Es gibt Bands, die haben nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, es irgendwem recht zu machen. RAUCHEN aus Hamburg gehören dazu. Seit Jahren schlagen sie ihre Schneisen durch Hardcore, Powerviolence und Post-Punk, immer ruppig, immer kompromisslos. Mit ihrem neuen Album „Fallen und Schweben“ (Zeitstrafe) zeigen sie jetzt, dass Wut nicht leiser werden muss, um tiefer zu gehen.
„Isolation“ eröffnet die Platte mit Wucht, aber auch mit einem unerwarteten Schimmer: klare Melodien drängen sich zwischen die Gitarrenwände ohne die Härte zu verwässern. Spätestens bei „Fesseln“ wird klar, dass RAUCHEN, auf ihrem neuen Longplayer, mehr sind als reine Abrissbirne. Natürlich gibt es immer noch genug Songs, die unter der Zwei-Minuten-Marke die Welt abfackeln. Aber auf „Fallen und Schweben“ geht es nicht mehr nur um Geschwindigkeit. „Es fühlt sich nicht so an“ zitiert fast frech ein Nirvana-Riff und kippt dann in wütendes Selbstgespräch, während „Stachel“ den Druck religiöser Erziehung mit rostigen Gitarrensaiten nachzeichnet. Und dann „Desfred“: Nadine schreit Margaret Atwoods Worte aus The Handmaid’s Tale ins Mikro, so scharf, dass sie auch ohne Kontext nachhallen wie eine Anklage. Vielleicht sollte ich jetzt doch mal diese Serie starten, an die ich mich bis jetzt noch nicht gewagt habe.
Wie es sich für vorbildliche Punks gehört, bewegen sich RAUCHEN mit ihren Songs immer irgendwo im politischen Raum, aber das in keinster Weise platt oder polemisch. RAUCHEN haben ihre Texte nach innen gekehrt – Selbstzweifel, Überforderung, die feinen Risse des Alltags – und machen genau daraus ihr Statement.
Als Fixpunkte der Platte muss man auf jeden Fall noch „Flimmern“ erwähnen, welcher mit knapp 3:30 Min. fast schon zum RAUCHEN Epos taugt. Und auch der der Titeltrack „Fallen und Schweben“ sticht heraus. Melodisch und fast schon verstohlen zum Pop schielend.
RAUCHEN haben ein Album gemacht, das Kanten zeigt, wo andere glätten würden. Nicht ohne Risiko und manche Songs enden so abrupt, dass manche Spannungsbögen nicht mal aufgelöst wirken. Doch das macht die Platte interessant und lässt sie aus dem wöchentlichen Veröffentlichungsreigen herausstechen.
Mit dem brandneuen Album im Gepäck werden RAUCHEN ab Anfang Oktober direkt für einige Konzerte auf Tour gehen:
RAUCHEN – Live Herbst 2025
02.10. Hamburg, Hafenklang
03.10. Leipzig, Conne Island
04.10. Dresden, Hearbreak
30.10. Bochum, Die Trompete
31.10. Darmstadt, Oetinger Villa
01.11. Köln, Castell
Fotocredit: Oyemi Hessou