Mit ihrer Mischung aus tiefgehenden Emotionen, ehrlicher Verletzlichkeit und energiegeladenem Livesound haben sich LONELY SPRING zu einem der spannendsten Acts der deutschen Emo-Rock-Szene entwickelt. Kurz vor der kommenden „IT STILL IS WHAT IT IS …“-Tour haben wir mit Simon, Sänger und Gitarrist der Band, über 15 Jahre Bandgeschichte, persönliche Weiterentwicklung und die Bedeutung von Gemeinschaft unterhalten. Im Gespräch zeigt sich: LONELY SPRING ist weit mehr als nur Musik – es ist ein Gefühl, ein sicherer Ort für alle, die sich zwischen Melancholie, Aufbruch und Zusammenhalt wiederfinden. Simon spricht offen über die Höhen und Tiefen ihrer Karriere, die enge Bindung zu ihren Fans und den unerschütterlichen Glauben daran, dass Musik Menschen verbinden und heilen kann.
Frontstage Magazine: Eure „IT STILL IS WHAT IT IS …“-Tour führt euch quer durch Deutschland und Österreich – was dürfen Fans von dieser Tour erwarten, das sie so besonders macht?
Simon : Das Verrückte ist, wir drei sind nun doch schon seit 15 Jahren miteinander in dieser Band, machen Musik, Schabernack und bereisen Orte, an denen Leute uns hoffentlich zuhören, wenn wir uns auf kleine, große oder auch mal gar keine Bühnen stellen. Durch die Teenage-Jahre, über das aufregende, bittersüße und leider auch schmerzhafte Erwachsenwerden, haben wir uns immerzu unseren Weg auf Biegen und Brechen irgendwie durchgeboxt, während wir uns einer Sache stetig sicher waren: Wir sind eine Live-Band. Wir lieben es, im Studio zu sein und jedem wilden Einfall eine Chance zu geben, der uns vielleicht auf eine spannende Reise bringt. Genauso biedern wir uns nicht an, indem wir sagen, wir seien eine Rockband und deswegen müsse jeder Song immer nach dem klassischen Gitarren-Drums-Bass-Instrumental-Setup aufgebaut sein. Wie gesagt, das ist eher das Gegenteil – wir schauen einfach, was passiert, erstmal außer Acht gelassen, wie das Ganze dann live stattfinden soll. Wenn es aber dann soweit ist, kommt einer unserer essentiellsten Ansprüche an uns selbst: dass wir unsere Songs so live performen, dass sie sich genau dort, auf der Bühne, noch einmal richtig entfalten – im Zusammenspiel mit dem Publikum. So entsteht eine Art Moment, in dem wir für einen kurzen Augenblick miteinander verschmelzen und uns gegenseitig durch das Leben tragen. Ich weiß, das klingt jetzt schon wieder mächtig schnulzig, aber LONELY SPRING ist eine Live-Band – wir machen Musik, um sie live für ein Publikum zu spielen. Das war schon immer so. Und um die Frage entsprechend nochmal deutlicher zu beantworten: Über die Jahre hinweg haben wir uns ein Team aufgebaut, das mit uns auf Tour unterwegs ist, und uns ebenso als Menschen und Band weiterentwickelt, was insgesamt dazu führt, dass wir den tollen Menschen, die uns auf dieser Tour besuchen kommen werden, einen authentischen, ehrlichen Emo-Safe-Space bieten, in dem wir für einen Abend lang zusammen unsere Sorgen miteinander teilen und einfach tanzen dürfen.
Frontstage Magazine: Songs wie „Misfit“ und „I Just Wanna Dance“ sind inzwischen Hymnen einer ganzen Generation. Wie fühlt es sich an, wenn ihr diese Tracks live spielt und die Menge jede Zeile mitsingt?
