Punkbands haben sich seit jeher mit größter Inbrunst an Religion abgearbeitet – aber selten so pointiert wie bei PASTOR GERALD. „Planet der Pfaffen“, das Debüt der jungen Band aus dem Norden, ist ein Album wie eine entgleiste Sonntagspredigt. Voller Sarkasmus und Gesellschaftkritik.
Mit dem Opener „Gottes Plan“ stolpert die Band mitten hinein in die große Frage, die Kirchenväter seit Jahrhunderten zum Schwitzen bringt: Warum zur Hölle passiert all das Leid? Tod, Hunger, Armut, Elend – steckt da irgendein Sinn dahinter? Pastor Gerald präsentieren ihre Version der Antwort mit einem Grinsen im Mundwinkel: Klar, alles Teil von Gottes Masterplan! So eröffnet die Band ihr Album mit einer herrlich überspitzten Breitseite und zeigt sofort, wohin die Reise geht: bissige Ironie trifft auf ungeschönte Gesellschaftskritik, und das Ganze scheppert so, wie man sich ein Punkdebüt vorstellt.
Was an „Planet der Pfaffen“ sofort auffällt: Diese Platte klingt erstaunlich aufgeräumt. Die Songs wirken strukturiert, stellenweise sogar melodisch – als willkommenes Gegengewicht dazu steht Majas Gesang: ein herrliches Hybrid aus Keifen, Rotzigkeit und maximaler Verständlichkeit – was bei den detailverliebten Alltagsbeobachtungen („Brotdose“) und politischen Sticheleien („FDP hat Sexverbot“) absolut unverzichtbar ist.
Gerade dieser Kontrast – klare Musik, wilder Gesang – gibt dem Album seinen besonderen Biss. Und ja: Ein riesiger Respekt an den Mix. Der sorgt nämlich dafür, dass Pastor Gerald nicht wie die nächste Garage-Kapelle mit Erstling klingt, sondern wie eine Band, die genau weiß, was sie tut. Dadurch sticht dieses Debüt aus einer ganzen Herde an Punkveröffentlichungen heraus.
Und vor allem auf lyrischer Ebene gibt es hier viel zu entdecken. Z.B. die Kellner*innen-Therapiesitzung „Timmendorfer Strand“, eine Hymne für alle, die jemals im Dienstleistungssektor litten. Oder auch die fortwährend gültige Abrechnung mit allen Karens dieser Welt – inzwischen schon als „Karen 2.0“ betitelt. Und auch Bassist Tüte bekommt bei einem Song das Mic gereicht. In „A.E.K. (Allgemeine Eichel Kontrolle)“ besingt er Polizeiwillkür und Machtmissbrauch – halb Satire, halb Wutrede, komplett gelungen. In jedem Fall ein Keytrack von Pastor Gerald.
„Planet der Pfaffen“ ist ein Debüt, das mit Haltung, Humor und Herz daherkommt. Pastor Gerald verbinden politische Wut, Alltagssatire und jugendlichen Übermut zu einem Sound, der genauso frech wie klug ist. Man hört jedem Song an, wie viel DIY-Spirit hier drinsteckt – aber auch jede Menge Talent.
Fotocredit: Pastor Gerald Pressebild