Seit über 20 Jahren sind Sondaschule fester Bestandteil der deutschsprachigen Punk- und Ska-Szene. Mit ihrem neuen Album „Wir bleiben wach“ präsentiert die Band nun ihr bislang emotionalstes und vielschichtigstes Werk – geprägt von Verlust, aber auch voller Hoffnung, Liebe und Haltung. Im Gespräch mit uns dem Frontstage Magazine erzählt Gitarrist Tim, wie der plötzliche Tod von Bandkollege Daniel „Blubbi“ Junker die Entstehung der Platte beeinflusst hat, warum gesellschaftliche Botschaften für Sondaschule wichtiger denn je sind und wie sie es schaffen, auch nach zwei Jahrzehnten noch frisch, wütend und gleichzeitig lebensfroh zu klingen. Außerdem spricht er über die Zusammenarbeit mit Produzent Vincent Sorg, die Balance zwischen Punk-Wurzeln und Massenkompatibilität – und was die Fans auf der kommenden Tour erwartet.
Frontstage Magazine: „Wir bleiben wach“ wird als euer bisher emotionalstes und vielschichtigstes Werk beschrieben – was war der ausschlaggebende Moment oder die Inspiration für dieses Album?
Tim: Für uns war es immer wichtig, dass jedes Album ein weiterer Schritt ist und keine einfache Wiederholung von dem, was wir bereits gemacht haben. Unter dem Motto, Picasso hat auch nicht zwei mal das gleiche Bild gemalt, versuchen wir bei jedem Album von vornherein über den Tellerrand zu schauen und schwimmen erstmal aus der Komfortzone raus, bis wir ein Gefühl dafür bekommen, wo es hingehen soll. Das unser Gitarrist Daniel „Blubbi“ Junker kurz vor unserem letzten Album Release überraschend viel zu früh gestorben ist und wir damit anfangs ganz schön zu kämpfen hatten, hat wahrscheinlich die merkbare Emotionalität ins Album gebracht.
Frontstage Magazine: Ihr sprecht in den neuen Songs offen über Wut, Hoffnung, Liebe, Trauer und Haltung. Gibt es einen Song, der für euch persönlich besonders heraussticht – und warum?
Tim: Es gibt da sogar zwei Songs die mir spontan einfallen. „Auf einen neuen Tag“ ist auf jeden Fall einer davon. Er ist voller Liebe, Trauer und Hoffnung. Der Song handelt davon, wie ich an Blubbis Grab sitze und an die alten Zeiten denke. Der Horizont ist schwarz, ich sende ich Küsse rauf in die Wolke und warte auf einen neuen Tag. Dabei versuche ich nicht zu vergessen, aber mich auch nicht davon unterkriegen zu lassen. Ich hab gelernt, die Kombination ist manchmal garnicht so leicht. Bei Wut und Haltung denke ich sofort an „Das kann doch mal passieren“. Der Song beschreibt einfach perfekt mein Leben. Die Wut auf die scheinheilige Spiessbürger Welt, mit der ich gerade als jugendlicher nicht zurecht kam und alles dafür tat „anders“ zu sein. Ich habe mich damals bewusst als Aussenseiter positioniert und wollte nie mit der Masse mit schwimmen. Heute ist es gefühlt nicht viel anders. Ich denke und hoffe, da werden sich sehr viele Menschen wiederfinden.
Frontstage Magazine: Eure klare Haltung gegen Rechts und für Solidarität ist seit jeher Teil eurer Identität. Wie wichtig ist es euch, diese Botschaften auch über Genregrenzen hinweg zu transportieren?
Tim: Sehr wichtig. Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtiger denn je, für eine offene, soldarische Welt und vor allem für die Menschlichkeit in der Welt einzustehen. Seit Jahren gibt es einen merkbaren, beunruhigenden Wechsel der Haltung in der Mitte der Gesellschaft zu diesem Thema. Sogar in unserem direkten Umfeld. Da ist es einfach wichtig nicht zu schweigen.
Frontstage Magazine: Produziert wurde das Album von Vincent Sorg, der auch mit Die Toten Hosen oder den Donots gearbeitet hat. Wie war die Zusammenarbeit – und was hat er aus euch herausgeholt?
