Dieses Album will sich nicht glätten. Wo andere Popplatten auf Refrains und Harmonie setzen, zieht „Get Yourself Together“ seine Kraft aus Reibung, Brüchen und gezielten Schräglagen. Crow Baby – das Berliner Duo aus Cherilyn MacNeil und Jean-Louise Parker – spielen Art-Pop, der sich immer wieder selbst querstellt: Melodien kippen ins Dissonante, Stimmen verhaken sich gegeneinander, und genau dort entsteht die Energie.
Der Einstieg „All Better“ klingt wie eine ironische Eröffnungszeremonie. Mantraartig wiederholen Crow Baby hier die Worte „get yourself together“ – und machen den Song damit zu einem heimlichen Titeltrack. Aber während die Phrase beschwichtigend daherkommt, brodelt darunter ein ganzer Vulkan. Zarte Gesangslinien reiben sich an verzerrten Drums, Harmonien lösen sich in Unruhe auf. Man hört gleich: Ordnung wird hier höchstens behauptet, nicht gefunden.
Ein besonderer Fixpunkt ist „Run!“. Auf den ersten Blick scheint es der Song zu sein, der mit seiner Melodie am ehesten an gewohnte Hörgewohnheiten andockt. Doch eigentlich stimmt das auch wieder nicht: Denn der Sprechgesang, der plötzlich in den Track hineinbricht, ist herausfordernd, intensiv, ja fast unbequem. Und bevor man sich versieht, bricht das Stück abrupt ab – als hätte es nur ein Schlaglicht werfen wollen, ohne Auflösung. Gerade diese Mischung aus Zugänglichkeit und Verweigerung macht den Song so spannend.
Überhaupt lebt die Platte von solchen Spannungen. „Robot Gunshot“ verwandelt die Fassade des sozialen Funktionierens in eine groteske Karikatur, bei der kindliche „doo doo doo“-Laute über einer Melodie schweben, die absichtlich schief zu rutschen scheint. Selbst in den leiseren Momenten bleibt der Eindruck, dass hier nie alles „sauber“ klingen soll – Dissonanzen sind Teil des Spiels, fast wie die eigentliche Sprache des Albums.
Das Faszinierende an „Get Yourself Together“ ist dabei, dass es trotz aller Brüche nie schwerfällig wirkt. Selbstredend braucht es seine Zeit sich ins Album reinzuhören – sozusagen eines dieser Alben, die man sich “erarbeiten muss”. Aber das sind ja meist die spannendsten und langlebigsten Alben, die dann immer mal wieder den Weg auf den eigenen Plattenteller finden.
Auf der gedanklichen Suche nach Referenzen kommen einem dann Acts wie Deerhoof oder Cate Le Bon in den Sinn, aber Crow Baby finden schnell ihren eigenen Tonfall – verspielt, bissig, verletzlich.
Die Veröffentlichung ihres Debütalbums feiern Crow Baby mit einer Tour durch Europa, bei der sie in Deutschland, Belgien und Österreich unterwegs sind und ihre ausgelassenen Shows auf verschiedenste Bühnen bringen.
CROW BABY – LIVE
12.09. – Dresden (Sound of Bronkow Festival)
13.09. – Hamburg (Off The Radar Fastival)
18.09. – Leipzig (Noch Besser Leben
19.09. – Cottbus (Galerie Fango)
20.09. – Cologne (Wohngemeinschaft)
21.09. – Offenbach (Hafen 2)
22.09. – Brüssel (Le Chaff)
26.09. – Chemnitz (Aaltra)
28.09. – Berlin (LARK)
02-03.10 – Wien (Waves Festival)
Das Album „Get Yourself Together“ erscheint am 29. August 2025 via popup-records.
Fotocredit: Robert Paul Kothe