Biffy Clyro haben mit Futique ihr mittlerweile zehntes Studioalbum rausgebracht. Die Platte lässt uns in der Vergangenheit schwelgen und gleichzeitig hört man den Blick in die Zukunft raus. Entstanden ist das Album unter anderem in den Hansa Studios in Berlin: Synthesizer und atmosphärische Sounds ergänzen den altbekannten Wechsel aus ruhigen, emotionalen und den rockigen, lauten Parts, die die Band seit Beginn an prägen. Inhaltlich kreist Sänger Simon Neil stark um Erinnerung, Freundschaft und die Frage, was von all dem bleibt, wenn die Zeit vergeht und sich vielleicht auch Beziehungen zueinander verändern. Damit lässt Futique tief blicken, träumen und nachdenken.
Natürlich finden sich musikalisch vertraute Elemente wie fette Gitarrenbretter, dynamische Spannungsbögen und der schnelle Wechsel von ruhig zu doll wieder. Gleichzeitig schleichen sich neue Elemente und ruhigere Töne ein. Zu hören ist dies zum Beispiel in „True Believer“ – hier gibt es schon fast poppigen Sound mit kleinen Synthieparts. „Hunting Season“, der zweite Titel des Albums, lässt sich als klassischer Rock-Biffy-Song bezeichnen. Bass, Gitarre, Schlagzeug, Gesang etwas kratzig und gleichzeitig ein Refrain zum Mitsingen. Da freut man sich schon auf das nächste Live-Event. Die erste Singleauskopplung „A Little Love“ oder auch das finale „Two People In Love“ setzten stark auf Emotion und Nahbarkeit. Im letzten Song ist ein wunderschönes, kleines Klavierintro zu hören, welches immer mal wieder Platz im Song findet. Die Dramaturgie ist bewusst gewählt: Das Album arbeitet sich von aufgeladenen Momenten hin zu einem ruhigen Ende – eigentlich ein Album mit klassisches Biffy Clyro Parts, dennoch spürt man deutlich, dass die Band Lust hatte neue Elemente auszuprobieren.
Futique wirkt reifer, etwas reflektierter und fast schon gelassen, gerade wenn man sich die anderen Alben noch einmal anhört. Opposites hat einen klaren Konzeptcharakter und A Celebration Of Endings beschäftigt sich eher mit Krise und Bruch. Die rohere Energie der frühen Werke wie Puzzle fehlt zwar, doch das wird ganz einfach durch eine stärkere Ausprägung Richtung Atmosphäre und Persönlichkeit ersetzt.
Es scheint fast so als würden Biffy Clyro mit diesem Album nicht auf der Suche nach Hits sein, sondern einfach ihre eigene Geschichte erzählen, ihre Rolle als Band und die Freundschaft dahinter musikalisch zu erzählen. Denn diese Tiefe spürt man von vorne bis hinten auf Futique. Natürlich haben gerade Songs wie „Friendshipping“ Potential groß zu werden, das soll damit gar nicht gesagt sein, aber das Album wirkt gelassen und ohne Druck geschrieben. Vielleicht holt das neue Album nicht jeden alteingesessenen Biffy Clyro Fan ab, aber es springen durch die anderen Klänge bestimmt neue Leute auf den Zug auf.
Im Gesamteindruck ist Futique ein Album, das Beständigkeit signalisiert und etwas softer ist als die Vorgänger. Mal schauen, welche Songs sich durchsetzen und den Sprung ins Live-Repertoire schaffen (ich setzte persönlich auf „Hunting Season„). Man darf also gespant sein, ob die neuen Titel langfristig dieselbe Live-Kraft entfalten wie frühere Klassiker. Doch selbst wenn das nicht der Fall sein sollte: Futique zeigt Biffy Clyro in einer selbstbewussten, gereiften Form – man kann schon fast sagen Biffy Clyro ist erwachsen geworden.
Fotocredits: Nikolai Schmidt