Tim: Das beste an der Arbeit mit Vincent ist in erster Linie, dass es sehr viel Spaß macht. Es gibt einen besonderen Vibe im Studio der sich auf die Musik überträgt. Vincent hat bereits mit unzähligen Bands zusammen gearbeitet und man kann von ihm eine Menge lernen. Am meisten mag ich, dass ein Song für ihn erst wirklich fertig ist, wenn er auf Vinyl gepresst wurde. Bis zum letzten Moment hat er ein offenes Ohr für jegliche Veränderungsvorschläge und ist offen für alles, was den Song noch besser macht. Zudem ist er ein sehr humorvoller, intelligenter und herzlicher Mensch, mit dem man sehr gerne Zeit verbringt und der es sehr gut versteht alle Puzzleteile einer Band zusammenzufügen.
Frontstage Magazine: Nach über 20 Jahren Bandgeschichte klingt ihr auf „Wir bleiben wach“ so frisch und energetisch wie am Anfang. Wie schafft ihr es, euch immer wieder neu zu motivieren und musikalisch weiterzuentwickeln?
Tim: Motivieren müssen wir uns nicht, da wir einfach sehr gerne neue Musik machen und jedes Album, wie anfangs erwähnt ein eigenständiges Gesamtwerk werden soll, ohne das wir uns wiederholen. Daher kommt vielleicht genau dieser Eindruck und wir lieben es, dass wir genau so wahrgenommen werden. Klar, über die Jahre sind auch alle Bandmitglieder besser an ihren Instrumenten geworden – Helge Schneider würde sagen: Durch Selbstentwickelei
Frontstage Magazine: Sänger Costa sagt: „Manchmal muss man die Hintertür nehmen, um alle zu erreichen.“ Was meint ihr damit konkret – und wie spiegelt sich das im neuen Album wider?
Tim: Diese Aussage bezieht sich nicht unbedingt ausschließlich auf das neue Album, sondern bedeutet eher, manchmal muss man Umwege gehen um zum Ziel zu kommen. Wir haben nie einen Hehl aus unserer politischen Einstellung gemacht, aber auf einem Punkkonzert Nazis raus zu rufen, ist einfach, man bekommt Applaus und wird für seine klare Kante gelobt. Aber leider erreicht nie die Richtigen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden unsere Musik unabhängig vom Schubladendenken so zu machen, dass sie möglichst viele Menschen erreicht. Auch ausserhalb der Punk Bubble. Natürlich wollen und werden wir unsere Roots nicht verraten und bleiben uns selbst treu, aber die „Massenkompatiblität“ unseres neuen Albums ist quasi unsere Hintertür, um alle, auch ausserhalb der Bubble zu erreichen. Je mehr Menschen uns hören, desto mehr Menschen erreichen wir und können unsere Lieder, Ansichten und Werte verbreiten.
Frontstage Magazine: Mit dem Release geht ihr auf große Tour. Was dürfen die Fans erwarten – eher eine energiegeladene Best-of-Show oder steht das neue Material ganz im Fokus?
Tim: Natürlich wollen und werden wir dem gesamten neuen Album live echtes Leben einhauchen und die Songs auf der Bühne ausprobieren. Wir denken ja auch im Studio schon immer daran, wie der Song der gerade entsteht live funktionieren wird. Wir sehen uns selbst ja eher als Liveband, die trotzdem sehr viel Spaß daran hat, im Studio Alben zu machen und sich immer weiter zu entwickeln. Da das Album aber nur knapp 40 Minuten Spielzeit hat, bleiben uns ja dann immer noch weit über eine Stunde um das Beste von früher bis heute zu spielen. Es wird also definitiv für alle etwas dabei sein – Neues Album + Best of der Klassiker + vergessene Perlen. Das sollte man auf keinen Fall verpassen. Wir freuen uns schon riesig auf die Tour!
Das neue Album erscheint diesen Freitag!
Sondaschule Auf Tour 2025
26.09.2025 – Oberhausen, Turbinenhalle (Albumrelease-Show)
11.12.2025 – Stuttgart, Im Wizemann
12.12.2025 – Wiesbaden, Schlachthof (Ausverkauft)
13.12.2025 – Düsseldorf, Mitsubishi Electric Halle
19.12.2025 – Hamburg, Sporthalle
20.12.2025 – Leipzig, Haus Auensee
21.12.2025 – München, Tonhalle
19.11.2025 – Zürich, Dynamo
21.11.2025 – Wien, Arena
28.11.2025 – Berlin, Columbiahalle
29.11.2025 – Hannover, Swiss Life Hall
Fotocredi: Flo Ehlich