Der musikalischste und vielseitigste deutsche Rap-Grenzgänger Casper kündigt sein neues Album „Alles war schön und nichts tat weh“ für den 25. Februar 2021 an. Ca. 4,5 Jahre nach seinem letzten Solo-Lebenszeichen „Lang lebe der Tod“ (2017) erscheint nun ein Album, mit dem Casper seinen künstlerischen und persönlichen Frieden gefunden hat. Was wir vom Album halten, das erfahrt ihr in unserer Teamreview.
Janina: „Alles war schön und nichts tat weh“ – lange habe ich mich nicht mehr zeitgleich so sehr auf ein Album gefreut und es dennoch gefürchtet. Mich hat der Hype in den sozialen Netzwerken eingeschüchtert und mich befürchten lassen, dass das Album am Ende gar nicht den hochgeschürten Erwartungen entsprechen könne – besonders da die Single „Alles war schön und nichts tat weh“ mich anfänglich nicht ganz überzeugt hat. Aber am Ende habe ich mich geirrt – insbesondere inhaltlich ist das Album exzellent. Casper geht mit diesem Album neue Wege, testet sich aus und bricht auch mit Standards. Gefühlt werden Songs immer kürzer – Casper hingegen schreckt nicht davor zurück eine Geschichte komplett zu erzählen („Fabian“) und den 7-minütigen Track als Single zu veröffentlichen. Ansonsten sind meine großen Favoriten: „ZWIEBEL & METT (Die Vergessenen Pt.3)“, „DAS BISSCHEN REGEN (Die Vergessenen Pt.4)“, „MIESES LEBEN“, „BILLIE JOE“ und „GIB MIR GEFAHR (feat. Kummer)“. (9-8-8)
Jacky: Kaum ein anderes Album dürfte so gehyped sein diese Woche wie Caspers „Alles war schön und nichts tat weh„; und glaubt mir ich war es auch. Nachdem es nun die letzten Tage ununterbrochen in Dauerschleife bei mir lief blieb trotz allem ein minimal ambivalenter Eindruck. Auf der einen Seite macht das Album so unfassbar viel richtig, dass es eigentlich außer Konkurrenz zu anderen steht. Trotzdem sind auch ein paar Sachen, wie sehr viele Single-Auskopplungen und Features, anzuführen, die man auch negativ auslegen könnte. Außerdem hat sich Caspers Sound natürlich entwickelt. Dabei würde ich sagen, dass vom Gefühl her eher „Lang lebe der Tod“ Vibes zu spüren sind, wenn es um eher düstere Themen gibt, die Todesfälle verarbeiten. Von der Konzeption her und der textlichen Tiefe sind wir auf jeden Fall auf dem Niveau des genialen Meisterwerkes „XOXO“ unterwegs. Gerade am Anfang gibt es jedoch Songs, die mich bei den ersten Malen hören nicht ganz so vom Hocker hauen. Für mich schlägt „AWSUNTW“ spätestens mit „Wo warst du“ richtig ein. Der Song „Fabian“ am Ende ist wohl der außergewöhnlichste Track, den Casper jemals gemacht hat und rührt zu Tränen und Dauer-Gänsehaut. Wenn dann „Alles war schön und nichts tat weh“ direkt noch einmal von vorne anfängt, ist sowieso alles vorbei und dieser Song trifft dann ohne Zurückhaltung mitten ins Herz. Nichtsdestotrotz verbreitet Casper über weite Teile eher dunklere Stimmungen, die ich ihm in erster Linie gar nicht so zuordnen würde. Vielleicht beschreibt es am ehesten die Zeile „Ich liebe dich wirklich“ aus Billy Jo, in der meiner Meinung nach Casper am rohesten auftritt und einfach noch mal ein so viel tieferes Gefühl auslöst als das schwere Verarbeiten, welches ansonsten dominiert. Daher war ich beispielsweise von „Gefahr“ unfassbar begeistert. (9-10-8)
Kevin: Zwölf Songs, sechs Gast-Features und ein Moment des „WOW“-Seins: das schafft nur Casper mit seinem neuen Album „Alles war schön und nichts tat weh“. Casper hat endlich das geschafft, was ich die letzten Jahre etwas vermisst habe, und zwar einen würdigen Nachfolger zum Erfolgsalbum „XOXO“ (2011 ). Das Album ist immerhin auch schon weit über zehn Jahre her. Obwohl Casper mit fünf Vorab-Singles schon fast das halbe Album im Vorfeld veröffentlicht hatte, ha ter es trotzdem geschafft die Sahnehäupchen noch für sich zu bewahren. Allein die Single „Gib Mir Gefahr“ mit Special Act Kummer oder auch „Euphoria“ mit Teute aka Arnim Teutoburg-Weiß von den Beatsteaks sind so starke Songs, die das ganze Album prägen. Vor allem der letzte Songs „Fabian“ ist so emotional, tiefgreifend und persönlich, wie man Casper wohl seit „Micheal X“ lange nicht mehr gesehen hat. 7 Minuten und 17 Sekunden (Caspers längster Song in seiner Karriere) voller Emotionen, die einem es nur schwer machen, sich die Tränen zu verkneifen. Jeder Song dieses Album ist Casper in Person und zeigt was der Sänger noch immer ist: eine Persönlichkeit für tiefgreifende, gereifte Songs, bei denen aber vor allem nicht der Spaßfaktor aus dem Auge gelassen wird. (9-8-10)
Jana: Caspers fünftes Studioalbum „Alles war schön und nichts tat weh“ bringt eine unbeschreibliche Magie mit sich; eine Achterbahnfahrt der Gefühle quasi. Noch nie zuvor hat mich ein Album so sehr berührt, dass ich von Anfang bis Ende durchgängig Gänsehaut hatte. Warum? Weil „Alles war schön und nichts tat weh“ es einfach kann: Es ist persönlich, emotional, unverblümt, ehrlich, ballernd – und das dramaturgisch wohl beste Album des Bielefelders. Gemeinsam mit Stimmen wie Tua, Provinz, Kummer, Lena, Haiyti und Teute, nimmt Casper uns mit auf eine Reise durch gesellschaftliche Disruption und Erwartungshaltungen („Alles war schön und nichts tat weh“), Eifersucht und Liebeskummer („TNT“ und „Wo bist du“) und erzählt von traumatischen Kriegserlebnissen und PTBS („Billie Jo“ und „Zwiebel & Mett“). Mit „Fabian“ endet das Album, wie es epischer und emotionaler nicht sein kann, mit einer siebenminütigen Hommage an Caspers Freund, der mit dem Tod kämpfte – und sich dann doch für das Leben entschied. Ein unverschämt grandioses Album, das die Vorfreude auf die Tour fast unerträglich werden lässt. (10-9-10)
Fotocredit: Chris Schwarz