Der Name Still Talk stammt aus einem Jimmy-Eat-World-Song – und auf ihrem zweiten Album Year Of The Cat kommt die Kölner Band ihrem großen Emo-Vorbild so nah wie nie zuvor. Nicht als Kopie, sondern als selbstbewusste Weiterentwicklung. Mit einer Hitdichte, die viele aktuelle JEW-Releases fast lässig in den Schatten stellt.
Schon „Ghost“, der eröffnende Schlag in die Magengrube, zeigt, worum es Still Talk 2025 geht: mentale Brüche, hormonelle Umwälzungen, Identitätsfragen – verpackt in Zeilen wie „now it feels like I’m a ghost“ oder „do I make you feel uncomfortable?“. Tanja Kührer schreibt über den Kontrollverlust, über ein Körpergefühl, das plötzlich nicht mehr mitmacht. Statt Betroffenheitsballade aber wird daraus ein Song, der wütend und melodisch zugleich klingt. Keytrack!
„When We Were Young“ arbeitet die frühen Jahre als „girlfriend im Bandumfeld“ auf und seziert Sexismus in der Szene mit trauriger Präzision: „boys in bands, don’t feel sorry at all.“ Es folgt „Blacking Out In TKMaxx“ welcher Panikattacken thematisiert und diese in einen catchy Popsong überträgt. Die Zeilen „words are like a razor in my throat“ oder „i doubt my legs can carry me“ geben einen ehrlichen Einblick in das Innenleben von Betroffenen. Und genau da findet sich dann scheinbar auch der rote Faden von „Year Of The Cat“.
Denn auch „Don’t Make Me Feel Like A Lobster“, beschäftigt sich mit einem tiefsitzenden Gefühl. Ein Song über Wut und Überforderung, zwischen Indie-Rock und Folk-Schattierungen ertönt hier eine der rohesten Vocal-Performances der Platte. Ein Zeugnis der unglaublichen Vielfalt die Still Talk 2026 auszeichnet. Wer einen weiteren Beleg dafür benötigt, sollte einfach mal zu „Not Like That“ skippen, dem wohl größten Popmoment des Albums, welcher auch glatt aus der Feder einer Avril Lavigne stammen könnte. Geniale Nummer!
Und wer sich mit den Lyrics auseinandersetzt, der könnte zur Halbzeit denken, persönlicher kann es eigentlich nicht werden. Doch Songs wie „All About me“ oder „I Speak Your Language“ wirken wie direkte Einblicke ins Tagebuch der Sängerin. Und „Little Lungs“ erzählt die Geschichte von Tanjas Großmutter, der Verlust eines Vaters im Krieg – ein Song, der in Zeilen wie „when my brain ceases to hold new thoughts, i’ll still hold on to these undying words“ emotional nachhallt.
Zum Ende lohnt sich noch ein Blick auf den Titeltrack „Year Of The Cat“, in welchem die Band Unterstützung von Brond, Sängerin der kalifornischen Band Just Friends, erhält. Auch diese Nummer begeistert und lässt Still Talk aus der Masse an Indie und Alternativebands hierzulande herausstechen.
Mit „Year Of The Cat“ veröffentlichen Still Talk eine perfekte Mischung aus Emo-Pop, Alternative-Rock und Indie-Sensibilität – getragen von Texten, die nahbarer nicht sein könnten. Man darf gespannt sein, wie die Band diese Songs zu Beginn des kommenden Jahres auf die Bühnen bringt. Mit solch einem Album im Gepäck dürfte es zudem höchstwahrscheinlich eine der letzten Runden durch solch intime Locations werden. Also zögert nicht mit dem Ticketkauf, falls ihr am überlegen seid. Die Empfehlung vom Frontstage Magazine steht außer Frage.
“Year of the Cat“ Tour 2026
- 23.01. Münster, Gleis 22
- 24.01. Köln, Helios 37
- 25.01. Wiesbaden, Schlachthof
- 26.01. Karlsruhe, Stadtmitte
- 27.01. München, Kranhalle
- 29.01. Leipzig, Naumanns
- 30.01. Berlin, Cassiopeia
- 31.01. Hamburg, Molotow
- 01.02. Osnabrück, Westwerk
- 02.02. Hannover, Lux
Tickets für alle Termine bekommt ihr hier.
Fotocredit: Gideon Rothmann