Mike Rutherford betritt die Bühne mit Unterarmstütze – ein ungewohnter Anblick. Doch schon seine ersten Worte nehmen dem Moment die Schwere: „Ich habe mir die Hüfte gebrochen. Das ist Mist, aber wir werden euch dennoch einen tollen Konzertabend liefern.“ Und er sollte recht behalten. Was an diesem Abend im fast ausverkauften Saal 1 des Hamburger Congress Centrums passiert, ist ein mitreißendes Konzert, das sowohl Nostalgiker als auch neue Fans begeistert.
Mit „A Beggar on a Beach of Gold“ startet die Band stimmungsvoll, bevor mit „Another Cup of Coffee“ ein erster Hit das Publikum endgültig von den Sitzen holt. Die Mechanics – seit 2010 in nahezu unveränderter Besetzung unterwegs – spielen mit souveräner Leichtigkeit und großer Präzision. Mike Rutherford wirkt zurückhaltend, aber präsent, und überlässt die Bühnenaction seinen beiden charismatischen Sängern Andrew Roachford und Tim Howar.
Das Programm ist ein spannender Mix aus Klassikern, neuem Material und überraschenden Einlagen. Songs wie „Get Up“, „Let Me Fly“ oder das frische „East and West of the Sun“ zeigen, dass die Band nicht nur im Rückspiegel lebt. Dennoch liegt der Fokus klar auf der Geschichte: „Silent Running“, „The Living Years“ und natürlich „All I Need Is a Miracle“ sorgen für Gänsehaut und ausgelassene Mitsingstimmung. Besonders bemerkenswert ist das akustische Medley, das auf engem Raum große Momente vereint: „Nobody Knows“, „Invisible Touch“, „Follow You Follow Me“ und weitere Songs verschmelzen hier zu einer emotionalen Hommage an die Vergangenheit.
Auch Genesis-Fans kommen voll auf ihre Kosten: „Land of Confusion“ und „I Can’t Dance“ werden mit lautem Jubel begrüßt. Bei „Cuddly Toy“, ursprünglich ein Solo-Hit von Andrew Roachford, verwandelt sich der Saal in eine brodelnde Soulparty – ein echtes Highlight, das Roachford mit seiner Stimme und Bühnenpräsenz glänzen lässt.
Im Zugabenteil wird es dann nochmal richtig verspielt. Nach „Over My Shoulder“ und einem ersten Durchlauf von „Word of Mouth“ folgen Soli der Extraklasse: Keyboard, Gitarre, ein Hauch „Private Dancer“, dazu Stevie Wonders „Superstition“ und ein wilder Ausflug in „Purple Haze“. Als Krönung liefert Nic Collins ein fulminantes Schlagzeugsolo, das nicht nur technisch beeindruckt, sondern mit Leidenschaft und Präzision das musikalische Erbe seines Vaters Phil Collins würdigt – ohne es bloß zu kopieren.
Mit einer energiegeladenen Reprise von „Word of Mouth“ verabschieden sich Mike & The Mechanics unter großem Applaus. Was bleibt, ist der Eindruck eines Abends, der weit mehr war als bloße Nostalgie: ein Konzert voller Spielfreude, musikalischer Tiefe und der spürbaren Lust am Miteinander – auf und vor der Bühne.
Fotocredit & Review: Sascha Beckmann