Mit „SICK“ präsentieren Indecent Behavior ihr bereits viertes Studioalbum – und zeigen sich darauf kompromissloser, wütender und gleichzeitig reflektierter als jemals zuvor. Die Band, die in den vergangenen Jahren mit energiegeladenen Auftritten bei Rock am Ring, Rock im Park oder als Support von Größen wie Neck Deep, Zebrahead und den Donots Aufmerksamkeit erlangt hat, legt hier ein Werk vor, das inhaltlich wie klanglich weit über simplen Pop-Punk hinausgeht.
Während frühere Veröffentlichungen der Band oft stark von melodischer Leichtigkeit geprägt waren, wirkt „SICK“ deutlich düsterer und ernsthafter. Die Platte kanalisiert eine spürbare Frustration über gesellschaftliche Zustände und persönliche Überforderung in druckvolle Songs, die gleichermaßen kathartisch wie verbindend wirken. Wer die Band bislang vor allem über eingängige Ohrwurm-Momente kannte, wird überrascht sein, wie facettenreich und kraftvoll sie inzwischen klingen.
Im direkten Vergleich zu den vorherigen Alben fällt auf, dass Indecent Behavior hier eine neue Ebene an Reife erreichen. Wo Vorgänger noch stärker auf jugendliche Energie und klassischen Pop-Punk-Optimismus setzten, bietet „SICK“ eine ehrliche Auseinandersetzung mit Ohnmacht, Wut und Resignation – allerdings ohne dabei in pure Verzweiflung abzurutschen. Vielmehr öffnet das Album einen Raum, in dem sich Hörer*innen mit ihren eigenen Gefühlen von Überforderung identifizieren können.
Die Produktion unterstreicht diesen Entwicklungsschritt: Sie ist druckvoller, kantiger und legt mehr Gewicht auf Intensität als auf Glätte. Genau das verleiht dem Album seine Authentizität. Es ist ein Album, das sich nicht anbiedert, sondern den Zustand einer Generation in Musik übersetzt, die zwischen endlosen Informationsfluten, gesellschaftlichem Druck und dem Wunsch nach Menschlichkeit ihren Platz sucht.
Unterm Strich liefert die Platte das bisher konsequenteste Werk der Band. Es ist roh, ehrlich und emotional fordernd – ein Album, das nicht den einfachen Weg geht, sondern mit Nachdruck zeigt, dass Indecent Behavior gewachsen sind. Wer die früheren Platten mochte, wird hier eine neue Tiefe entdecken. Wer die Band bisher nur als Live-Phänomen erlebt hat, findet in „SICK“ den passenden Soundtrack zu einer Welt, die oft zu viel ist – und genau deshalb so dringend eine Stimme wie diese braucht.
Fotocredit: -Backstage Photography