Wie kann man eine Konzertwoche möglichst abwechslungsreich gestalten, den unterschiedlichsten Menschen begegnen und seinen Horizont gezielt erweitern?
Man besucht im Abstand von drei Tagen zunächst ein Konzert von FiNCH und dann von Hans Zimmer in der Kölner Lanxess Arena. Zwei Abende, wie sie verschiedener kaum sein könnten. Der heutige Abend verspricht musikalische Genüsse der Extraklasse erleben zu lassen. Den mit Hans Zimmer betritt ein Mann die Bühne, desen Musik in zahlreichen Filmen bereits für Gänsehaut sorgt. Gemeinsam mit seiner kaum minder großartigen Band, bringt er diese musikalischen Inszenierungen mit „Hans Zimmer live“ in die Arenen der Welt.
Für den heutigen und morgigen Abend macht die Produktion Halt in in der nun bestuhlten Lanxess Arena. Mit einer kurzen Verzögerung betritt Hans Zimmer und ein erster Teil des musikalischen Ensembles unter Beifall die Bühne. Eine visuelle und akustische Reise beginnt. Mit Donnergrollen und Lichterflackernden Blitzen steigt die Band mit „The Dark Night“ in das Set des Abends ein. Ein stimmungsgeladener Beginn, von einem Film, den wohl die wenigsten bisher noch nicht gesehen haben. Batman.An diesem Abend werden zumeist nicht einzelne Songs eines Filmes gespielt, sondern eine Auswahl der im Film vorkommenden Kompositionen, reihen sich nahtlos ineinander ein.
Einen Tag vor dem heutigen Konzert, machte der Komponist in Oberhausen halt. Betrachtet man dieses Konzert als die Generalprobe der Tour, so ist heute der Tag, an dem das Konzert mit dieser Produktion seine Weltpremiere feiert.
Hans Zimmer lässt in der Nachmittags stattgefunden Pressekonferenz verlauten, dass er auf dieser Tour ein bisschen weniger auf ein Orchester setzt und stattdessen mehr in die elektronische Richtung tendiert, ebenso wie dem Rock`n`Roll.
Ganz großer Bedeutung misst er zudem seiner Band zu, die er den ganzen Abend hindurch mit durchaus authentischer Wertschätzung vorstellt und lobpreist. Worte, die nicht einfach als orte beim Publikum ankommen, sondern aus denen wirkliche Freundschaft und Dankbarkeit spricht. Bevor es mit Musik aus dem Film „Dune“ weiter geht, richtet Hans Zimmer seine Worte an das Publikum. Ein Film, den Hans Zimmer dazu bewegt, an seine Jugendtage zu denken, basiert dieser doch auf eine im Jahre 1965 veröffentlichte Romanreihe. Er erwähnt, wie wichtig es ist, dass man auch als Erwachsener Mensch niemals einen Teil seiner jugendlichen Leichtigkeit und Neugierde.
Ursprünglich in Frankfurt geboren, lebte er eine Zeit lang in England, bevor es für ihn nach Amerika ging, wo er nun in Los Angeles lebt. Seine Ansagen macht er dennoch auf Deutsch, lässt es jedoch nicht aus zu erwähnen, dass er lange nicht mehr in Deutschland gewesen ist und diese Sprache ihm wohlmöglich nicht mehr ganz so mühelos und fehlerfrei über die Lippen kommt. Nichts desto trotz werden alle Bandmitglieder des Abends von ihm auf deutsch vorgestellt, nicht ohne sich bei diesen mit einem Lächeln zu entschuldigen – denn bis auf wenige Ausnahmen versteht keiner von ihnen die deutsche Sprache.

Eine hohe Bühne, mit Aufbauten, Traversen, Leinwänden und einem sich – scheinbar – immer wieder wechselndem Bühnenbild, bietet den Musikern Raum sich perfekt zu präsentieren. Wer die Bühne genau beobachtet, kann sehen, wie sich immer wieder neue Musiker, Sänger und Chöre auf den Treppen und unterschiedlichsten Stellen auf der Bühne einfinden.
