Seit drei Jahrzehnten sind Knorkator die selbsternannte „meiste Band der Welt“ – und eine feste Größe im deutschen Rock- und Metal-Kosmos. Zwischen anarchischem Humor, messerscharfer Gesellschaftskritik und völlig sinnfreien Eskapaden hat das Berliner Quintett eine Nische besetzt, die bis heute niemand auch nur ansatzweise kopieren konnte. Anlässlich ihres 30-jährigen Bandbestehens und dem neuen Album „Weltherrschaft für alle!“ haben wir mit Keyboarder Alf Ator gesprochen. Im Interview blickt er zurück auf die Anfänge, erklärt die feine Trennlinie zwischen Humor und Sinnfreiheit, verrät, wie die Songauswahl für die Neuaufnahmen getroffen wurde – und gibt gewohnt schlagfertige Antworten, die zeigen, warum Knorkator auch 2025 noch genauso unberechenbar sind wie am ersten Tag.
Frontstage Magazine: 30 Jahre Knorkator – wenn ihr heute auf eure Anfänge zurückblickt, hättet ihr damals gedacht, dass ihr drei Jahrzehnte später immer noch gemeinsam Musik macht?
Alf Ator: Die ersten Songs entstanden eigentlich nur aus Spaß. Stumpen hatte eine Band und machte so groovy Crossover Sachen mit frechen deutschen Texten. Ich hatte lediglich angeboten, für diese Band ein paar weitere Songs anzubieten. Doch dann löste sich die Band plötzlich auf, und da meinte er zu mir: „Lass uns einfach da weitermachen. Ich krieg da garantiert ein paar Gigs organisiert.“ Mehr war erstmal nicht geplant. Aber nach den ersten Konzerten, als wir spürten, welches unglaubliche Begeisterungspotenzial in dieser Kiste steckt, war uns eigentlich klar, dass wir genau da weitermachen MÜSSEN.
Frontstage Magazine: Euer neuer Albumtitel „Weltherrschaft für alle!“ klingt wie eine Mischung aus Größenwahn und Utopie – was steckt wirklich dahinter?
Alf Ator: Ganz klar Größenwahn. Gepaart mit Einfältigkeit. Der Slogan klingt irgendwie nach einer progressiven Utopie, ist aber bei näherer Betrachtung völliger Blödsinn. Immerhin wir befinden uns damit voll im Trend, denn die Welt ist voll mit solch cool klingenden, aber nicht zu Ende gedachten, dafür aber umso vehementer verkündeten Schnapsideen.
Frontstage Magazine: Ihr habt sowohl gesellschaftskritische als auch völlig sinnfreie Songs auf dem Album – wie entscheidet ihr, welche Themen ernst bleiben und wo der Humor übernimmt?
Alf Ator: Hier würde ich noch eine wichtige Unterscheidung anbringen. Humor und Sinnfreiheit ist für uns nicht dasselbe. Wir können durchaus ernste Themen mit Humor angehen, aber unsere sinnfreien Songs (die mir nach wie vor sehr wichtig sind) haben keine ernsten Themen als Grundlage. Auch keine weniger ernsten Themen. Eher gar keine Themen. Sonst wären sie ja nicht mehr sinnfrei. Dabei fällt mir auf, dass wir gerade die ernsten Themen fast immer mit Humor angehen. Allerdings bemühen wir uns, dabei nicht einfach andere Meinungen lächerlich zu machen, wie das leider gerade um sich greift. So ein „Humor“ ist einfach nur selbstgefällig und macht die Welt kein Stück besser.
Frontstage Magazine: Zum Jubiläum gibt es Neubearbeitungen älterer Songs. Nach welchen Kriterien habt ihr entschieden, welche Titel ein Update bekommen?
Alf Ator: Viele unserer Frühwerke bestechen durch einen Anarchismus, der sich auch in der Produktion niederschlägt. Aber auch damals gab es schon Lieder, die eigentlich nach einer fetteren Produktion schrien, wofür wir aber entweder zu arm oder zu unerfahren waren. Manchmal auch beides. Andere Bandmitglieder fanden es aber wichtig, dass gerade die Songs nochmal gemacht wurden, die mehr Potenzial haben. Nun, Potenzial hatten auch die Stiefkind-Songs, es war nur nicht so offensichtlich.
Frontstage Magazine: In der Ankündigung heißt es, das Album sei „noch besser als alle davor“ – was habt ihr diesmal anders gemacht, um das zu erreichen?
Alf Ator: Es ist ganz einfach. Mit jedem Album kommen wir der Erleuchtung ein Stück näher. Da wird man zwangsläufig immer besser. Aber im Ernst: Was hätten wir denn sonst in die Ankündigung schreiben sollen? „Dieses Album ist fast so gut wie das vorletzte!“ Das wäre kontraproduktiv gewesen, und unsere Promo-Agentur hätte da bestimmt Einwände gehabt.
Frontstage Magazine: Knorkator ist bekannt für Live-Exzesse und einzigartige Bühnenmomente – wie viel vom neuen Album wird man eins zu eins so auf der Bühne erleben?
Alf Ator: Das weiß ich noch gar nicht so genau. Aber bestimmt 66,6 Prozent.
Frontstage Magazine: Wenn ihr euren Fans einen einzigen Song vom neuen Album empfehlen müsstet, um Knorkator im Jahr 2025 perfekt zu beschreiben – welcher wäre das und warum?
Alf Ator:„Halb voll“. Nee, lieber „Steh auf!“. Nee, eher „Unkraut“. Ja genau! Nee, doch lieber „Das Unheil“. Oder vielleicht „Evolution“? Ach Quatsch! Ganz klar „Ismus“. So.
Nein, „DMT“! Ja, und warum? Keine Ahnung…
Fotocredit: Tino Pohlmann