Auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg wurde auf zwei Open Air und einer Club Stage bei bestem Wetter zum jährlichen Rock Im Park Festival eingeladen. Der kleine Bruder des Rock Am Ring Festivals zog tausende Besucher:innen nach Nürnberg, ausverkauft war es dieses Jahr allerdings nicht. Ganz im Gegenteil der Freitag war so leer wie lange nicht mehr, für die Besucher:innen war dies aber ganz klar ein Vorteil, den ganzen Tag über gab es Schattenplätze, keine langen Schlangen an den Ständen oder Toiletten und man kam easy zu allen Bands noch in den ersten Wellenbrechern.
Samstag und Sonntag hingegen hat man kaum gemerkt, dass nicht alle Tickets verkauft wurden, was vielleicht auch daran lag, dass viele Besucher:innen noch mit ihrem Tagesticket von Freitag auf das Gelände gelassen wurden, vielleicht sollte man hier nochmal die Sicherheit und Kontrollen überdenken.
Freitag:
Am Freitag eröffneten Cleopatrick das Festival auf der Mandora Stage, leider konnten sie ihren druckvollen Sound wie auf ihren Platten live nicht ganz rüberbringen und haben ihr Set ohne große Ansagen runtergespielt, deswegen ging es dann für uns weiter zur großen Utopia Stage, welche Blond einläuteten.
Das Set war aufgrund der kurzen Spielzeit auf sechs Lieder runtergekürzt, aber die Band hatte Bock! Leider sagte Nina immer wieder “Rock Am Ring”, was zu Unmut im Publikum und “Buh”- Rufen führte. Dieses Problem hatten wohl mehrere, vor allem deutsche Künstler:innen.
Im Anschluss sahen wir einen kurzen Ausschnitt von Bury Tomorrow, wo es das erste Mal an diesem Wochenende Circle und Mosh Pits gab, der Staub wirbelte durch die Luft, man konnte aber noch nicht erahnen, wie schlimm es noch werden sollte. Überraschend war auch, dass es so früh am Tag schon Pyro gab, wir waren positiv gestimmt für die restlichen Bands.
Auch Nothing But Thieves spielten dann ein kurzes Set vollgepackt mit Hits und den beiden neuesten Singles “Welcome To The DCC” und “Overcome”. Die Band war super gelaunt aber hatten leider mit einigen technischen Problemen zu kämpfen, sodass sie ihr Set am Ende kürzen mussten, allerdings haben sie dafür angekündigt, dass sie auch im nächsten Jahr wieder das Zwillingsfestival “Rock Am Ring” und “Rock im Park” spielen werden.
Den perfekten Slot in der knallenden Mittagssonne hatten dann Provinz, welche sich selbst auf der Bühne ankündigten mit: “Wir sind drei Cousins und Leon”. Sie haben nach eigener Aussage lange die Setlist perfektioniert, aber am Ende gab es doch noch Zeit einen weiteren Song zu spielen, ganz zur Freude von Band und Publikum.
Dann ging es für uns das erste Mal in die “Arena Nürnberger Versicherung” aka die Orbit Stage. Da die Bühne indoor ist hat sie große Vorteile, wie eine Klimaanlage, Schutz vor der Sonne und es gibt keinen Staub, weswegen viele hier auch zwischen den Sets verweilten. Auch die Lichtshow der Künstler kommt tagsüber schon sehr gut an, so auch bei Pabst. Die Halle war bei der berliner Band so voll, wie danach den ganzen Tag nicht mehr und das zurecht, ihr rotziger Sound wurde vom Publikum gefeiert.
Ganz im Gegensatz zu The Foxies, die Halle war sehr leer, was vielleicht auch dem geschuldet war, dass sie erst mit dem Timetable in einem Nebensatz angekündigt wurden, dabei durften sie bei ihrer letzten Tour durch Deutschland schon Billy Idol supporten. Durch den sehr tanzbaren Pop-Punk kam dennoch Stimmung in der Halle auf.
Zu Boy Bleach wurde es dann wieder etwas voller vor der Orbit Stage und auch einige textsichere Menschen hatten sich vor der Bühne eingefunden. Sie spielten live rockigere Versionen von ihren Pop Songs als auf ihren Platte, was sehr gut beim Publikum ankam, natürlich trug auch das “Toxic” Cover von Britney Spears dazu bei.
Als nächstes spielten die Nova Twins aus London ihren modernen Metal mit starken Elekroeinschlägen. Obwohl sie etwas schüchtern wirkten und wenige Ansagen machten, boten sie eine sehr gute Show, die auch kräftig bejubelt wurde. Es ist schön zu sehen, dass auch zwei dunkelhäutige Frauen in der Sparte der härteren Musik gefeiert werden.