Simon: That’s crazy. Also so allgemein – egal bei welchem Song das passiert. Mittlerweile kennen viele Leute, die auf unsere Konzerte kommen, viele oder teilweise alle der Lyrics. Was das betrifft, und auch generell, haben wir eine sehr dedicated Fanbase, was wir unfassbar zu schätzen wissen. Denn genau deswegen machen wir das Ganze ja. My Chemical Romance haben mal in einem Interview gesagt: „We’re here to save kids’ lives – this is rock’n’roll exorcism.“ Und das ist genau das, was uns durch unsere Teenage-Jahre geholfen und uns zu dem gemacht hat, was wir jetzt sind. My Chemical Romance ist übrigens unsere Lieblingsband! Daher wollen wir das, was sie und so viele andere Artists uns gegeben haben, zurückgeben und hoffen, dass wir durch die Geschichten, die wir erzählen, andere ebenfalls durch schwere Zeiten, aber auch den Alltag stützen können. Wenn dann also die Konzertbesucher*innen vor einem stehen und du siehst und hörst, wie sie mit dir diese Geschichten fühlen – und das immer wieder – weiß man irgendwie, man hat was richtig gemacht und einen Unterschied bewirkt. Und das ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Zum Beispiel gibt es da einen Song namens „December“. In einer wirklich schmerzverzerrten Zeit in meinem Leben – einige Jahre ist das nun schon her – hatte mir mein damaliger Therapeut empfohlen, einer Person, mit der ich abschließen musste, einen Brief zu schreiben, ohne dass ich ihn jemals abschicken muss. Einfach, um für mich einen Abschluss zu finden. Irgendwie konnte ich das aber nicht, weil es mir schwerfiel, all das zu sagen, was ich sagen wollte. Also hatte ich eines Tages die Idee, einen letzten Song über genau diese Person zu schreiben – sozusagen als Abschlussbrief. Und das war eben „December“. Einige Zeit später, auf Tour – ich glaube, es war in Köln im Club Tsunami – stand eine Person vor mir und sang während des Songs jedes Wort so, als würde sie gerade ihre eigene Geschichte erzählen, während Tränen über ihr Gesicht liefen. In diesem Moment erkannte ich, dass es in diesem Song nicht nur um mich geht, sondern um jede Person, die sich in der Geschichte, die das Lied erzählt, wiederfindet. Und plötzlich fühlte sich mein Schmerz von damals nicht mehr sinnlos an. Weil ich fühlte, was mir passierte, konnte ich darüber erzählen – wodurch andere sich aufgefangen fühlten, in dem Wissen, man ist nie allein mit dem, was man fühlt. Also ja, unterm Strich, ist das alles in allem ziemlich abgefahren.
Frontstage Magazine: Ihr seid bekannt dafür, intensive Emotionen mit viel Energie auf der Bühne zu vereinen. Wie schafft ihr es, diese Balance zwischen nachdenklichen Texten und euphorischer Stimmung im Live-Set zu halten?
Simon: Das ist eine interessante Frage, die wir uns tatsächlich selbst öfter stellen. Denn wir wollen die Zuhörer*innen sowohl in ihrer Gefühlswelt als auch auf dem Dancefloor abholen. Ich denke, am Ende kommt es auf Authentizität an. Wenn du das fühlst, was du tust, dann entsteht diese Energie ganz von allein, wenn man sich traut, sich entsprechend zu öffnen. Denn plötzlich steht man dort auf der Bühne, wo man hingehört, und die Menschen vor einem hören wirklich zu. In Musik verpackt schafft man es endlich, all das zu sagen, was in einem brennt. Das Publikum spürt diese Ehrlichkeit und Offenheit – und so wissen sie: Sie dürfen das auch. Was dann folgt, ist, dass die entfachte Energie im Raum zwischen der Crowd und uns hin und her fließt. So vereinen wir uns in Ekstase und geteilter Traurigkeit, um uns gegenseitig durch die Nacht zu tragen.
Frontstage Magazine: Viele eurer Fans beschreiben eure Shows als einen Ort, an dem man einfach loslassen und man selbst sein kann. Was bedeutet euch dieser Community-Gedanke und wie nehmt ihr ihn unterwegs wahr?
