Hotel Rimini haben sich mit ihrem Debüt „Allein unter Möbeln“ nicht nur einen Ruf als poetische Außenseiter erarbeitet, sondern sich auch mit ihren eigenwilligen, hochgradig atmosphärischen Konzerten in die Herzen gespielt. Nun also Album Nummer zwei: „Gefährdete Arten“ (26.09., Zeitstrafe). Und wie schon beim Vorgänger hält die Band ihre eigene Legendenbildung am Leben – angeblich sei das Album in einer aufgegebenen Raststätte entstanden, zwischen leergepumpten Zapfsäulen, schlechtem Netz und Maisfeldern. Ob das stimmt, ist fast egal – denn das Bild passt perfekt zur Musik.
Was Hotel Rimini für mich von Anfang an spannend machte: Gegründet wurde die Band von Schauspieler Julius Forster und Trümmer-Gitarrist Paul Pötsch. Und da ich Trümmer nach wie vor zu den am meisten unterschätzten Bands dieses Landes zähle, war mein Interesse sofort geweckt. Dass Hotel Rimini außerdem schon die Bühne mit Künstlern wie Tristan Brusch oder Florian Paul und die Kapelle der letzten Hoffnung geteilt haben, ist so etwas wie ein doppeltes Qualitätssiegel – eine Art Adelung, die man sich nicht erschleichen kann, sondern sich verdient.
Aber gehen wir nun in medias res: Klanglich öffnen Hotel Rimini ihr Universum weit über das kammermusikalische Fundament hinaus. Streicher und Klavier stehen zwar nach wie vor im Zentrum, aber drumherum gesellen sich rumpelnde Percussion, psychedelische Gitarrenflächen, jazzige Bläser und sogar eine Flöte, gespielt von Julius Forsters Eltern. Das Ergebnis sind Lieder, die oft wie kleine Moritaten wirken – schräg, manchmal mit einem Hauch Varieté.
In „Silvester“ werden Raketen beschrieben, die vor deutschen Fenstern steigen, während sie anderswo lautlos niedergehen. „Funkloch“ zeichnet poetische Bilder von Unsichtbarkeit und Verschwinden. Und in „Krokodil“ oder „Unterholz d’amour“ schimmert eine schräge Poesie durch, die immer wieder ins Groteske kippt. Dass dazwischen Instrumentalpassagen („Traurige Tropen“ oder „Mimikry“) auftauchen, die eher streng, manchmal fast avantgardistisch wirken, verstärkt nur die morbide, aber faszinierende Grundstimmung.
Es gibt aber durchaus Stücke, die sofort greifen: „Bekannte von früher“ etwa, welches zurückgenommen charmant wirkt. Und ganz ähnlich funktioniert auch „Was sich nicht sagen lässt“. Als Referenzen droppe ich jetzt ganz schnell noch den zu Beginn angesprochenen Tristan Brusch, aber auch ein bisschen Niels Frevert schimmert durch die Songstrukturen.
„Gefährdete Arten“ ist am Ende ein schillerndes, vielschichtiges Album geworden, das zwischen Chanson, Indie-Rock, Kammermusik und Jazz pendelt, ohne sich festlegen zu lassen. Und wer sich die Band in nächster zeit mal gerne live anschauen möchte, der hat dazu mehrfach die Gelegenheit – sei es als Support oder Mainact:
Support für Die Höchste Eisenbahn:
- 02.10. Leipzig – Täubchenthal
- 03.10. Dresden – Tante Ju
Support für Keimzeit:
- 06.12.25 Leipzig – Anker
- 17.12.25 Berlin – Kesselhaus
- 18.12.25 Berlin – Kesselhaus
- 20.12.25 Freiberg – Tivoli
GEFÄHRDETE ARTEN Tour 2025 & 2026:
- 31.10. Berlin – Theater im Delphi
- 01.11. Jena – Trafo
- 02.11. Köln – Gebäude 9
- 03.11. Frankfurt – Brotfabrik
- 05.11. München – Milla
- 06.11. Wien – Reigen Live
- 07.11. Nürnberg – MUZclub
- 08.11. Erfurt – Franz Mehlhose
- 08.01. Heidelberg – Karlstorbahnhof
- 09.01. Freiburg – E-Werk
- 10.01. Stuttgart – Merlin
- 14.01. Dresden – Societaetstheater
- 15.01. Magdeburg – Moritzhof
- 16.01. Hamburg – Knust
- 17.01. Hannover – Pavillon
- 18.01. Leipzig – Schauspielhaus
Fotocredit: Alexander Graeff