Mit Bad Schwartau assoziiert man Erholung durch das Dasein als Kurort oder denkt an den gleichnamigen Hersteller von Konfitüre. Die wenigsten denken an Musik und schon gar nicht an genreübergreifenden Punkrock. Die Band Jack Pott ist drauf und dran dies zu ändern. Nach ihrem Debüt „Bomben über Disneyland“ (2022) erschien am 20.10.2023 das neue Album „Hass im Ärmel“.
Bei dem neuen Album „Hass im Ärmel“ von Jack Pott fällt zuallererst der Umfang auf – mittlerweile ist es recht selten, dass so viele Songs es auf ein Album geschafft haben. Das Album umfasst 14 Tracks inklusive eines Intros. Beeindruckend daran ist, dass die ganze Erstehung gerade mal ein Dreivierteljahr betrug.
Musikalisch ist dieses Album eine Wundertüte. Das „Intro“ und der erste „richtige“ Song „Irgendwann vorbei“ überraschen mit einem 80er Vibe, der durch den Einsatz bestimmter Stilelemente Falco Konkurrenz macht. Der Song handelt vom Ende einer Freundschaft und ist einer der stärksten des Albums. Wie man mit Kritik umgeht, beweist die Band mit dem Song „4 von 10“, der wunderbar selbstironisch ist. Ganz großes Kino sind die beiden Feature Songs „Fass mich nicht an“ zusammen mit TYNA und „Deutschland ist zu fett für Rock’n’Roll“ bei dem Montreal unterstützten. Insbesondere das Feature mit TYNA geht unter die Haut, da beide Bands es schaffen einen sensiblen Inhalt brutal ehrlich und respektvoll in einen Song zu packen, der darüber hinaus kraftvoll und mitreißend ist.
Aber auch inhaltlich deckt „Hass im Ärmel“ ein unglaubliches Spektrum ab. Es reicht von Freundschaft, Erwachsenwerden, sexualisierte Gewalt, Generationskonflikt, Liebe bis hin zu (geplatzten) Träumen. Es ist durch die Band ein starkes Songwriting, dass zum Nachdenken anregt, aber nie besserwisserisch ist. Jack Pott vermitteln durch die besondere Erzählweise der Songs (wie z.B. bei „Fass mich nicht an“) ihren Standpunkt. Viele Themen treffen besser, wenn aus einer persönlichen Perspektive erzählt werden. Meine Favoriten sind „Irgendwann vorbei“, „Fass mich nicht an“, „Lass mich dein größter Fehler sein“, „Deutschland ist zu fett für Rock’n’Roll“ und „Nadine“. Jack Pott haben auf diesem Fall auch keinen „klassischen Albumtrack“, der nur als Lückenfüller zwischen den Singles agiert. Bei „Hass im Ärmel“ könnte – bis auf das Intro – jeder Song als Single funktionieren.
Mit „Hass im Ärmel“ überzeugt mit Liebe. In jedem Song steckt so viel Liebe fürs Detail. Ausgereiftes Songwriting trifft auf liebevolle Arrangements und man spürt, dass Jack Pott jede Menge Herzblut in dieses Album gesteckt haben. Das sie dies in weniger als einem Jahr geschafft haben – neben Arbeit, Studium und allem anderen, macht es umso beeindruckender. Die Songs treffen auf den Punkt und das entweder ins Herz oder in die Fresse. Jack Pott vereinen gekonnt Humor, (Selbst)Ironie, Tiefgang und Weitblick in einer Art, die an Die Ärzte heranreicht. Mit ihrem neuen Album haben Jack Pott nahtlos an ihr Debüt „Bomben über Disneyland“ angeknüpft und sind daran vorbeigezogen. „Hass im Ärmel“ überzeugt im Gesamtpaket und ist keine „4 von 10“.
Trackliste
Intro
Irgendwann vorbei
4 von 10
Ce n`est pas une Scherz
Fass mich nicht an (feat. TYNA)
Jesus hätte sich geschämt
Lass mich dein größter Fehler sein
Solang das Dschungelcamp noch läuft
Verliebt in einen Traum
Deutschland ist zu fett für Rock’n’Roll (feat. Montreal)
Boomer, Boomer
Ich bin doch lieb
Nadine
Du, ich & eine beste Freundin
Fotocredit: lutz adorf