Simon: Die Umsetzung dieses Gedankens ist nicht nur die absolute Hauptpriorität bei unseren Konzerten, sondern auch der essenzielle Grund, wieso wir sie spielen. Ich habe ja vorher bereits auf das MCR-Zitat verwiesen und möchte das gerne nochmal aufgreifen: Einen Ort zu schaffen, an dem sich alle Misfits da draußen für einen Moment gesehen und verstanden fühlen dürfen, ist unsere große Emo-Rock-Mission – eine, die wir von unseren Idolen quasi geerbt haben. Sich das vorzunehmen, ist nobel, aber die Frage bleibt, ob diese Ambitionen auch fruchten. Was das betrifft, darf ich glücklicherweise behaupten, dass wir genau diesen Zusammenhalt und offenen Safe Space auch auf Tour in unserer Community beobachten dürfen. Wir sind immer sehr hellhörig, was unsere Fans angeht, und versuchen so gut es geht, vor Ort darauf zu achten, dass sich alle wohlfühlen – denn alle Anwesenden sollen unsere Shows gleichermaßen genießen dürfen. Diesbezüglich sind wir sehr stolz auf unsere Community, denn der Großteil von ihnen sind liebevolle, offene Menschen, die aufeinander aufpassen. Wie bei der vorigen Antwort erwähnt, zeigen wir uns selbst während der Show sehr verletzlich und bieten dem Publikum dadurch an, es uns gleichzutun und auch die negativen Gefühle kurz offen zuzulassen. Dieses gemeinsame, musikalische Aufarbeiten des individuellen Schmerzes soll für uns alle im besten Fall irgendwie therapeutisch wirken. Dazu braucht es einen Zustand gegenseitiger Ehrlichkeit, der fragil ist, wenn unangebrachtes Verhalten dazwischenkommt. Wir haben jedoch das Gefühl, es sind nicht nur wir und unser Team, die während der Auftritte darauf achten, dass sich alle aufgefangen fühlen, sondern auch unsere Fanbase selbst untereinander – und das macht uns überaus glücklich.
Frontstage Magazine: Ihr habt seit euren Anfängen eine beachtliche Entwicklung hingelegt – wie blickt ihr selbst auf eure Reise zurück, und was wollt ihr mit der kommenden Tour für ein neues Kapitel aufschlagen?
Simon: Ich glaube, das versuchen wir tatsächlich selbst noch herauszufinden, was diese Reise alles mit uns gemacht hat. Wir haben früh gestartet – mit neun Jahren angefangen, Musikinstrumente zu lernen, und mit elf die ersten eigenen Songs geschrieben. Als wir 13 waren, haben wir LONELY SPRING 2010 als Schülerband gegründet, anschließend unerschütterlich an Dutzenden Contests teilgenommen, von denen wir nie einen gewonnen haben – bis heute. Vielleicht gewinnen wir ja irgendwann mal noch irgendetwas, das wäre auf jeden Fall eine schöne Genugtuung nach all den Jahren. Als wir dann endlich volljährig und bereit waren, die Welt zu erobern, wollte uns niemand, und die Contests gingen weiter – bis wir schließlich zum ersten Mal gesehen wurden. So folgte die erste große Deutschlandtour als Support-Band, wo wir sogar im Nightliner mitfahren durften. Das war übrigens das erste und einzige Mal bis heute, dass wir die Chance hatten, mit einem Nightliner zu fahren. Vielleicht irgendwann nochmal. Kurz darauf veröffentlichten wir unsere Debütsingle „Underwater“ und wurden anschließend von Sony Music unter Vertrag genommen, wo wir dann eine EP und eine Akustikplatte veröffentlicht haben. Danach wurden wir independent – und sind es bis heute. Ohne genauer darauf einzugehen, denn wir haben diese