Es ist Samstag Abend, 21:10. Ich sitze im Pressezelt mit den anderen Journalist*innen und plötzlich rief jemand laut durch die Tür: „Das Riesenrad brennt!“ Alle verließen panisch das Zelt und als wir draußen waren, sahen wir bereits die großen Rauchwolken über unseren Köpfen und hörten die Sirenen der Feuerwehr. Zwei Gondeln des Riesenrads haben Feuer gefangen. Nach Angaben der Polizei sei das Material unter dem Riesenrad auf bisher unbekannte Art und Weise in Brand geraten woraufhin das Feuer auf die Gondeln übergriff. Auf dem gesamten Gelände wurde es mit einem Mal komplett still. Es war ein Moment der Angst, Schockstarre und gleichzeitig hofften alle, dass die Leute, die sich zu dieser Zeit im Riesenrad befanden schnell und sicher evakuiert werden können. Aktuellen Angaben zu Folge gibt es laut Polizei ca. 60 Verletzte, vielen konnte von den Sanitätern vor Ort geholfen werden und 16 Menschen wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht. Keiner wurde lebensbedrohlich verletzt, so der Stand und die Angaben vom Festivalmanagement am Sonntag.
Jetzt aber erstmal durchatmen und zurück auf Start …
Dreckmäuse tanzen am besten im Viervierteltakt – der Festival Freitag
Mein Freitag startete ziemlich früh am Hauptbahnhof Leipzig. Von dort aus fuhr ein Shuttlebus die Besucher*innen – inklusive mir – zum Festivalgelände. Auf dem Gelände hieß es zunächst: Zelte aufbauen. In der heißen Mittagssonne war das ganz schön anstrengend, doch nach einem Sprung in den kalten Störmthaler See war man wieder hellwach. Dann ging es auch schon zu der ersten Band. Für mich waren das die Tränen auf der Becks Beach Stage. Was für ein schöner Auftakt: Menschen tanzten im Sand, badeten im See und hörten der Chemnitzer Band bei ihren sehr ehrlichen Texten zu, viele stimmten mit ein – so auch ich, knietief im kühlen See.
Kurze Wasserpause und schon eröffnete Schmutzki das Haupt-Festivalgelände. Auch wenn ich mir bis zu diesem Zeitpunkt mein eigenes Bett am Abend ehrlich gesagt doch sehr ersehnt habe, haben Schmutzki mit ihrem Auftritt den Charme des Campens erfolgreich wieder aufleben lassen. Nach einem Stage-Dive in einem Zelt während des Songs “Zeltplatzbaby” war auch ich gedanklich wieder mit an Board. Und wie lässt es sich besser zelten, als mit Live Background Musik der Lieblingsbands im Ohr? Also weiter geht’s.
Als Nächstes eröffnete Antje Schomaker die Blue Stage – eine Künstlerin, bei der ich mich sehr gefreut habe, als ich sie auf dem Lineup des Highfields entdeckt habe. Ich finde, dass sie mit ihrer positiven Ausstrahlung perfekt auf das Highfield passt.
Einer meiner Lieblingsacts des Freitags war Betterov. Songs wie “Viertel vor Irgendwas” oder „Dussmann“ haben das ganze Publikum begeistert tanzen lassen.
Als gegen 19 Uhr die Temperaturen etwas sanken, legte ich eine kurze Bandpause ein, um mir das Highfield Konzertgelände genauer anzuschauen. Je nachdem in welcher Ecke des Geländes man sich befand, roch es entweder nach Burger und Pommes, nach Lángos, Knoblauchbrot oder nach veganen Reisnudeln thailändischer Art. Für Letzteres habe ich mich entschieden und das war eine sehr gute Wahl an diesem heißen Sommertag.
Pünktlich zu Beginn der Donots war ich bereit für die nächste Tanzrunde. Meine Vorfreude war groß, weil ich wusste, dass die Donots und deren Publikum es jedes Mal schaffen, eine ganz eigene, tolle Stimmung zu kreieren. Doch die Freude des zusammen Tanzens und miteinander Singens, die während des Konzerts vom Publikum ausging, hat denke ich selbst die Vorstellungen der Band übertroffen. Ingo war stolz auf seine tanzenden Dreckmäuse.
