Am 11. Oktober 2025 fand in der Turbinenhalle Oberhausen das diesjährige Blacklist Festival statt – und das gleich mit einem besonderen Anlass: Zehn Jahre Blacklist, zehn Jahre Bassmusik der Extraklasse. Auf insgesamt vier Floors zeigten die Veranstalter erneut, warum dieses Event längst zu den wichtigsten Terminen für Fans harter elektronischer Klänge in Deutschland gehört. Das Festival brachte einmal mehr Acts aus Dubstep, Drum’n’Bass, Tearout und Hybrid-Metal zusammen und bewies, dass elektronische Musik und Metalcore nicht gegeneinander, sondern miteinander funktionieren.
Schon beim Betreten der Halle war klar, dass hier kein gewöhnlicher Clubabend bevorstand. Die The Ark Stage, die Hauptbühne des Festivals, bot an diesem Abend ein Line-up, das es in sich hatte: Modestep, Hedex B2B Bou, Black Tiger Sex Machine, The Outlaw (aka DJ Snake) und Sullivan King und weitere sorgten für ein Programm, das von Anfang bis Ende durch pure Energie geprägt war. Daneben lockten auch die Nebenbühnen – die The Warp Room Stage und das The Black Hole – mit Namen wie Koven oder Reaper und boten Raum für noch mehr Bass, Variation und Härte.
Der Startschuss fiel für uns um 22 Uhr mit Modestep, der erst vor Kurzem sein neues Album „Give Up The Ghost“ veröffentlicht hatte und ein sogenanntes Classic-Set spielte. Anstatt sich auf die neuen Stücke zu konzentrieren, tauchte er tief in die Drum’n’Bass-Welt der 2010er Jahre ein und lieferte eine nostalgische, aber zugleich enorm mitreißende Show. Besonders spannend: Im November geht Modestep erstmals seit über zehn Jahren wieder mit kompletter Band auf Tour – und der Abend in Oberhausen machte Lust auf mehr.
Im Anschluss zog es uns zur The Warlock Stage, wo Nimda seine ganz eigene Definition von Bassmusik präsentierte. Hinter dem Projekt steckt der britische Musiker Barney Warner, der ursprünglich aus Hardcore-Bands kommt und diesen Einfluss in seine Musik einfließen lässt. „What started in breakdowns and blastbeats now lives through walls of distortion“ – so beschreibt er selbst seinen Sound. Und genau das war auch live zu spüren: ein brachiales Gemisch aus Tearout, Dubstep und metallischer Aggression, das die Luft zum Flirren brachte. Gleichzeitig wurde bei seinem Set ein Thema deutlich, das auf Festivals immer wieder für Diskussionen sorgt – Männer, die im Moshpit oben ohne tanzen. Für manche Ausdruck purer Freiheit, für andere ein unangenehmes Erlebnis. Es geht nicht darum, jemandem etwas zu verbieten, sondern darum, Respekt zu zeigen – Feiern, Ausrasten und Schwitzen, ja, aber mit Rücksicht auf alle um einen herum.
Gegen Mitternacht legte das Festival eine kurze Pause ein, bevor das Blacklist-Team zur traditionellen Introshow ansetzte. Zehn Jahre Blacklist – und das wurde standesgemäß gefeiert. Licht, Visuals und Sound verschmolzen zu einem Gänsehautmoment, der das Publikum in kollektive Ekstase versetzte. Direkt danach übernahmen Black Tiger Sex Machine, deren Set sich über mehr als eine Stunde erstreckte und alles bot, was man von ihnen erwartet: kompromisslosen Bass, cineastische Inszenierung und eine futuristische Liveperformance zwischen Cyberpunk und Club-Exzess.
Doch das eigentliche Ausrufezeichen des Abends setzte The Outlaw, das Nebenprojekt des weltbekannten Superstars DJ Snake. Vielen war bis zu diesem Moment gar nicht bewusst, dass sich hinter dem Pseudonym der französische DJ verbirgt. Mit The Outlaw zeigt DJ Snake seine experimentelle, düstere Seite – fernab des Mainstreams, roh, kompromisslos und basslastig. Das Set war ein wuchtiger Beweis dafür, dass Bassmusik mehr als nur Tanzmusik ist – sie kann Kunst sein, kann Grenzen sprengen und Körper und Geist gleichermaßen in Schwingung versetzen.
Als die Uhr schließlich drei schlug, stand für uns das persönliche Highlight des Abends an: Sullivan King. Der US-Amerikaner, der in der Szene längst als Bindeglied zwischen Metal und elektronischer Musik gilt, verwandelte die Turbinenhalle in ein einziges Inferno aus Gitarrenriffs, Screams und brachialen Drops. Sein einstündiges Set war eine wahre Explosion aus Emotion, Energie und musikalischer Präzision. King, der bereits mit Größen wie Of Mice & Men, Papa Roach oder Bad Omens zusammengearbeitet hat, zeigte, wie perfekt Metal und elektronische Musik miteinander harmonieren können. Er sang, schrie, spielte Gitarre und riss die Menge mit – eine Show, die kaum noch zu übertreffen war.
Obwohl die Nacht offiziell erst um sechs Uhr endete, war für uns gegen vier Uhr Schluss – völlig erschöpft, aber glücklich. Das Blacklist Festival 2025 hat eindrucksvoll bewiesen, dass es in Sachen Bassmusik und Hybrid-Events in Deutschland derzeit kaum Konkurrenz gibt. Sound, Licht, Organisation und Atmosphäre waren auf höchstem Niveau, das Publikum feierte ausgelassen und friedlich – mit wenigen Ausnahmen.
Ein kleiner Kritikpunkt bleibt dennoch: die bereits erwähnte „Oben-ohne“-Problematik im Moshpit. Nicht, weil sie das Festival an sich trüben würde, sondern weil sie daran erinnert, dass selbst in der ekstatischsten Feierkultur Achtsamkeit und Respekt dazugehören. Musik sollte immer ein Safe Space für alle sein – unabhängig von Geschlecht, Aussehen oder Auftreten.
Trotzdem überwiegt das Positive bei Weitem. Das Blacklist Festival 2025 war laut, emotional, mitreißend und einzigartig – ein Erlebnis, das zeigt, dass elektronische Musik und Metal keine Gegensätze, sondern längst Partner auf derselben Frequenz sind.
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