Ein einfühlsames Bekenntnis über das Ringen mit dem eigenen Körperbild. Der von Drum’n’Bass beeinflusste Pop-Track ist der Opener der ersten deutschsprachigen EP des queeren Wahlberliners mit russisch-ukrainischen Wurzeln.
„ALLE SAGEN LIEB DICH SELBST“ ist eine vorsichtige Annäherung an ein zerbrechliches Ich – ein Versuch, innerer Unsicherheit und Selbstzweifeln Raum zu geben, ohne sich von ihnen bestimmen zu lassen.
MKSM rekapituliert in dem Song die Höhen und Tiefen auf seinem Weg mit einer Essstörung – einem Thema, das im Pop kaum hörbar wird. Gerade männlich gelesenen Personen fehlen da oft die Worte. „Zeigt mein Hemd zu viel? Sieht man zu viel von meinem Körper? Habe ich es verdient, dass die eine Person neben mir liegt? Kann ich meinem Spiegelbild glauben? Kann ich ein Kompliment ernst nehmen?“ – zermürbende Fragen als ständige Begleiter.
Als queerer Künstler war es MKSM bereits auf seinen zwei englischsprachigen EPs wichtig, die Themen Selbstakzeptanz und Selbstliebe anzusprechen – besonders in seiner Pride-Hymne „Loving Myself“, die ihn zum meistgebuchten CSD-Act Deutschlands machte.
Mit dem Switch zur deutschen Sprache wagt der Songwriter nun den reflektierten Blick in die dunklen Ecken: problematisches Körperbild, Selbstablehnung und das ständige Zweifeln am eigenen Wert. Der Sänger zeichnet mit soften, erzählerischen, fast umarmenden Vocals aber auch eine andere Perspektive: „Glaub mir, ich lieb dich selbst, wenn du da noch nicht bist.“ Auch darum geht es: um diese eine Person, die einen auffangen kann – jemand, der dich erstmal stellvertretend mit-liebt. Die Zeile ist zweideutig – Hinwendung zum Gegenüber und innerer Monolog. Das Ich, das noch mitten in der Krankheit steckt, trifft auf das Ich, das sich bereits ein Stück befreien konnte – und sich selbst von außen Trost zuspricht.
Es ist MKSMs erster deutschsprachiger Release und damit auch das Wagnis, aus der ästhetisierten, englischsprachigen Pop-Identität auszubrechen. Direkter zu werden. Unmissverständlich.
„ALLE SAGEN LIEB DICH SELBST“ greift den gesellschaftlichen Imperativ zur Selbstliebe auf – und gibt zu, wie schwer es ist, diese Liebe zu finden. Vielleicht kann man seine Dämonen nicht besiegen. Aber man kann lernen, mit ihnen zu sprechen.
Fotocredit: Tobias Paul!