Nach dem ersten Hördurchlauf von Ready To Go Anywhere kam mir direkt folgendes (leicht) abgewandeltes Kraftklub-Zitat in den Sinn: „Die Platte ist nicht vintage – verdammt, die ist retro.“ Denn was Grateful Cat hier machen, ist kein Rücksturz in die Vergangenheit, sondern ein arrangiertes Spiel mit der Zeit. Gwendolin Tägert und Franky Fuzz bauen aus Versatzstücken der Popgeschichte ein neues, funkelndes Jetzt – und stellen dabei eine ganz einfache, aber schwer zu beantwortende Frage: Wohin gehen wir, wenn unsere Welt verschwindet?
Das Berliner Duo liefert darauf keine fertige Antwort, aber zwölf Indie-Folk-Pop-Songs, die Spaß an Zitaten der Rock- und Roll- und Popgeschichte haben. Die Songs atmen den Folk der 60er, den Powerpop der 90er, ein bisschen Bossa Nova, ein bisschen Country, und jede Menge Kreuzberger Gelassenheit. Wie schon beim Vorgänger „Stray With Me“ (2023) entstand das Album komplett DIY – aufgenommen in einer Altbauküche.
Das Album besticht mit seiner unüberhörbaren Leichtigkeit. Dazu eine gute Portion Humor („Bartender at a Comedy Club“, „Columbo“) und eine leicht eingeschwungene Melancholie („Summer’s gone, it’s over“, „Don’t spread the hate“). Ohnehin könnte „Don’t spread the hate“ als das Mantra gelten, welches dieses Album zusammenhält. Denn hinter jeder ironischen Beobachtung steckt bei Grateful Cat der Glaube daran, dass Wärme noch eine Option ist.
Die helle Stimme von Gwendolin Tägert und die warmen Harmonien von Franky Fuzz fließen über die gesamte Albumlänge so wunderbar ineinander, dass sich daraus ein waschechter Grateful Cat Trademark Sound entwickelt. Oder, wie Bernadette La Hengst es treffend formuliert hat: „Grateful Cat verwandeln relevante Themen der Zeit leichtfüßig in elegante, melancholische Wunderharmonien, die wir sofort mitsingen können.“ Auf der anderen Seite stehen Lyrics die zwar durch ihre Einfachheit bestechen, jedoch auch immer ein bisschen German-School-English-Vibes in sich tragen.
Am Ende bleibt ein end-of-summer-Album, das man schwer greifen, aber leicht lieben kann. Eines, das die großen Fragen der Gegenwart in kleine, singbare Wahrheiten verwandelt.
Fotocredit: Endai Hudl