Anschließend gab es The Menzingers, die mit ihrem Punk-Rock Geschichten erzählen, die man immer gern mitnimmt und natürlich gab es auch hier ordentliche Pits, die zum Punk-Rock einfach dazugehören.
Gleiches Genre, andere Band: The Chats, hier wurde es nochmal richtig voll in der Halle. Mit spaßigen Songs und ironischen Texten, war es genau die richtige Band für den späten Abend.
Auf dem Weg zum Ausgang kamen wir noch bei Kings Of Leon vorbei, welche gerade “Use Somebody” spielten. Es ist schön, dass Rock im Park noch Headliner Europa exklusiv buchen kann, allerdings hätten mich andere Headliner, die gerade in Europa unterwegs sind, mehr interessiert.
Samstag:
Aufgrund der schlechten Einlass-Situation verpassten wir Boysetsfire. Am Haupteingang war es einfach schlecht organisiert und es fehlte an weiblichem Security Personal, sodass Männer einfach durchgehen konnten und Frauen über eine Stunde anstehen mussten.
Dann war halt Maggie Lindemann unser erster Act des Tages. Sie spielte ein kurzes Set aus ihren Hits, leider gab es noch nicht so viel Bewegung im Publikum und viele saßen lieber an den Seiten im Schatten. Negativ fiel uns auf, dass oft auf Playback zurückgegriffen wurde.
Auf zu Sum 41, hier waren also die ganzen Menschen, die bei Maggie Lindemann fehlten. Aufgrund der Ankündigung, dass sich die Band schon sehr bald auflöst, war es so voll vor der Bühne, wie vielleicht bei keinem anderen Act. Sie spielten ein gutes Best-Of Set aus ihrer ganzen Diskografie.
Wieder zurück an der Mandora Stage warteten wir auf Spiritbox, welche sich leider fast 20 Minuten verspäteten, dadurch gab es auch keinen Backdrop und durch den kurzen Soundcheck auch wieder technische Probleme. Auch gab es hier kein Feature von Sam Carter von den Architects, wie bei Rock Am Ring. Der Auftritt war trotzdem sehr gut und das Publikum forderte erfolglos “one more song”.
Im Anschluss ging es für uns wieder in die Halle an die Orbit Stage, wo Lauren Sanderson ihren ersten Auftritt in Deutschland bestritt, ihre Songs spielte sie live sehr viel rockiger als in den Aufnahmen, auch sie hatte mit Soundproblemen zu kämpfen und so wurde mitten im vorletzten Song der Ton abgeschaltet und alle dachten der Auftritt sei vorbei, doch Lauren kam noch für einen letzten Song auf die Bühne und entschuldigte sich für den abrupten Abbruch.
Also ging es für uns wieder raus in die Mittagssonne zu Turnstile an die Utopia Stage. Heute sollte es wohl an allen Bühnen nicht mit dem Ton funktionieren, denn es gab wieder technische Ausfälle, teilweise hörte man den Gesang gar nicht, teilweise fielen die Gitarren aus. Bewegung gab es auch hier nicht, was vielleicht auch der Hitze geschuldet war, weswegen wir schnell wieder den Schutz der Arena suchten, wo gerade Charlotte Sands in einer randvollen Halle ihr Set mit energischen Rocksongs vor einem sehr textsicheren Publikum zum Besten gab.
Als nächstes spielte hier Mod Sun, welcher mit einer Mischung aus Pop-Punk und Rap perfekt zu seinem besten Freund Machine Gun Kelly passte, welcher zum Leid von beiden Künstlern aber auch dem Publikum gleichzeitig spielte, sonst hätten sie bestimmt den ein oder anderen Song zusammen performt. Stattdessen gab es bei Machine Gun Kelly auf der Utopia Stage ein Feature von Bring Me The Horizon Sänger Oli Sykes.
In der untergehenden Sonne haben Architects dann nach eigener Aussage ihren Traum-Slot gespielt. Gefeiert wurden sie vom Publikum mit vielen Circle Pits.
Nach ein paar Songs ging es allerdings für uns in der Halle bei nothing,nowhere. weiter, der seinen Pop-Punk mit deutlichen Nu-Metal Einflüssen spielte, der Crowd schien es zu gefallen und es gab auch hier Mosh Pits ohne Ende. Danach gab es einen deutlichen Stilbruch mit dem Head der Orbit Stage: Carpenter Brut. Hier wurde neben feinster elektronischer Musik, welche durch Schlagzeug und Gitarre unterstützt wurde, auch eine sehr gute Lichtshow geboten. Trotz sehr wenigen Interaktionen mit dem Publikum wurde viel getanzt und gejubelt.
