Fünf Monate galt es für das Hamburger Publikum zu warten. Eigentlich hätte Delilah Bon bereits am 1. Oktober vergangenen Jahres auf der Bühne des Hafenklangs stehen sollen. Doch eine Krankheit machte ihr einen Strich durch die Rechnung – die Stimme versagte, das Konzert musste abgebrochen werden. Am vergangenen Wochenende war es nun endlich so weit: Der heiß ersehnte Nachholtermin stand an, und die Show wurde direkt ins größere Logo hochverlegt.
Bevor Delilah Bon selbst die Bühne betrat, sorgte die Support-Band Pentastone für einen kraftvollen Auftakt am Sonntagabend. Zwischen Herzschmerz- und „Auf die Fresse“-Songs bereitete die Band mit Frontfrau Luisa das Publikum perfekt auf den Abend vor. Nach einer halben Stunde war die Menge bereits angeheizt – und die Vorfreude auf den Main-Act lag in der Luft. Danach legte Delilah Bon los – und von der ersten Sekunde an war unmissverständlich klar, dass diese Frau keine halben Sachen machen würde. „Brat“ eröffnete den Abend mit einer explodierenden Mischung aus Hip-Hop, Nu-Metal und Riot-Grrrl-Energie. Durch das Logo fegte ein feministischer Sturm, in dem Empowerment und Wut auf patriarchale Strukturen Hand in Hand gingen. „Chiquita“ ließ keinen Raum für Zurückhaltung, und spätestens bei „Chop Dicks“ wurde klar, dass Delilahs Musik nicht nur laut, sondern auch verdammt wütend ist.
Die Power auf der Bühne war ansteckend. Mit messerscharfem Sprechgesang, wilden Sprüngen und hohen Kicks tauchte die Sängerin den Raum in ihre elektrisierende Energie. Tracks wie „I Don’t Listen to You“ oder „My Girls“ wurden von der Crowd gefeiert, während „Finally See Me“ einen besonders emotionalen Moment bot – ein Song, der für all jene geschrieben ist, die sich endlich gesehen fühlen wollen. Ein absolutes Highlight des Abends war „War on Women“. In kraftvollen Passagen brachte Delilah Bon die Wut und Frustration über gesellschaftliche Missstände auf den Punkt – ein Moment, der unter die Haut ging und Gänsehaut hinterließ. Mit „Bad Attitude“ verlegte sich das Geschehen dann mitten ins Publikum, welches einen Mittelgang öffnen sollte. Kurzerhand sprangen Delilah, Bassistin Becky und Gitarristin Anja von der Bühne und fanden sich von Publikum umringt wieder.
„I Wish a Bitch Would“ und „Dead Men Don’t Rape“ waren die vielleicht lautesten und wütendsten Momente des Abends – und richteten sich nicht zuletzt an den männlichen Teil des Publikums und den großen Wunsch nach Allyship. Bevor die Zugabe eingeläutet wurde, gab es noch einen Audio-Einspieler, in dem Delilah Bon erklärte, dass sie ihre Stimme denen geben möchte, die normalerweise stumm bleiben. Die Zugabe wurde dann kurz und knackig abgehandelt, sodass man nach etwas mehr als 70 Minuten schon komplett durch war. Jedoch hat sich das lange Warten gelohnt: Die 28-jährige Britin lieferte eine Show voller Energie, Wut und Empowerment – eine gnadenlose Kampfansage an patriarchale Strukturen und einen weiteren Beweis dafür, dass Musik Grenzen überschreitet.
Fotocredit: Helen Tate