Mit ihrer neuen EP „Framing Reality“ zeigen The Livelines, dass sie endgültig der Kategorie „Newcomer*innen“ entwachsen sind. Was einst nach jugendlichem Aufbruch klang, hat sich zu einem selbstbewussten, facettenreichen Sound entwickelt, der gleichermaßen emotional wie reflektiert wirkt. Die Band aus Osnabrück beweist, dass sie nicht nur Bühnen-, sondern auch Entwicklungserfahrung gesammelt hat – und diese nun musikalisch kanalisiert.
Klanglich bewegt sich die EP irgendwo zwischen Alternative-Pop und modernem Indie-Rock, bleibt dabei aber unverkennbar The Livelines. Wo frühere Releases noch etwas ungestümer und roh wirkten, findet die Band hier eine neue Balance zwischen Energie und Struktur. Die Produktion ist klarer, das Songwriting fokussierter, ohne die Spontaneität zu verlieren, die ihren Reiz seit jeher ausmacht. Man spürt, dass sie gelernt haben, wann man aufdrehen muss – und wann Zurückhaltung lauter wirkt als jeder Gitarrenakkord.
Thematisch wirkt die EP wie ein ehrliches Protokoll des Erwachsenwerdens: Zweifel, Selbstbehauptung und die Suche nach Stabilität in einer Welt, die sich ständig wandelt. Doch anstatt in Melancholie zu versinken, verwandeln The Livelines diese Themen in Antrieb – ein Zeichen von Reife, das sie deutlich von früheren Veröffentlichungen abhebt. Während ältere Songs noch oft nach der richtigen Stimme suchten, klingt „Framing Reality“ nun nach einer Band, die genau weiß, wer sie ist – und was sie sagen will.
Besonders bemerkenswert ist, wie nahbar und authentisch der Sound bleibt. The Livelines präsentieren sich unperfekt, aber echt – ein Gegenentwurf zu glattpoliertem Pop, der lieber Emotionen als Effizienz liefert. Ihre Mischung aus Pop-Melancholie und tanzbarer Rock-Energie erinnert an Paramore, The Beaches oder Olivia Rodrigo, hat aber längst eine eigene Handschrift.
Fazit:
Mit „Framing Reality“ gelingt The Livelines ein kraftvolles Statement: emotional reif, musikalisch gewachsen und doch frei von Arroganz. Eine EP, die nicht laut werden muss, um gehört zu werden – und die zeigt, dass Erwachsenwerden in der Musik genauso spannend sein kann wie im Leben selbst.
Fotocredit: Lion Schlenter