Als Abschluss des Tages spielten dann Bring Me The Horizon auf der Mandora Stage. Für uns definitiv das Highlight des Festivals: beeindruckendes Bühnenkonzept, mit einer Story, als wäre man in einem Videospiel dazu ein Set mit alten und neuen Songs, eine Lichtshow mit Lasern, die über das ganze Gelände gingen und natürlich Pyrotechnik, sowie CO2. Außerdem waren Yungblud bei “Obey” und Courtney von Spiritbox bei “nihilist blues” und “One Day the Only Butterflies Left Will Be in Your Chest as You March Towards Your Death” dabei. Rundum ein headliner-würdiges Set, bei dem mir die Setlist noch besser gefallen hat, als auf der eigenen Tour.
Sonntag:
Am dritten Tag, dem Sonntag, war bei uns persönlich die Luft leider etwas raus und die dauerhafte Sonne und Hitze hatten uns etwas zu schaffen gemacht, also setzten wir uns zu Jinjer in den Schatten und lauschten dem Set aus der Ferne. Die Einlasssituation war am Sonntag wieder sehr viel besser und man kam schnell auf das Gelände.
Als nächstes spielten Hot Milk auf der Mandora Stage, leider war Hannahs Stimme live etwas schwächer als auf den Studioaufnahmen, das Publikum feierte die Songs trotzdem und es gab viele Interaktionen zwischen Band und Publikum. Heute war hier die Staubschlacht an einem Höhepunkt angekommen.
Nach dem gelungen Start in den Tag spielten Fever 333 in neuer Besetzung auf der Mainstage. Frontmann Jason Butler ist bekannt für seine Ausbrüche auf der Bühne und das zeigte sich auch hier, sodass er beim letzten Song “Hunting Season” in das Riesenrad am anderen Ende der Bühne kletterte und den Song von hier performte. Er drückte auch mehrmals seine Dankbarkeit aus, dass eine Band aus dunkelhäutigen und jüdischen Mitgliedern an einem so geschichtsträchtigen Ort nationalsozialistischer Geschichte spielen kann.
Danach kam für uns ein harter Stilwechsel zu Deutschrap bei Bounty & Cocoa. Schade war, dass auch sie nicht von technischen Problemen verschont blieben, man konnte die ersten fünf Songs Cocoa gar nicht hören. Vielleicht auch deswegen war nur der erste Wellenbrecher gefüllt aber die Leute, die da waren, waren Fans und konnten jeden Text sicher mitsingen. Ihr ganzes Set über thematisierten sie Girls Power und holten auch einige weibliche Fans auf die Bühne zum Mitsingen und Tanzen. Ganz im Zeichen von Girls Power ging es auch für uns weiter: Yonaka auf der Orbit Stage stand an. Auch hier gab es wieder Textsichere im Publikum. Leider fanden wir die Lieder schwächer als auf den Studioalben. Danach brauchten wir erstmal eine Pause und schauten einige Auftritte aus der Ferne mit leckerem Essen oder aus dem Schatten im Sitzen an: Yungblud, Juju, Employed To Serve, Badmomzjay und Touche Amore.
Zum Abschluss gab es dann noch mal einen Banger zum Sonnenuntergang: Giant Rooks, der Zeit Slot war perfekt, es wurden auch neue unveröffentlichte Songs gespielt und die Fans haben die Show genossen. Die Produktion war groß angelegt, es ist schön zuzusehen, wie sie ihren internationalen Weg noch gehen werden.
Fazit:
Mit 30% gab es dieses Mal bei Rock am Ring und Rock im Park den größten FLINTA* Anteil der Geschichte. Es ist schön, dass sich so langsam etwas ändert, sowohl in der Festivallandschaft als auch im Musikbusiness allgemein. Trotzdem dürften es nächstes Jahr gerne noch mehr sein. Das Gleiche gilt auch für Schwarze und queere Künstler:innen. Positiv aufgefallen ist, dass es kaum übermäßig alkoholisierte Personen gab, oder generell Menschen, die negativ hervorstachen, ganz im Gegenteil, alle waren super nett, sowohl Securities, Verkaufspersonal und Zuschauer:innen.
Negativ hingegen waren die vielen technischen Probleme, wodurch Acts teilweise sogar ihre Sets kürzen mussten. Auch der Staub sitzt uns immer noch tief in der Lunge. Ansonsten wären ein paar Mülltonnen und einige Schattenplätze mehr auch nicht schlecht gewesen.
Wir sind gespannt, welche Bands für 2024 gebucht werden und hoffen auf eine bunte Mischung bis in die Headzeilen. Falls ihr auch Lust habt, nächstes Jahr dabei zu sein, merkt euch den 07. bis 09. Juni 2024.