Zeit hinter uns gelassen, lief damals vieles nicht so, wie unsere naiven, noch kaum erwachsenen Ichs sich das vorgestellt hatten. Man wird als kleine Band vom Land in Niederbayern mit englischer Rockmusik bei einem Major-Label gesigned – das klang erstmal wie ein Traum aus einem Hollywood-Film. Leider ist die Realität oft anders, und viele Gerüchte, Klischees und Mythen, die man über große Plattenfirmen hört, sind traurigerweise wahr. Diese Offenbarung hat uns jungen Emo-Anwärtern zunächst ziemlich zu schaffen gemacht. Was dann folgte, war ein langer und ausdauernder Kampf darum, uns ein eigenes Team aufzubauen, mit dem wir das werden können, was wir in uns sehen. Ich sage nicht, dass es uninteressant war, einen Einblick in den Glitzer und Glamour der Musikindustrie zu bekommen, aber am Ende war es mehr Schein als Sein – und nichts als Schall und Rauch, an den sich niemand erinnern wird, der niemanden emotional bewegt. Und das wollten wir ja immer: die Herzen der Menschen ansprechen und Hoffnung schenken. Damit hatte dieser Teil der Industrie wenig zu tun. Letztlich haben wir es über die Jahre geschafft, uns zu der Version von uns zu entwickeln, die wir in unseren Köpfen gezeichnet hatten, bevor wir uns überhaupt auf diese Reise begeben haben. Inzwischen sind wir außerdem von einem Team umgeben, das nicht nur diese Vision mit uns teilt, sondern das wir sogar gute und wahre Freunde nennen dürfen – wofür wir nach allem, was wir erlebt haben, unfassbar dankbar sind. Um auf den Ursprung der Frage zurückzukommen: Auch wenn ich mich glücklich schätze, dass wir mittlerweile von so liebevollen Menschen umgeben sind und unser Innerstes trotz aller Zweifel nie verloren haben, habe ich keine endgültige Antwort. Wir versuchen nach wie vor, die Reise, die wir bereits gegangen sind, und alles, was wir dabei zurücklassen mussten, zu verstehen und zu verarbeiten. Es gab viele Pfade, die wir hätten gehen können, viele Versionen der Gegenwart und Zukunft, in der wir uns hätten befinden können. Dennoch gab es für uns immer nur diese eine Route – und wir haben nie gezögert, sie zu gehen. Etwas Unermüdliches in unseren müden Herzen treibt uns an, und genau darum geht es bei dieser Tour: weitermachen, weiterkämpfen. Gerade jetzt, wo die finanzielle Lage kleinerer Artists im Live-Geschäft immer schwieriger wird, mussten wir die Tour umplanen, um sie überhaupt spielbar zu machen – vernünftig, ohne Fans zu enttäuschen und ohne uns zu ruinieren. Dank unserer großartigen Crew haben wir das geschafft, und nun kann die Tour – wenn auch anders als geplant – trotzdem stattfinden. Das ist unser Spirit: weitermachen, weiterkämpfen!
Lonely Spirng Live 2025/2026
08.10.2025 -> 15.04.2026 Würzburg, Keller Z87
09.10.2025 -> 16.04.2026 Stuttgart, Goldmarks
05.10.2025 -> 19.04.2026 Regensburg, Alte Mälzerei
30.10.2025 -> 23.04.2026 Dresden, Blauer Salon
31.10.2025 -> 24.04.2026 Berlin, Badehaus
02.10.2025 -> 28.04.2026 Hannover, LUX
01.10.2025 -> 29.04.2026 Hamburg, Nochtspeicher
Folgende Termine finden wie geplant statt:
15.10.2025 Nürnberg, Club Stereo
16.10.2025 Frankfurt, Nachtleben
17.10.2025 Köln, Artheater
18.10.2025 Osnabrück, Westwerk
23.10.2025 Wien, Chelsea (AT)
24.10.2025 München, Strom
25.10.2025 Passau, Zeughaus
Fotocredit: Katharina Aigner