Ganz ohne kleines Orchester geht es schließlich auch doch nicht. So tauchen zwischendurch Blasmusiker auf oder der Chor steht auf den Treppen bereit.
Selbstverständlich greift auch Hans Zimmer zu seinen Instrumenten. Von Bass über Gitarre bis Synthesizer lässt er nichts aus, um seine musikalische Leidenschaft auszuleben.
Auch wenn ich es Hans Zimmer gerne gleich tun würde und in diesem Bericht jedem der Musiker durch seine Erwähnung ein wenig Respekt zu zollen, muss ich mir eingestehen, dass dies wohl den Rahmen sprengen würde. An Gitarrist Guthrie Govan komme ich jedoch nicht vorbei. Der Mann mit den langen weißen Haaren, trägt etwas an seinem Gitarrengurt, was einem unwissenden höchstwahrscheinlich gar nicht auffällt. Eine Art Kreditkarte, gelb ist daran befestigt. Hans Zimmer berichtet über seinen Freund, dass dies eine Erinnerung von Guthrie daran sei, dass man als kleiner Musiker meist kaum Geld hat, um über die Runden zu kommen. So hat er früher für McDonads Hamburger verkauft.
So vergeht der Abend zwischen „Man Of Steel“, „Hannibal“ und „Gladiator“ und weitere Freundes-Vorstellungen, begleitet von sympathischen, persönlichen Anekdoten. Ja. Da stehen wirklich Freunde auf der Bühne. Immer wieder gibt es so viel musikalische und visuelle Abwechslung, dass es mir gar nicht möglich erscheint, dies alles Adäquat zu verschriftlichen. Plötzlich stehen Streicher auf der Bühne oder eine stimmgewaltige Opernsängerin, welche dem Publikum Gänsehaut auf die Arme zaubert.
Der gesamte Abend ist in zwei Akte unterteilt. Da das Konzert bestuhlt ist, gibt es zur Hälfte des Sets eine 20 minütige Pause. Nach der verspielten Musik von „Sherlock“ – bei dem Hans Zimmer das Banjo zur Hand genommen hat – wird das Publikum mit fröhlicher und ausgelassener Stimmung zum Beine vertreten entlassen. Mit der Filmmusik von „Inception“ aus dem Jahr 2010 gelingt ein epische Wiedereinstieg in den musikalischen zweiten Teil des Abends. Gefolgt von dem Lied „160 BPM“ aus dem Film „Der Davinci Code“, bei dem der Chor ganz besonders gut mit seiner stimmlichen Gewalt an den Zuhörer dringt. Bevor es mit dem Titeltrack von „Pearl Habor“ auch intensiv, jedoch eher emotional berührend weiter geht, erwähnt Hans Zimmer, dass dieser Track nur wegen seiner Frau einen Platz in der Setliste der Tour gefunden hat. „Wenn ich dieses Stück nicht spiele, liebt meine Frau mich ein Stück weniger“.
Die Möglichkeit andere musikalische Meisterwerke auf die Bühne zu bringen, wäre ja durchaus gegeben. Eine große Vielzahl an Filmen hat durch die Musik Hans Zimmers eine ganz besondere Note bekommen. Nicht umsonst wurde er für 12 Oscars nominiert, hat davon 2 gewonnen und blickt auf eine Nominierung für 24 Grammys zurück, von denen er 5 gewinnen konnte. Die Oscars gehen auf die musikalischen Meisterwerke zu „Der König der Löwen“ und „Dune“ zurück.

Das neuste Stück, welche Hans Zimmer mit seiner Band präsentieren kann, ist der Track „F1“. Der gleichnamige Film, in dem es – ganz grob gefasst – um die Formel 1 geht, ist ein Film aus diesem Jahr.
Etwas ruhiger wird es danach mit „Dune Love“ und „Beyond Rangoon“, wobei Hans Zimmer sich sichtlich amüsiert zeigt, dass jemand aus dem Publikum letzteren Film kannte und sogar angeschaut hat.