Mit lautem Sing-Along ging es auch weiter bei Provinz. Nachdem sie vor zwei Jahren einen der Nachmittagsslots des Highfields besetzten, haben sie sich in diesem Jahr bis in die Headliner des Abends hochgespielt – und das zu Recht!
Den krönenden Abschluss des ersten Festivaltags übernahm Peter Fox und beendete mit Tänzer*innen und einer großen Show den ersten Highfield- Tag. Ich bin daraufhin müde und glücklich ins Zelt gefallen, für die Festival-Ultras war der Abend aber noch lang nicht vorbei, sondern ging bis in die frühen Morgenstunden bei der DJ Party weiter.
Mehr Fotos vom ersten Tag findet ihr hier!
Sonne, Strand und … Riesenrad – Der Festival-Samstag:
Mehr oder weniger ausgeschlafen wachten am nächsten Morgen alle nach und nach in ihren Zelten und Campern auf – bereit für Highfield Tag 2. Die erste Band, die ich gesehen habe, war Milliarden. Sie brachten müde Beine zum Tanzen, unter anderem mit ihren Hits wie „Himmelblick“, „Rosemarie“ und „Berlin“. Was für ein schönes Konzert, um ein<<<<en Festival Tag zu starten.
Als Ennio auf der Blue Stage mit seinem Konzert begann, versammelten sich größtenteils sehr junge Menschen voller Vorfreude vor der Bühne. Seine Fans unterstützten ihn laut bei seinen Songs. Besonders der Song „Kippe“ hat mit dem Chor aus Highfield-Besucher*innen vielen Leuten einen Gänsehautmoment beschert.
Direkt im Anschluss feierte die Antilopen Gang auf der Mainstage ihr 15-jähriges Jubiläum. Auch Danger Dans Song „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ hat in diesem Set seinen Platz bekommen. Wie viele Künstler*innen auf dem Highfield Festival setzten somit auch die Antilopen Gang ein Zeichen gegen Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung. Ein wichtiges Statement von vielen Bands angesichts der anstehenden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen am ersten September.
Auch Jeremias-Fans waren auf dem Highfield vertreten, wie man während seines Konzertes lautstark hören konnte. Sie bewiesen ihre Textsicherheit nicht nur bei den bekannten Songs „Grüne Augen lügen nicht“ und „Julia“ – selbst der Song „Meer“, der bisher noch nicht veröffentlicht ist, wurde schon von vielen Fans mitgesungen, nachdem er in Instagram-Stories und TikTok Beiträgen bereits vor seiner Veröffentlichung viral gegangen ist.
Monchi von Feine Sahne Fischfilet war an Sympathiepunkten auf der Green Stage kaum noch zu übertreffen. Für das Publikum brachte die Band Freibier mit, welches sein Bruder treffsicher „verteilte“. Zum Song „Niemand wie ihr“ holte Monchi seine Eltern auf die Bühne und bedankte sich, dass sie immer fest an seiner Seite standen und stehen. Während Monchi und seine Gang feststellten, dass sie noch nicht „komplett im Arsch“ seien, landete auf der Green Stage ein UFO, öffnete seine Luken und heraus stieg Ski Aggu. Viel Lichtshow, laute Bässe und eine fröhlich tanzende Crowd. Dann wurde es ruhiger, Ski Aggu redete mehr als er sang – das war der Moment, als das Riesenrad Feuer fing. Erst eine Gondel, dann die zweite. Er schrieb anschließend in einem Instagram- Post, dass er in diesem Moment die Anweisung erhielt, mit dem Publikum zu kommunizieren und die Show nicht abzubrechen, um eine Massenpanik zu verhindern. Dieser Plan ging glücklicherweise auf.
Das Festival wurde für eine gute Stunde komplett unterbrochen. Viele Menschen nahmen die Hilfe des Awareness-Teams in Anspruch. Das Konzept „Wo geht’s nach Panama“ war in dieser Situation Gold wert und wurde gut angenommen und umgesetzt. Nachdem sichergestellt war, dass sich niemand in Lebensgefahr befand und die Brandstelle abgesperrt war, entschieden die Veranstalter: „The show must go on“. Der Slot der The Kooks entfiel und Cro startete auf der Blue Stage mit einer Überraschung: Er überließ The Kooks für die ersten zwei Songs die Bühne. Danach übernahm Cro die Stage und animierte das Publikum, bei dem Song „Du“ für seine Live-Aufnahme laut mit einzusteigen. Die Show beendete er mit einem großen Feuerwerk.
