Es gibt Songs, die einen um den kleinen Finger wickeln, bevor der erste Refrain überhaupt einsetzt. „Fou De Toi”, die Vorabsingle von Miel De Montagnes neuem Album „Ouin Ouin”, ist genau so ein Fall. Kaum ein Track hat es in letzter Zeit so zuverlässig in meine Playlists geschafft, die voll sind mit meinen aktuellen Lieblingssongs. Es sind die Sehnsucht nach Sommer, die unbeschwerte Leichtigkeit und dieses unwiderstehliche Flirren von Frühlingsgefühlen, die den Song zu einem kleinen Meisterwerk machen.
Und genau solche Songs finden sich auf „Ouin Ouin” zuhauf. Elektronische Grooves treffen auf verspielte Pop-Hooks, während Miel mit einem Augenzwinkern Geschichten aus seinem Alltag erzählt – von Skaten über Hundespaziergänge bis hin zu den kleinen, bittersüßen Momenten der Liebe.
So sagt man zumindest, denn spätestens seit dieser wunderbaren Popplatte bereue ich es, in der Schule Latein, statt Französisch gewählt zu haben. So bleiben die Geschichten der Songs für mich im Dunkeln. Vielleicht sind die Gefühle, die durch die Musik transportiert werden, aber gerade deshalb so stark, weil sie nicht verkopft oder zerdacht daherkommen. Manchmal schimmert die französische Chanson-Tradition durch, manchmal tänzelt der Sound irgendwo zwischen Parcels und Men I Trust. Und auch Metronomy oder Roosevelt kann man getrost zu den Referenzen dieser Platte zählen, ohne auch nur ein Fach zu hoch im Regal gegriffen zu haben. Vergleicht man dies mit früheren VÖs von Montagne, so kann man schmissig von der “musikalischen Weiterentwicklung” sprechen. Die Synthies sind dicker, die Beats treibender und die Melodien noch ein Stück präziser.
„Ouin Ouin” ist die Art von Album, das einen aus der Hektik des Alltags reißt und für 40 Minuten in eine Welt entführt, in der Sorgen in den Hintergrund treten. Wer also schon bei „Fou De Toi” mit einem Fuß im Sommerurlaub stand, wird sich bei „Ouin Ouin” komplett fallen lassen können. Und für das Albumurteil reicht dann auch mein nicht vorhandenes Schul-Französisch: C’est magnifique!
Review: Marc Erdbrügger
Fotocredit: Olivia Schenker