Lange hat sich Niklas Schwedt alias SWEED Zeit gelassen. Vier Jahre nach den ersten Singles, 7 Millionen Streams später, steht nun endlich sein erstes Album „Bittersweed“ in den Startlöchern. Am 21. März erscheint die Platte über Milkface Records – und wie der Titel schon andeutet, schwingt hier zwischen Euphorie und Melancholie so einiges mit.
Dass Künstler:innen wie SWEED nach einer Reihe von erfolgreichen Singles und EPs mit ihrem ersten Album unter enormem Druck stehen, liegt auf der Hand. Nach so langer Vorarbeit und wachsender Hörerschaft werden Debütalben nicht selten zu einer Art „Best of“ der letzten Jahre – ein Fehler, den SWEEDglücklicherweise vermeidet. „Bittersweed“ ist keine Wiederverwertungsstelle, sondern ein in sich geschlossenes Werk mit einer klaren Vision. So fehlen nicht nur einige späte Singles aus 2023, sondern auch sein bislang größter Hit „Stuck“ – eine mutige Entscheidung, die zeigt, dass SWEED sein Debüt nicht als Rückschau, sondern als eigenständiges Statement versteht. Wer zudem nach dem ersten deutschsprachigen Song „Eklig hohe Mieten“ sucht, den SWEED 2023 live spielte, wird hier nicht fündig. Auf „Bittersweed“ bleibt es konsequent englisch.
Dass SWEED ein Händchen für Hooklines hat, konnte man schon auf früheren Singles hören. Auch auf diesem Album sind die Melodien stark, die Produktionen bis ins Detail durchdacht. Thematisch geht es dabei um innere Kämpfe, Selbstzweifel und Selbstakzeptanz – und trotz dieser eher dunklen Themen klingt das ganze verdammt leichtfüßig. Bestes Beispiel hierfür die Leadsingle „Better“, welche wie Frühling in Songform klingt: Warm, lebendig, voller Energie. Ironischerweise geht es um das Ende einer Beziehung, aber SWEEDschafft es, auch aus Herzschmerz noch etwas Aufbruchsstimmung zu ziehen. Ähnlich verhält es sich mit„Crushing“, das am Valentinstag erschien und sich weniger um romantische Liebe als um Selbstakzeptanz dreht. Auf jeden Fall ein Fixpunkt des Albums, welches nicht mit eingängigen Momenten geizt. Da wäre z.B. „Someday“, das mit seinem sanft treibenden Beat sofort hängen bleibt. Und auch „Keep On Falling“ dürfte das Potenzial haben, sich zum Hit zu entwickeln.
Neben zwischenmenschlichen Themen widmet sich SWEED auch einem Aspekt, der ihn seit seiner Kindheit begleitet: ADHS. In Songs wie „Can I Just Be“ und „Someday“ verarbeitet er seine Erfahrungen mit der Diagnose und den jahrelangen Versuchen, sich irgendwie in ein Raster einzufügen. Ein Keytrack in diesem Themenbereich dürfte zudem „Can I Just Be“ sein. Der Song besticht dabei durch eine rohe Ehrlichkeit – geschrieben nach einer der ersten Therapiesitzungen, spürt man in jeder Zeile den Wunsch nach Ruhe im Kopf, nach einem Moment der Klarheit inmitten des ständigen Gedankenchaos.
Wie bereits erwähnt ist das Klangbild der Songs sehr positiv und ruft in einem reflexartig das Fazit “Frühlingsplatte” hervor. Und so spendiert SWEED einigen Tracks auch noch eine extra Runde, indem er manche Songs in so etwas wie “Speed-Versions” ausfaden lässt. Wie die Übergänge live klingen werden, kann man beim Release-Konzert am 20. März im Berliner Badehaus überprüfen, bevor es im Herbst auf eigene Headline-Tour geht.
SWEED–BittersweedTour 2025
- 20.03.Berlin, Badehaus
- 14.10.Mainz, Schon Schön
- 15.10. Köln, Die Wohngemeinschaft
- 16.10. Hamburg, Hebebühne
- 17.10. Leipzig, Moritzbastei
- 19.10. AT–Wien,Club Transponder
- 23.10. Stuttgart, Merlin
- 25.10. Nürnberg,ClubStereo
- 11.12. München, Ampere
Review: Marc Erdbrügger
Fotocredit: Stefan Kraupner