Rise Against beendeten den Samstagabend mit einem tanzfreudigen Spektakel auf der Mainstage und entließen danach das Publikum in die Nacht – viele ließen es nach den vielen Eindrücken des Abends etwas ruhiger angehen.
Mehr Fotos vom zweiten Tag findet ihr hier!
Dancing in the rain to Einhornrock – Der Festival-Sonntag:
Am Morgen war es im Vergleich zum Samstagmorgen ziemlich ruhig auf dem Zeltplatz. Der Schreck des letzten Abends hing noch immer in der Luft. Nach dem Frühstück ging es runter zum Strand. Nachdem Aaron den Festival-Sonntag erfolgreich eröffnete, betraten Ok.Danke.Tschüss die Bühne. Die Mannheimer Band, die letzte Woche noch die Bergfunk Bühne in Königs Wusterhausen rockte, versprühte nun Einhornrock auf der Becks Beach Stage des Highfields. Besser hätte der letzte Festival-Tag nicht starten können. Gemeinsam beschimpften wir den Kapitalismus, das deutsche Gesundheitssystem und den Sexismus und stellten fest: am Ende des Tages sind wir alle „Muschigeburten“ und sollten dankbar dafür sein.
Um 14 Uhr versammelten sich viele Menschen vor der Blue Stage: Dilla hatte ihren großen Auftritt. Der Platz vor der Bühne füllte sich auch während des Konzerts zu einer großen Menge, was Dilla etwas sprachlos machte. Ihr Konzert war aufgebaut nach den Regeln eines guten Aufsatzes, die wir in der Schule gelernt haben, wie Dilla zu Beginn erklärte: die Exposition übernahmen ihre Hits „Star“ und „Girls“ und arbeiteten sich im Spannungsbogen immer höher. Die Peripetie – der Höhepunkt – war erreicht, als mit den Songs Licht und Mensch Ruhe in die Menge einkehrte und alle gespannt Dillas Texten zuhörten. Daraufhin steuerten wir mit Songs wie Teen und Schuld immer weiter auf die Katastrophe zu: Was bei Gustav Freytag als Katastrophe bekannt ist, heißt bei Dilla „Photosynthese“. Das Publikum tanzte, Moshpits wurden geöffnet und wieder geschlossen und Staub sammelte sich in der Luft – also weit weg von einer Katastrophe im eigentlichen Sinne.
Vom Pop zum Punk waren es daraufhin nur wenige 100 Schritte. Denn während sich der Tanzstaub bei Dilla langsam verzog, wirbelten Rogers auf der Green Stage neuen auf.
Den nächsten Stilwechsel gab es daraufhin mit Nico Santos, der sein Publikum mit vielen Ohrwürmern zurückließ. Aber auch seine neuen Songs wie „Human Being“ wurden von der Menge gefeiert.
Am frühen Abend startete Olli Schulz sein Set mit „So muss es beginnen“. Gemeinsam feierten alle die Musik mit „Als Musik noch richtig groß war“ und „So schreibt man seinen Song“. Beendet wurde das Konzert mit „Wenn es gut ist“ – und das war es.
Trotz des Regens verstand es Bosse mit seinen Fans die Party am Laufen zu halten. Doch das war noch lang nicht der letzte Tanz des Abends, denn Mando Diao warteten schon auf der Greenstage, um ihr berühmtes Hitfeuerwerk abzufeuern mit Songs wie „Dance with Somebody“.
„This is the moment, tonight is the night […] so we put our hands up“ for Macklemore, der das Programm auf den Hauptbühnen grandios abschloss.
Für viele ging es daraufhin in ihre Zelte, andere gingen zur Beach-Party, wieder andere fuhren Richtung Heimat. Aber was allen bleibt ist das Gefühl, ein sehr besonderes Wochenende gemeinsam erlebt zu haben. Wir denken an alle, die durch den Riesenradbrand verletzt wurden und wünschen ihnen eine schnelle und gute Besserung.
Das war garantiert nicht mein letztes großes Festival. Wenn ihr nächstes Jahr auch dabei sein möchtet: der Vorverkauf für das Highfield Festival vom 15.08. bis zum 17.08.2025 ist bereits. Als erster Headliner wurde bereits die Hip-Hop Band K.I.Z. angekündigt.
Text: Lara Gasse
Fotocredit: Adina Scharfenberg