmann, Silverangel Photography