Im Spannungsfeld zwischen Grunge, Rap und Punk hat sich Lostboi Lino längst einen Platz geschaffen, an dem er nicht mit anderen konkurriert, sondern seine ganz eigene Nische definiert. Mit der kommenden EP „Von Liebe“ beweist der Stuttgarter einmal mehr, dass er sich nicht in ein festes Genre pressen lässt – und genau dadurch so relevant bleibt.
Während „Lost Tape“ noch roh und hungrig wirkte und „Phase“ die Wucht eines Künstlers zeigte, der mitten in der Pandemie einen unerwarteten Höhenflug hinlegte, wirkt „Von Liebe“ reifer und bewusster. Lino hat gelernt, mit den Extremen zu spielen: zwischen Zynismus und Verletzlichkeit, zwischen Abgrund und Hoffnungsschimmer. Es ist diese Dualität, die ihn so greifbar macht und seine Musik so unmittelbar wirken lässt.
Die EP zeigt, wie weit sich Lostboi Lino in den letzten Jahren entwickelt hat – nicht nur musikalisch, sondern auch inhaltlich. Wo frühere Werke manchmal noch das Gefühl vermittelten, aus dem Moment heraus explodiert zu sein, ist „Von Liebe“ konzeptioneller und stringenter. Es wirkt, als hätte er einen roten Faden gefunden, der die düsteren Elemente mit den leichteren, fast poppigen Momenten verbindet.
Dass Lino diesen Weg unabhängig gegangen ist, macht das Ganze noch beeindruckender. Schon mit seinen ersten Veröffentlichungen hat er gezeigt, dass er keinen Major-Deal braucht, um Relevanz zu schaffen. Aber während „Lost Tape“ von jugendlicher Unruhe getragen war und „Phase“ eine Art Bestandsaufnahme mitten im Chaos darstellte, fühlt sich die neue EP nach einem bewussten Statement an: weniger ein Versuch, sich zu beweisen, als vielmehr ein Ausdruck dessen, wo er heute steht.
Natürlich bleibt bei einer EP wie dieser auch die Frage, wie sie sich in Relation zu einem kommenden Album behauptet. Doch genau darin liegt die Stärke: „Von Liebe“ fühlt sich nicht wie ein Zwischenstopp an, sondern wie ein klarer Schritt auf dem Weg zu etwas Größerem. Es ist kompakt, ehrlich und druckvoll – ein Werk, das im Jetzt verankert ist, aber bereits die Weichen für das nächste Kapitel stellt.
Fazit: „Von Liebe“ ist ein weiterer Meilenstein in der Diskografie von Lostboi Lino. Persönlicher und fokussierter als die Vorgänger, aber ohne den Drang, sich selbst zu verleugnen. Eine EP, die die Spannung hochhält, neugierig macht und zeigt, dass dieser Künstler noch lange nicht am Ende seiner Reise angekommen ist.
Fotocredit: Flipphone Studios Fritz Eismann