Zu dem Stück, dass dann folgt, gibt es eine (weitere) schöne Anekdote, die sich Hans Zimmer nicht nehmen lässt zu erzählen. So kam der dann folgende Song zustande, nachdem Christopher Nolan ihm einen Brief hat zukommen lassen. In diesem wurde er darum gebeten, einen Song zu komponieren, indem das Gefühl zum Tragen kommt, wie es ist, wenn man Vater wird. Als Christopher Nolan diese Komposition hörte, offenbarte er Hans Zimmer, dass es eigentlich um das Weltall geht, aber das er nun ganz genau wisse, wo das Herz der Sache liegt. Und mit dieser kleinen Anekdote, hört sich „Interstellar“ gleich noch viel Intensiver und tiefer an. Die Ohren öffnen sich ganz anders für die Wahrnehmung der Einzelheiten.
Ein weiteres Highlight bei „Interstellar“ ist eine Akrobatin, die plötzlich über den Köpfen des Publikums auftaucht. Mit ihrem Anzug, der aus lauter silbernen Pailletten besteht, bringt sie mit ihren grazilen Bewegungen die Lanxess Arena bis in alle Ecken zum funkeln und zum strahlen.
Vollkommen anders geht es mit der Filmmusik von „Der König der Löwen“ weiter. Diese Musik trögt so viel Kraft und so viel Stolz der Menschen, die ihn präsentieren, repräsentieren und mit ihren Stimmen zum Leben erwecken, in sich, dass man sich richtig mitgerissen fühlt. Der Chor, welcher Hans Zimmer und die Band auf der Tour begleitet und auch die beiden Leadsinger, haben ihre Wurzeln in Afrika. Der Nairobi Chamber Chor. Und mit ihnen und durch sie entsteht auf der Bühne ein Fest der ausgeglichenen Freude. So kraftvoll. So voller Energie.
Der Sänger aus „Der König der Löwen“ – Lebo M wird herzlich von Hans Zimmer umarmt und das Publikum erneut mit einer kleinen Anekdote belohnt. „Weißt du noch, als wir diese Musik geschrieben haben?! Wir waren noch so jung, dass deine Tochter Refi Morake noch gar nicht geboren gewesen ist.“ Refi ist die Sängerin, die gemeinsam mit ihrem Vater und dem Chor ihre Stimme bei der Musik von „Der König der Löwen“ hat erklingen lassen. „Der König der Löwen“ stammt aus dem Jahre 1994.
Was nun folgt, ist die Zugabe ohne Zugabe. Die Zeit, von der Bühne zu gehen, wird gesparrt. Stattdessen gibt es vom Publikum Standing Ovations und tosenden Applaus.
Den Abschluss des Abends bilden zwei absolute Klassiker und Lieblinge der Fans der Filmmusik. Dies ist die Musik von „Fluch der Karibik“ und natürlich, als letztes Lied des Abends „Time“, das ebenfalls von dem Film „Inception“ stammt.
Was für ein epischer Abschluss, eines großartigen Abends. Drei Stunden haben die Musiker ihre Leidenschaft vereint und gemeinsam an die Ohren des Publikums heran getragen. So ein herzliche, authentischer und sympathischer Hans Zimmer – und ebensolche Musiker.
Um aus einem Buch zu zitieren, welches es zu erwerben gab und in welchem die gesamte Crew, alle Musiker und ein paar Hintergrundinformationen nachzulesen sind, möchte ich mit folgenden Worten abschließen: „ Und wir merken: Diese Musik ist zeitlos. Sie resoniert mit unserer Innenwelt, mit unseren Gefühlen und unserem Wohlbefinden. So sehr wir die Filme bewundern, die Hans zu seinen Werken inspirierten: diese Bilder sind nicht nötig, um die Wirkung seiner Musik auf uns alle hier und jetzt vollständig zu erfahren.“

Fotocredit & Review: Sarah Fleischer